Kapitel 14 - "Was ist bloß mit ihm geschehen?"

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Immer noch müde, verlasse ich die Dusche und hülle mich in eine weiches Handtuch. Ich trockne mir die Haare ab und werfe mir einen flüchtigen Blick im Spiegel zu. Ich betrachte mich von Haaransatz bis zu meinem unter dem Handtuch verborgenen Bauch.
Ich weiß, dass mein Bauch unter dem Handtuch nicht flach ist und auch meine Oberweite könnte größer sein. Meine braunen Augen sehen langweilig aus, die Wimpern sind viel zu kurz und meine Haare sind alles nur nicht gehorsam.
Meiner Meinung nach hab ich eine pummelige Nase und es sieht ein wenig so aus, als würde ich ein Doppelkinn entwickeln.
Wie soll ich denn mit einem solchen Aussehen jemals einen Typen beeindrucken? Sieht Owen mich eigentlich auch so? Wenn ja, dann sollte ich meine Koffer packen und schnell verschwinden. An mir ist doch eigentlich nichts attraktiv. Das Einzige, was an mir niedlich ist, ist neben meiner Größe, welche eigentlich auch wieder ein Makel ist meine kleinen Sommersprossen, die meine Nase und Bäckchen zieren.

Ein Klopfen an der Tür lässt mich zusammenschrecken und ich sehe die Tür einen Moment an, bevor ich mich aus meiner Starre reiße. Mit einer Hand halte ich das Handtuch fest, während ich mit der anderen den Schlüssel im Schloss umdrehe und die Tür langsam öffne. Owen steht mit einer schläfrigen Miene vor mir und lässt, als er bemerkt das die Tür offen ist die Hand sinken. Offensichtlich ist auch noch nicht so wirklich wach.

"Guten Morgen", murmle ich und beobachte dabei, wie er sich mit einer Hand übers Gesicht fährt.
Als seine Hand sinkt weiten sich meine Augen vor Schreck und ich trete einen Schritt zurück. Eigentlich sollte es mich nicht so überraschen schließlich waren wir schon gemeinsam schwimmen und bei unserer ersten Begegnung stand er auch halbnackt vor mir, aber dennoch erschrickt dieser Anblick mich.
Wieder trägt er lediglich noch eine schwarze Boxershorts, welche seine muskulösen Beine betont. Ich kann meine Augen wieder nicht von seiner breiten, trainierten Brust lösen. Es juckt mir in den Fingern meine Hand zu heben und zu testen, ob seine Brust genauso hart ist wie sie aussieht.  

"Morgen", erwidert er noch mit einer müden Stimme, während er einen Blick an mir vorbei in das Badezimmer wirft. 

"Bist du fertig oder soll ich noch warten?", fragt er mit belegter Stimme und ich muss einmal Schlucken, denn mit dem Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hat, kann ich nicht sprechen.

"Nein. Ich bin fertig." Ich drehe mich um, schnappe mir meine Kleidungsstücke, die auf der Ablage beim Waschbecken liegen. Als ich mich wieder umdrehe, pralle ich mit Owen zusammen, der direkt hinter mir steht. Ich presse meine Kleidung an meine Brust und mir schießt wieder die Röte ins Gesicht, als ich mir meiner Lage bewusst werde. 
Ich bin zwischen Owen und dem Waschbecken gefangen. 
Langsam hebe ich meinen Blick und begegne dem Owen, der mich aus seinen braunen, tiefen Augen mustert. Mein Atem geht schwer und ich beiße mir verlegen auf die Unterlippe. 
Ich setze an ihn zu bitten einen Schritte nach hinten zutreten, damit ich aus meiner misslichen Lage entkommen kann, aber meine Stimme versagt mir den Dienst und so kommt kein Wort über meine Lippen. 
Wie aus dem Nichts ertönt eine ganz andere Stimme und bei deren Klang lasse ich beinahe meine Klamotten fallen.

"Ist bei euch alles ok?" Mein Blick wandert zur Tür und erschrocken entdecke ich Cole, der mit einer kalten Miene mich und Owen beobachtet.
Cole trägt seine Freizeitkleidung bestehend aus einem einfachen T-Shirt und einer schwarzen Jeans. 
Er hat die Arme vor der Brust verschränkt und wirft mir einen Blick zu, als hätte er mich gerade in meinem Zimmer mit einem fremden Kerl erwirscht.
Wenn ich nicht schon rot wie eine Tomate wäre, dann wäre ich es spätestens jetzt. Warum muss ausgerechnet soetwas immer mir passieren? 

"Ich wollte nur duschen und Camy war gerade dabei das Badezimmer zu verlassen", antwortet Owen, nachdem er mir einen raschen Blick zugeworfen hat, der mir zu verstehen gibt, dass ich ruhig sein und ihn das regeln lassen soll.
Schweigend nehme ich zur Kenntnis wie sich Owen wieder von mir entfernt und einen Schritt zurücktritt, bevor er sich meinem Bruder zuwendet. Nachdem zwischen ihm und mir etwas Freiraum entstanden ist, atme ich tief durch und überprüfe ob alles sitzt, bevor ich die beiden Jungs beobachte. 

