Kapitel 38 - "Unter Kameraden."

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Das Quietschen eines Sofas riss mich aus dem Schlaf und erschreckte mich derartig, sodass ich mich am Ende in einer sitzenden Position mit weit aufgerissenen Augen im Raum umsah. Das Licht, welches durch die Fenster in das Wohnzimmer schien, erhellte den Raum. Mein Blick blieb schließlich an dem quietschendem Objekt, welches mich aus dem Schlaf gerissen hat, hängen. Owen versuchte ein weiteres Mal aufzustehen, aber stützte nach einem gescheitertem Versuch den Kopf in die Hände und seufzte. Eilig entfernte ich die Decke von mir und stand auf, um kurz darauf vor Owen in die Knie zu gehen.

Ich griff nach seinen Händen und betrachtete mit einem komischen Gefühl im Bauch.

Auf seiner Stirn hat sich ein Schweißfilm gebildet, er ist blass und er hat immer noch Fieber. Es sieht nicht so aus, als würde es ihm bald besser gehen. Was auch immer er sich da gestern zu gezogen hat, ist nichts von einer Nacht gewesen.

"Owen", flüstere ich und er sieht mich aus müden, trüben Augen an. Er gefällt mir wesentlich besser, wenn er lächelt, gute Laune hat und mit mir romantische Ausflüge macht, als in so einem kraftlosen, traurigen Zustand.

Am liebsten würde ich mit ihm tauschen. Ich wäre lieber krank, als mit anzusehen wie es ihm schlecht geht. Dann müsste er diesen Anblick bei mir zwar ertragen, aber .. nun ja. Lieber ich, als andere!

"Kannst du mir ein Bad einlassen. Ich fühle mich ganz schlecht", sagt er mit einer leisen, rauen Stimme. Ich beiße mir auf die Unterlippe, da ich beinahe gesagt hätte, dass er auch ziemlich schlecht aussieht, aber ich denke, dass sich eine solche Aussage negativ auf sein Ego auswirken würde. Männer sind doch immer anders, wenn sie krank sind - total sensibel. Zumindest ist das bei meinem Vater so. Wenn mein Vater krank ist, dann bezeichnet meine Mutter ihn immer als ihr Baby, da er immer den Tränen nah und total unbeholfen ist. Man kann es sich bei einem erwachsenen Menschen gar nicht vorstellen, aber auch in einem noch so hart aussehenden Kerl steckt etwas weiches!

"Ja, warte hier. Ich stell das Wasser schon einmal an und dann hol ich dich. Lehn dich noch einen Moment zurück und ruh dich aus", sage ich und streichle ihm über seine erhitze Wange, bevor ich wieder aufstehe und schnell Richtung Badezimmer eile. Kalte Luft streift meine Beine und als ich an mir hinabsehe, stelle ich fest, dass ich immer noch mein kurzes Kleid vom Vortag trage. Das muss ich gleich dringend ausziehen. Es entspricht nicht nur nicht der Lokation, sondern ist zudem noch recht ungemütlich auf die Dauer.

Im Bad eile ich auf die Badewanne zu, drehe den Hahn für Warmwasser auf und lasse das Wasser einlaufen. Derweil drehe ich mich zu dem großen Spiegel um und beginne damit mich abzuschminken, was ich am Vortag ebenfalls vergessen habe. War ich wirklich so erledigt, dass ich das alles vergessen habe? Hoffentlich hat sich dieser Anblick nicht zu sehr in Owens Bewusstsein geprägt, dann mit der verschmierten Make-Up mache ich eine Zombie Konkurrenz.

Nachdem mein Gesicht wieder sauber ist, verlasse ich das Badezimmer und werfe einen flüchtigen Blick um die Ecke zu Owen. Er hat sich auf dem Sofa zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Sein Brustkorb hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen und auch wenn mir seine Haltung des Nacken nicht wirklich gefiel, war das doch besser als wenn er wach da saß und sich selbst bei den Versuchen aufzustehen quälte.

Auf Zehenspitzen schlich ich Richtung Schlafzimmer, wo Dylan und Cameron drin verbringen. Ich öffne die Tür langsam und sehe in den Raum hinein. Dylan liegt auf dem Bauch in der Mitte des Bettes, hat die Arme zu beiden Seiten ausgebreitet und ist mit dem Gesicht zwischen den Kissen verschwunden. Seine Beine hat er leicht angewinkelt, sodass sein Hintern etwas in die Luft ragt und ich den Kopf bei diesem kuriosen Anblick schief lege. Ignorieren wir einfach die äußerst komische Stellung!

Ich lasse meinen Blick durch den Raum wandern auf der Suche nach Cameron und seufze, als ich diesen schließlich entdecke. Er hat seine Bettdecke auf dem Boden ausgebreitet, den Kopf auf das Kissen gelegt und alle Glieder zur Seite gestreckt. Sein Mund steht offen und er schnarcht recht laut. Gott sei Dank muss ich das nicht ertragen. Bei einem solchen Lärm könnte ich die ganze Nacht nicht schlafen. Wie schafft Dylan das nur? Wahrscheinlich lag er gestern Abend schon mit dem Kopf in die Kissen, die die Geräusche die Cameron verursacht etwas dämpfen.

Leise betrete ich den Raum und gehe auf Cameron zu, gehe neben ihm in die Knie und schüttle ihn sanft an der Schulter.

