"Steig ein, Chérie", rief Andrew aus seinem Wagen und ich fuhr meinen Kopf überrascht zur Straße herum. Missbilligend hob ich eine Augenbraue und ging stumm weiter, während er sich meinem Tempo anpasste, welches den Autofahrern hinter ihm überhaupt nicht passte, sodass er parken musste.
Das ständige Hupen hatte mich dazu veranlasst, mir die Ohren zuzuhalten und ich war heilfroh, als der Lärm aufgehört hatte.Meine Hände hatte ich lässig in der Hosentasche meiner feuchten Sporthose, die wahrscheinlich nass geworden war, als ich heute bei einem Unwetter nach Hause gerannt war. Eilig spurtete ich die Straßen entlang und wich Menschen weniger geschickt aus. "Passen Sie doch auf!", rief mir ein Mann hinterher, dem ich meinen Mittelfinger zeigte. Ich war nicht in der Stimmung für Freundlichkeit.
"Diese Jugend heutzutage ist unglaublich respektlos!", schimpfte der Mann und ich fügte einen weiteren Finger hinzu. Allerdings hatte der Mann mich verfolgt und packte mich somit brutal an meinem Arm.
"Bleiben Sie hier stehen", befiehl der pummelige Mann und wischte sich mit einem Tuch über die Stirn.Augenrollend riss ich meinen Arm fort und entgegnete:"Wenn sie mich kriegen, bleibe ich stehen." Mit diesen Worten stürmte ich davon und rempelte mehrere Menschen an, die daraufhin empört nach Luft schnappten.
Ich stoppte erst, als ich gegen eine Laterne lief, da meine Augen die ganze Zeit auf den Boden gerichtet waren.
Unsanft fiel ich mit meinem Hintern auf den dreckigen Boden und wollte der Laterne am liebsten einen Tritt verpassen."Schön dich zu sehen, Trampeltier", begrüßte mich Andrew, der mit verschränkten Armen vor mir stand und ernst dreinblickte.
Erwartungsvoll rappelte ich mich auf und ignorierte die verstohlenen Blicke der Passanten. "Wie konntest du mich überholen? Was willst du", zischte ich genervt.
"Der Mann wollte eine Anzeige erstatten! Du machst dich strafbar mit den Beleidigungen und den Körperverletzungen."
Unbeeindruckt meinte ich:"Ich habe niemanden verletzt."
"Du hast ein Kleinkind geschubst, das daraufhin seinen Milchzahn verloren hat! Dazu habe ich bei zehnmal aufgehört zu zählen, wie oft du deinen Mittelfinger preisgegeben hast. Was ist los mit dir?""Ich hasse Lügner", begründete ich und wollte weitergehen, als er reflexartig nach meinem Arm griff. "Nicht so schnell, Liebes", warnte er mich, wobei sein eines Auge hinter seinen Haaren verdeckt war, die er nicht gegelt hatte.
Die Sprenkel tanzten um seine Pupille und ich vergötterte diese Augenfarbe. Dennoch ließ ich mich in meinem Vorhaben nicht aufhalten.
"Fass mich nicht an. Du hast verdammt nochmal eine Freundin!", brüllte ich ihm ins Gesicht und wollte ihm eine Schelle verpassen, als er diese abfing.
"Blöde Reflexe", murmelte ich aufgebracht.Seine eine Hand ruhte auf meinem Rücken, während die andere meine beiden Handgelenke in Beschlag nahm. Dabei waren unsere Körper aneinander gepresst und unsere Gesichter waren sich viel zu nah, dass ich beinahe einen hysterischen Anfall bekam.
Ich wollte nicht anhand seiner Freundin sterben."Wenn du mich nicht los lässt, kannst du dir eine Zukunft mit Sex und Kindern sparen", flüsterte ich bösartig, welches ihn nicht juckte, denn er drückte mich noch näher an sich.
"Ich habe keine Freundin. Sei unbesorgt", versicherte er mir grinsend.
Ich verdrehte die Augen und beteuerte:"Ich war nur um meinen Kopf besorgt. Aber ich habe einen Freund und wenn du mich nicht auf der Stelle los lässt, bist du um einen Kopf kürzer."Als hätte er sich verbrannt, ließ er von mir ab und stolperte überrascht zurück. "Du lügst", sagte er direkt, welches eher danach klang, als sollte ich es sofort abstreiten. Aber mir war nicht danach, denn seine Reaktion war unterhaltsam. "Gut, dann geh, aber sag mir davor, die Wahrheit", bettelte er verzweifelt.