"Danach sah es aber nicht gerade aus", sagt Cole nicht gerade überzeugt, wobei er mir einen strengen Blick zuwirft. Irgendwie fühle ich mich schuldig, aber ich weiß gar nicht warum schließlich habe ich nichts verbotenes getan. Ich hab hier nicht im Badezimmer gestanden und mit Owen rumgeknutscht. Ich sollte mich nicht so schuldig fühlen.

"Du bist einfach im falschen Moment gekommen", sagt Owen lässig, woraufhin Cole langsam eine Augenbraue in die Höhe zieht. Ist das wirklich noch mein Bruder, der uns vor einigen Jahren verlassen hat? Ist das immer noch der Bruder, der mir bei meinen Matheaufgaben geholfen und mir das Fahrrad fahren mit beigebracht hat? 

"Für mich sah das eher so aus, als wäre das genau der richtige Zeitpunkt gewesen." Cole sieht Owen harsch an und ich kann mich nicht länger aus dieser Unterhaltung raushalten.

"Cole, es ist nichts passiert. Ich bin lediglich mit ihm zusammengestoßen. Können wir das Thema jetzt bitte fallenlassen?", frage ich, wobei ich mich so positioniere, dass ich Owen leicht verdecke. Cole entgeht dies nicht und mustert uns einen Moment kritisch, bevor er nickt und ohne ein weiteres Wort verschwindet. Das ist nicht mehr der Bruder wie ich ihn einst kannte? Dieser Cole ist ein ganz anderer.

"Camy", flüstert Owen hinter mir und ich spüre wie er mir eine Hand auf meine nackte Schulter legt. Traurig streiche ich mir eine Haarsträhne hinter das Ohr und werfe ihm einen Blick zu. "Ich weiß nicht, wieso er so ist, aber das wird wieder. Ich bin mir sicher, dass sich sein Verhalten irgendwann wieder normalisiert."

Ich beginne mit dem Kopf zu nicken und versuche mich derweil von seinen Worten selbst zu überzeugen. Vielleicht hat Owen recht, aber das bezweifle ich. Ich glaube nicht, dass sich das wieder legt. Bin ich es eigentlich die hier Hilfe braucht oder braucht eher Cole meine Hilfe? 

Ohne Owen eines weiteren Blickes zu beachten, verlasse ich das Badezimmer und kehre in mein Zimmer zurück. Ich werfe meine Klamotten auf mein Bett und sehe mich dann einen Moment im Spiegel an. 
Nachdem ich mir einige Minuten mein mattes, unschönes Gesicht angesehen habe, entschließe ich mich dazu mich vollständig zu bekleiden und anschließend auf den Weg in die Küche zu machen, wo wahrscheinlich schon Cole auf mich wartet.

Kurz darauf trage ich eine schwarze Jeans mit einem blauen Sweatshirt und blauen, kuscheligen Socken. Mit meinem Handy in der Hand mache ich mich auf den Weg die Treppe runter. Ich höre noch wie im Badezimmer die Dusche läuft und grüble wie lang Owen wohl duscht. Schließlich hab ich nicht gerade ein paar Minuten fürs Ankleiden gebraucht.

Als ich in der Küche ankomme, sitzt mein Bruder wie erwartet bereits am Frühstückstisch. Cameron hat es sich ebenfalls auf der Eckbank bequem gemacht und zwinkert mir zu, während er sein Brötchen mit beinahe einem Bissen verschluckt.
Leise setze ich mich auf den Stuhl meinem Bruder gegenüber und greife nach einem Brötchen. Irgendeiner von den beiden muss so freundlich gewesen sein den Tisch für alle zu decken, denn ich muss mir kein Besteck und Geschirr aus dem Schrank holen.

"Camy. Ich muss mit dir bezüglich unserer Planung für die nächsten Tage sprechen", verkündet Owen plötzlich und ich sehe ihn verwundert an. Warum ist er überhaupt schon hier und was meint er damit 'Planung für die nächsten Tage'?

"Ich hab vorzeitig ein paar Tage frei bekommen und da dachten die Jungs und uns, dass wir die Zeit nutzen und mal so richtig entspannen. Jedenfalls wollten wir in zwei Stunden losfahren für ein paar Tage Urlaub. Du kommst selbstverständlich mit. Cameron hat für dich ein Zimmer mitgebucht und wir könnte die Zeit dort nutzen, um uns über einige Themen zu unterhalten", erzählt er, wobei er mich keines Blickes würdigt. Ich fühle mich immer noch schuldig und sehe zu Cameron, der Cole einen Moment mustert, bevor er mit den Schultern zuckt und mir einen entschludigenden Blick zuwirft. Offensichtlich weiß nicht einmal Coles bester Freund, was im Moment mit ihm los ist. Das muss einiges bedeuten? Vielleicht sollte ich lieber nachhause fahren und mein Leben fortsetzen wie es war. Ich bezweifle im Moment, dass sich sein Verhalten in den kommenden Tagen ändern wird.
Was ist bloß mit ihm geschehen? Was beschäftigt ihn so sehr, dass er sich so mir gegenüber verhält?


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Oh. Sie werden in den Urlaub fahren, ob das alles harmonisch verläuft? :D
Ich wünsche euch einen schönen Abend :)


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