》Kapitel 33 - Entführt《

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Als ich an dem Zimmer meiner Mutter vorbeiging, versuchte ich nicht hineinzublicken, aber vergebens. Ich fühlte mich automatisch zu dem Raum hingezogen.
Hätte ich eine weitere Sekunde durchgehalten, wäre ich dem hier entkommen, aber ich hatte das Bedürfnis, mich von ihr zu verabschieden.
Egal wie furchteinflößend es hier auch aussah.

Mit dumpfen Schritten betrat ich, das nach Blut stinkende Zimmer und ließ mich neben ihr auf das Bett nieder, dabei bedacht, so wenig wie möglich, damit in Berührung zu kommen.
Unter der Decke zeichnete sich ihr Körper ab und ich musste schlucken.
Wo sollte ich nur anfangen? Es gab vieles was ich loswerden wollte. Aber da sie mich nicht hörte, schrumpfte ich die Hälfte von der Rede.

"Ich vermisse dich. Aber nicht dein kaputtes ich, sondern die die mir noch ihre Liebe gezeigt hat.
Du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin, dass du keinen Selbstmord begangen hast.
Das fände ich ehrlich gesagt schlimmer."
Meine Stimme war nur ein Flüstern und es tat weh darüber zu sprechen.

Tatsächlich hatte ich in Erwägung gezogen, dass sie Suizid begonnen hatte, aber nachdem ich die Nachricht an der Wand entdeckt hatte, war pure Erleichterung durch mich geflossen.
Es hätte bedeutet, dass sie es nicht mehr ausgehalten hatte und ich wäre daran zugrunde gegangen, weil ich sie nicht daran hätte hindern können und ihr kein erträglicheres Leben besorgen konnte.

"Sag Vater, dass ich ihn liebe. Ich hoffe, dass es euch gut ergehen wird. Und seid mir nicht böse, weil ich einen Schlussstrich gezogen habe und nicht mehr täglich an euch denken werde. Ihr bleibt weiterhin ein Teil von mir."
Diesmal konnte ich meine Tränen nicht zurückhalten und ließ sie still über meine Wangen laufen.
Dann brachte ich meinen ganzen Mut zusammen und beugte mich nach vorne, damit ich sie ein letztes Mal umarmen konnte.

Doch sie war viel zu weich für jemanden, der gestorben war und bereits hart sein müsste.
Augenblicklich schlug ich die Decke zurück und erspähte nichts außer einem Berg Kissen, die jemand als Attrappe genutzt hatte.
Panisch schaute ich unter dem Bett nach und auch die Schränke durchsuchte ich, aber es war sinnlos.
Jemand hatte sie bis über alle Berge verschleppt.
"Verdammt!", fluchte ich und sank die Wand hinunter.

Schon wieder war ich zu blöd gewesen, auf sie aufzupassen und hatte sie kidnappen lassen. Zwar verstand ich nicht, wofür man eine Tote benötigte, aber nun konnte ich keine Beerdigung mehr für sie organisieren.
Nicht, dass ich das Geld dazu hätte oder außer mir noch jemand gekommen wäre, dennoch hätte ich es mir für sie gewünscht.

Meine Tränen versiegten und ich wischte mir mit dem Ärmel übers Gesicht.
Dann stand ich auf und zog mir den Bademantel enger um mich. Ich musste sie aus dem Kopf bekommen. Sonst würde ich mich wieder in ein Nervenbündel verwandeln und sah meine elende Zukunft schon vor mir.
Zitternd schlurfte ich in das Zimmer, wo Andrew auf mich wartete.

Ich stand am Türrahmen und blieb stehen, weil er ausgestreckt auf meinem Bett lag und an die Decke starrte, ohne meine Anwesenheit gemerkt zu haben. Wahrscheinlich war er zu sehr, in seinen Gedanken versunken.
Abwartend lehnte ich mich an den Türrahmen und verschränkte meine Arme vor der Brust, während ich sein Profil betrachtete.

Mittlerweile hatte er sich eine tiefsitzende Jeans angezogen und dabei das Oberteil weggelassen. Da er meinen Babysitter gespielt hatte, hatte er einen Teil seines Kleiderschranks in mein Haus geschleppt, damit er nicht ständig nach Hause laufen musste oder Sachen von mir leihen musste. Nicht, dass ihm irgendein Kleidungsstück passen würde, da er einen ganzen Kopf größer war.

Mein Blick fuhr über seinen straffen Bauch, der schön gebräunt war und wanderte weiter zu seinem Gesicht.
Seine vollen Lippen hatte er zu einem Strich verzogen und seine perfekt sitzende Nase lag direkt darüber. Seine goldfarbenen Augen stachen besonders heraus und waren umgeben von schwarzen, dichten Wimpern. Das braune Haar war bereits getrocknet und bedeckte dabei seine Stirn.
In seinem ganzen Gesicht waren keinerlei Pickel, Sommersprossen oder Mitesser zu sehen, welches seine Haut makellos aussehen ließ, was sie auch war.

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