Ausdruckslos presste ich die Lippen zusammen, als entspräche es der Wahrheit, dass ich einen Freund hatte."Claire? Das meinst du jetzt nicht ernst oder?", erkundigte er sich und kam mir wieder näher. "Ich habe dich nie mit einem anderen gesehen", argumentierte er misstrauisch.
Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte:"Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen. Halt dich einfach fern von mir. Ich bin eine vergebene Frau."
Das siegessichere Lächeln verblasste, stattdessen tauchte der Schmerz auf, den er zu unterdrücken versuchte. Doch ich sah ihn.
Die Augen logen nie und seine verloren gerade an Glänze.Ich wusste, was dass bedeutete, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte. Jedoch ertrug ich seinen Schmerz nicht, weshalb ich meine Fassade aufbrach und anfing zu lachen.
"Du hast mir doch nicht ernsthaft geglaubt, dass jemand mich lieben könnte, oder? Sieh mich an. Ich meine nicht, meinen Körper und mein Gesicht, sondern mich. Du hast gerade selbst erfahren, wie herzlos und bösartig ich sein kann. Dabei war diese Aktion noch harmlos", bemitleidete ich mich selbst und stand mit hängenden Schultern da. Das Schlimmste war, dass es mir gefiel und mich die Gefühle anderer nicht interessierte.
Doch bei ihm war es komischerweise anders. Ich hatte seinen Schmerz gefühlt und konnte ihn nicht ertragen.Dabei hätte ich meinen Profit ziehen können und er hätte mich endgültig in Ruhe gelassen.
Meine Handlung blieb mir fragwürdig und doch bereute ich es nicht, ihn nicht verloren zu haben. Wenn Stella nicht für mich da sein konnte, konnte er es für mich sein.Seine Hand strich sanft über meine Wange und er sagte:"Sei nicht so streng mit dir. Es gibt genug Jungs, die dich daten würden."
Er behielt recht, aber sie wollten es aufgrund meines Aussehens und nicht meines Charakters, da es ständig fremde Typen waren, die meinen Ruf als Außenseiterin nicht kannten.Ich schmiegte meine Wange an seine Handfläche und flüsterte dennoch:"Dankeschön."
Er trat einen Schritt zurück und winkte ab. "Es ist nur die Wahrheit. Du bist nicht nur irgendein Mensch." Das Wort Mensch schien ihm nicht leicht über die Lippen zu kommen, aber ich tat so, als hätte ich es nicht bemerkt.Ich spazierte schnurstracks auf seinen Wagen zu und bedeutete ihm mit dem Finger, dass er mir folgen sollte. "Du stehst auf mich", lachte ich, um ihn zu ärgern.
Verlegen fuhr er sich durchs Haar, welches nun in alle Richtungen stand. Aber anscheinend fehlten ihm die Worte, denn er brabbelte nur Wortfetzen heraus, die man unmöglich miteinander verknüpfen konnte."Andrew Hamilton ist sprachlos? Dass ich das mal miterlebe. Unglaublich", spottete ich und setzte mich auf den Beifahrersitz.
"Ich begebe mich auf fremden Terrain", erklärte er und schaute trotzig drein.Ich kniff ihm in die Wange und piepste:"Willst du einen Keks? Ja, dass willst du. Wir fahren jetzt zu dir, schauen uns einen Film an und essen Kekse, einverstanden?"
Obwohl er die Augen verdrehte, weil ich ihn wie ein Kind behandelte, lächelte er wahrhaftig und ich musste über sein dümmliches Grinsen lachen.In normalen Umständen wäre es mir unangenehm, die Zeit mit jemanden zu verbringen, dessen Liebe ich nicht erwiderte, aber ich bezweifelte, dass man seine Empfindungen für mich Liebe nennen konnte, weshalb ich mir keine weiteren Gedanken darüber machte.
Dieser Filmtag war ein Schritt in die richtige Richtung zu einer guten Freundschaft. Aber mehr als das, würde niemals zwischen uns laufen. Er würde bald eine neue Flamme finden und bis dahin spielte ich eben seine Liebste. Ich würde ihm schon oft genug vermitteln, dass ich keinerlei Interesse an ihm hatte.
#qotd: Seid ihr eher künstlerisch, musikalisch oder sportlich begabt?
#aotd: sportlich
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Shooting Star - Mysterious
FantasyVor etwa einem Jahr hat die Sechzehnjährige Claire eine schmerzhafte Bekanntschaft mit den Gefühlen gemacht, die man empfindet, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat. Seitdem scheint sich alles dem Negativen zu zuwenden. Doch seit dem Zusam...