"Cameron", flüstere ich und schüttle ihn weiter. Er gibt ein Grunzen von sich und schlägt meine Hand weg, bevor er das Kissen greift und auf sein Gesicht presst, woraufhin er mit dem Kopf auf den Boden schlägt, welcher durch die Bettdecke nicht wirklich weicher geworden ist. Er flucht und ich verdrehe die Augen. Was soll man denn dazu sagen?

"Cameron", zische ich und er sieht mich aus zusammen gekniffenen Augen an.

"Weck mich nie wieder. Wenn das immer mit solchen Schmerzen verbunden ist, dann kann ich locker in nächster Zeit darauf verzichten und allgemein auch", antwortet er mit rauer Stimme und reibt sich seinen Hinterkopf. Ich lasse ihn los und verschränke die Arme vor der Brust.

Er wirft mir wieder einen vernichtenden Blick zu, bevor er sich auf den Ellenbogen aufstützt und mich erwartungsvoll ansieht.

"Darf ich wenigstens den Grund erfahren, warum du mich so liebevoll weckst."

"Owen geht es noch schlechter als gestern. Er möchte baden gehen, aber ich brauch Hilfe. Er ist sehr schlapp auf den Beinen und im Badezimmer muss ihm schließlich auch wer helfen", sage ich und denke über diesen Blitzgedanken nach. Darüber hab ich zuvor gar nicht nachgedacht, aber irgendwer muss Owen im Badezimmer auch wieder helfen. Owen kann schließlich nicht mit Kleidung baden. Ich weiß nicht, ob ich es schaffen würde diese Aufgabe zu übernehmen. Ich würde es wahrscheinlich schon schaffen, aber wahrscheinlich nur mit sehr roten Wangen.

Owen wäre es vielleicht auch angenehmer, wenn einer seiner Freunde diese Aufgabe übernimmt - schließlich sehen sie nichts, was sie noch schon mal gesehen haben.

"Scheiße. Klar, ich komme und helfe dir", sagt Cameron, wobei er sich nachdenklich über die Wange streicht. Sein Blick wandert zum Bett und ich zucke erschrocken zurück, als über meinen Kopf hinweg ein Kissen in diese Richtung fliegt. Kurz darauf landet es auch schon mit einem dumpfen Geräusch auf Dylans Po, der sich unter dem schwarzen Stoff seiner Boxershorts sehr deutlich abzeichnet wie mir aus diesem Blickwinkel erst klar wird.

Ich wende meinen Blick ab und versuche so aufzustehen, sodass mein Kleid nicht rutscht und ich mich freizügiger als gewollt gebe.

"Ich bin gleich bei dir. Ich wecke nur schnell noch Dylan und ... trägst du da noch die Sachen von gestern?" Ich drehe mich zu Cameron um, der sich streckt und mich von Kopf bis Fuß mit gerunzelter Stirn ansieht. Schnell wende ich meinen Blick von ihm ab, als ich feststellen muss, dass Cameron ebenfalls nur eine Boxershorts trägt. Männer!

"Cameron, dass bekommst du zurück", ertönt ein Gegrummel vom Bett und ich sehe in diese Richtung. Dylan dreht sich zur Seite und sieht in unsere Richtung. Cameron, der sich gerade noch gestreckt hat, grinst nun breit und fährt sich motiviert durch die Haare. Davon das er bis vor wenige Minuten noch geschlafen hat, bemerkt man nichts mehr.

"Owen geht es schlecht und er brauch unsere Hilfe, also raus aus den Federn, du Schlafmütze", ruft Cameron, bevor er Anlauf nimmt und sich aufs Bett beziehungsweise Dylan wirft, welcher daraufhin laut stöhnt. Wenn ich nicht wüsste, warum er so gestöhnt hat, dann würde ich glatt an was anderes denken.

Bei diesem Gedanken schüttle ich den Kopf und bewege mich zur Tür. Ich sollte langsam mal nach der Badewanne und nach Owen sehen, des weiteren sollte ich Dawn informieren und sie darum bitten mir ein paar Kleidungsstücke vorbeizubringen.

Ich verlassen den Raum und werfe einen Blick ins Badezimmer. Die Badewanne ist zur Hälfte gefüllt und reguliere neu. Warm ist gut, aber ich möchte auch nicht, dass Owen sich verbrennt. Ich lasse etwas kaltes Wasser hinein laufen und stelle den Wasserhahn auf eine neutrale Stufe, sodass nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig Wasser aus dem Wasserhahn kommt.

Dann stehe ich auf und gehe zu Owen ins Wohnzimmer. Er liegt mittlerweile wieder auf dem Sofa und ich setze mich auf die Kante. Als ich eine Hand auf seine Stirn lege, stelle ich fest, dass sie immer noch ziemlich warm ist. Hoffentlich wird er bald wieder gesund, wünsche ich mir und werfe dann einen Blick auf die Uhr neben der Tür. Es ist kurz nach sieben Uhr am morgen.

Aus dem Schlafzimmer ertönt ein Poltern als wäre etwas zu Boden gefallen und dann ein paar weitere dumpfe Geräusche. Ich will nicht wissen was die Beiden da gerade wieder machen. Warum können sie sich nicht wie normale Menschen am morgen verhalten? Normale Menschen stehen einfach auf und helfen, wenn man sie um einen Gefallen bittet. Cameron und Dylan sind aber anders - die beiden, nach den Geräuschen zum Urteil, machen erst noch eine Kissenschlacht, bevor sie ihrem kranken Freund helfen. Was für Kameraden!

Wo bin ich hier bloß gelandet?



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