Verlassen

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Kyos POV:

Doch plötzlich schoss ein Speer quer durch den Raum und verfehlte meine Katze nur um wenige Zentimeter, welche dadurch ein paar Schritte zurücktorkelte. Ein Schrei entwich mir und sofort schoss mein Kopf in die Richtung, aus der dieser Schuss gekommen war. Dort im Türrahmen stand L- mein Meister und funkelte die Katze finster an. Danach fiel sein Blick auf mich und er trat einen Schritt vor, während ich um die gleiche Länge zurückwich. Irritiert musterte mich meine Meister, bevor er wieder einen Schritt nach vorne ging, doch dieses Mal trat die schwarze Katze sofort vor mich und begann ihn laut anzufauchen.

"Kyo...was ist hier los?! Warum hast du Naryt getötet? Was macht eine Wehrkatze hier?!" Bei jedem dieser Sätze hatte ich mich noch kleiner gemacht, denn seine Worte hatten mich stark verletzt und gedemütigt. Nicht nur, dass er immer noch diese Frau in Schutz nahm, er gab jetzt mir auch noch die Schuld für ihren Tod? Er sah nicht einmal, dass ich immer noch einen Dolch in meiner Schulter zu stecken hatte oder vielleicht, dass ich nicht einmal die Kraft dazu hätte, sie überhaupt festzuhalten?! War er wirklich so stark auf sie fokussiert, dass er nicht einmal bemerkte, dass er sich gerade selbst verriet.

Ich zitterte ziemlich heftig, doch dieses Mal war es nicht aus Angst, sondern aus Wut. Aus Wut über seine Art, wie er mit meinen Gefühlen umging! Vorsichtig stand ich auf und holte dann tief Luft:"Woher nimmst du dir das Recht, mich des Mordes zu beschuldigen?! Liegt es daran, dass man das ja mit einem Sklaven wie mir machen kann, da ich ja sowieso nichts dagegen sagen dürfte?! Liegt es daran, dass ich aussehe, als ob ich eine Frau, die fast zwei Köpfe größer und zwanzig Kilo schwerer ist als ich, einfach so erwürgen könnte?! Oder liegt es einfach daran, dass du noch zu benebelt von eurem Rumgeturtel bist?!"

Lyol wollte etwas erwidern, aber ich brachte ihn mit einer Handbewegung zum schweigen."Letzteres wäre sogar ziemlich wahrscheinlich, wenn du noch nicht einmal das hier entdeckst",mit einer ruckartigen Bewegung zog ich mit den nun in
Blut getränkten Dolch aus der Schulter und warf ihn vor meinen Meister auf den Boden,"Es stimmt wenn man sagt, als Sklave hat man nicht das Recht, Leuten zu vertrauen, zu lieben oder auch einfach nur zu hoffen, denn am Ende ist der Sklave immer der, der hintergangen, betrogen und enttäuscht wird. Aber dennoch habe ich es wieder versucht. Habe wieder versucht, dieser verdammten Realität zu entkommen und in meine vermeintliche Traumwelt zu gelangen, aber lass dir eins gesagte sein. Von dort aus ist der Aufprall, wenn man mal wieder von der geliebten Person hinuntergeworfen wurde, viel höher."

Ein einsame Träne lief mir die Wange herunter, doch ich wischte sie weg, bevor mein Meister sie überhaupt sehen konnte. Es ist immer das gleiche und doch schaffte ich es nicht, dies einzusehen. Viele andere Sklaven haben mich für diese Hoffnung bewundert, aber ich fand sie schon immer einfach nur lästig. Sie hat mich an den Rande des Abgrundes getrieben und jetzt langsam merke ich wie ich abrutschte. Wie die Felsen immer wieder einen Teil ihres Bodens verloren und in die Tiefe fielen. Genau so wie ich früher oder später."Ich mache dir nichts vor Meister. Ich habe mich in dich verliebt und das jetzt zu leugnen wäre Verrat. Aber ich denke diese Liebe hat mich verwundbar gemacht und schwach. Und ließ mich zweifeln. So etwas werde ich nie wieder zulassen!"

Und damit ging ich langsam und ruhig an Lyol vorbei, während meine Werkatze dicht neben mir her lief und ihn immer wieder anfauchte. Ich wusste nicht, wieso ich mir so viel Zeit dabei gelassen hatte, vielleicht weil ich noch gehofft hatte, er würde etwas sagen, sich verteidigen, oder auch entschuldigen. Aber leider lag ich damit falsch und es versetzte mir einen leichten Stich im Herzen. Aber ich war deutlich gewesen und hatte nicht gelogen. Trotzdem bereute ich meine Taten und Worte, obwohl es das richtige gewesen war.

Als ich das Haus verließ, wehte ein eisiger Wind und ließ mich erzittern. Meine Kleidung war nicht für so ein Wetter ausgelegt und leider hatte ich auch nicht die nötige Wärme von meinem Körper. Plötzlich stupste mich die schwarze Katze an und rieb sich ganz fest an mir. Ich musste leicht lächeln und strich ihr kurz durch das warme Fell. Mit einem Mauzen und einer ruckartigen Kopfbewegung deutete sie mir an, auf sie zu klettern. Vorsichtig und darauf bedacht, sie nicht zu verletzten, stieg ich auf ihren Rücken und krallte mich sogleich in ihr tiefschwarzes Fell.

Kurz wiegte sie sich vor und zurück, bevor sie mit einem Satz nach vorne schnellte und dann begann, in den nahen Wald zu sprinten. Ich biß mir auf meine Lippe um nicht laut aufzuschreien und immer wieder trieb mir der Zugwind Tränen in die Augen, welche ich dann wegblinzeln musste. Nach einer Weile wurde die Katze langsamer und auf einer größeren Lichtung kam sie dann ganz zum Stehen. Sofort sprang ich ab und rannte zu dem kleinen Bach, um Wasser für meine Werkatze zu holen. Gierig stürzte sie sich auf die provisorische Schüssel, die ich vor ihr hingestellt hatte.

Während die Katze sich über das Wasser hermachte, holte ich die Essensreste heraus, welche ich noch von dem Frühstücken übrig hatte. Ich hatte die Angewohnheit nicht ablegen können, immer wieder etwas von dem Essen zu Bunkern und aufzubewahren. Schnell holte ich mir ein paar essbare Kräuter und Beeren von den am Rande stehenden Büschen und mischte diese mit den anderen Speisen. Nachdem die Werkatze mit dem trinken fertig war, zeigte ich ihr das Essen, doch sie lehnte es ab und symbolisierte mir, dass ich es essen sollte.

Dankbar begann ich die Speisen zu essen, doch erst nachdem ich mit dem Essen fertig war, bemerkte ich, dass die Werkatze verschwunden war. Plötzlich raschelte etwas hinter mir im Gebüsch und erschrocken fuhr ich herum, bevor die schwarze Katze aus dem Dickicht gesprungen kam, ein kleineres Reh im Maul. Erleichtert atmete ich aus und wartete noch, bis meine Werkatze mit ihrer Mahlzeit fertig war, bevor ich mich müde ins nasse Gras fallen ließ, doch sofort wurde ich von meiner Katze gepackt und an eine einigermaßen trockene Stelle an einen großen Baum gelegt, an dem sie mich dann niederlegte und sich einmal komplett um mich legte.

Sofort kuschelte ich mich enger an das weiche Fell und kraulte meine Werkatze dabei leicht unter ihrem Ohr. Vorsichtig beugte ich mich vor, bis ihr Gesicht fast das meine berührte und blickte ihr tief in die Augen:"Danke! Ich weiß nicht, was ich ohne dich getan hätte. Ich...Wie soll ich dich überhaupt nennen? Wie wäre es mit- mit...Lyllian?" Die Katze miaute und begann dann laut zu schnurren. Ich kicherte leicht und legte meinem Kopf auf der einen Pfote meiner Katze ab und schlief langsam ein.

Hey!!! Nein, Kyo wird jetzt nicht sterben. Ja, Lyol kommt noch einmal vor. Nein, ich habe keinen Bock auf meine Klausur morgen und übermorgen. Ja, ich muss noch lernen. Nein, ich beende das Kapitel jetzt noch nicht. Ja, jetzt ist das Kapitel vorbei{>~<} Bewertet und Kommentiert fleißig

Freiheit? (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt