Mondlicht fiel auf eine Lichtung mitten im Wald. Es schimmerte silbern auf jedem dort wachsenden Grashalm. In den Schatten der Bäume regten sich träge schlafende Katzen. Der graue Kater seufzte leise und starrte mit leerem Blick in den Himmel. Sein Fell war verfilzt, als hätte er es seit mehreren Monden nicht mehr geputzt.
Oh, Leuchtflügel..., dachte er und blinzelte den Sternen am Nachthimmel entgegen. Wenn du mich hören kannst, dann hilf mir bitte. Hilf mir dabei, die richtige Entscheidung zu treffen.
Der Kater zuckte kurz mit den Ohren und ließ seinen Kopf wieder auf die Pfoten sinken. Er schloss müde die Augen, riss sie dann aber wieder auf. Warum sind da immer diese schrecklichen Bilder? Diese Albträume, bevor ich einschlafen kann? Diese Stimmen, sobald ich die Augen schließe?Er schüttelte den Kopf und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Wem gilt meine Loyalität?
Plötzlich zischte eine Stimme von irgendwo her. Der graue Kater fuhr hoch und entdeckte den Umriss einer schwarzen Katze, eines Katers. Seine gelben Augen funkelten unheimlich, aber auch verführerisch.
»Deine Loyalität gehört dem FeuerClan«, zischte er und stakste auf den grauen Kater zu, der respektvoll den Kopf vor ihm neigte.
»Ich grüße dich, Krallenstern«, miaute dieser mit fester Stimme, auch wenn ein Hauch von Angst darin mitschwang.
»Aschenhaar«, knurrte Krallenstern nun. »Seit ich dich in deinen Träumen besuche, habe ich dir versucht einzuschärfen, dass du deinem Clan treu bleiben musst. Warum hast du Feuerstern nicht erzählt, dass dieser Abschaum neun Leben vom SternenClan bekommen hat?« Die letzten drei Worte spuckte der schwarze Kater förmlich aus, als wären sie zu unrein, um sie auch nur in den Mund zu nehmen.
»Ich dachte, es wäre nicht so wichtig«, murmelte Aschenhaar leise. »Schattenstern ist meine Schwester. Ich kann sie doch nicht einfach so verraten.«
»Denk an Leuchtflügel«, knurrte Krallenstern. »Denk daran, dass deine Schwester ihren Tod hätte verhindern können. Und jetzt ist sie fort. Du wirst sie nie wiedersehen.«
Aschenhaar starrte den schwarzen Kater erschrocken und mit offenem Maul an. Dann wandte er seinen Blick ab.
»Du wirst dem FeuerClan jede Nacht Bericht erstatten, bis Feuerstern beschließt, anzugreifen. Dann wirst du auf der Seite kämpfen, der deine Loyalität gehört. Clan vor Blut. Denk an Leuchtflügel.«
Mit diesen Worten löste der schwarze Kater sich langsam auf. Doch keine Sterne funkelten in seinem Fell, sondern dunkle Schatten, die sich erst nach und nach verflüchtigten.
Aschenhaar blieb alleine zurück. Wieder starrte er hoch in den Himmel, wo schon die ersten Strahlen der Sonne zu sehen waren. Der schwarze Nachthimmel wurde von einem dunklen Violett abgelöst, das langsam in ein helles Rosa überging.
Wieder eine Nacht ohne Schlaf, dachte sich Aschenhaar. Wie soll ich das bloß durchhalten? Und Schattenstern wird sicher bemerken, wie kraftlos ich bin.
Der graue Kater sah nochmal hoch. Das Rosa wurde zu einem dunklen Rot. Blutrot.
***
Fünf Katzen saßen Pelz an Pelz am Ufer eines Sees. Mit stechenden Blicken fixierten sie den grauen Kater, der sich mittlerweile aufgesetzt hatte und zu Boden starrte.
»Flammenzorn kann die Gestalt seiner früheren Geburten annehmen. Und wenn er Aschenhaar weiterhin in der Gestalt von Krallenstern begegnet, wird es nicht lange dauern, bis er seinen Willen verliert«, eröffnete eine dunkelbraun getigerte Kätzin das Gespräch und schaute zu einem roten Kater hinüber, der mit einer Pfote die Wasseroberfläche berührte, die sich sofort kräuselte und das Bild des grauen Katers verschwimmen ließ.
»Wir bewegen uns auf gefährlichem Terrain. Ich kann mir nicht erklären, wie der Wald der Finsternis herausgefunden hat, wie man zwischen seinen Geburten wechseln kann. Und ihr wisst, was das bedeutet. Es gibt einen Verräter im SternenClan«, miaute der rote Kater. »Wenigstens solltest du froh sein, dass dein Clan wieder existiert, Wind.«
»Das ist nur ein kleiner Erfolg angesichts dessen, was uns noch bevorsteht, Donner«, wandte ein hellgrauer Kater ein und funkelte den roten Kater, Donner, an.
»Das ist mir schon klar, Wolken«, erklärte dieser. »Solange noch nicht alle fünf Clans vereint sind, kann die große Prophezeiung sich nicht erfüllen.«
»Eines nach dem anderen«, sagte nun eine schwarze Kätzin mit grünen Augen.
»So ist es, Schatten«, entgegnete nun der silbergraue Kater, der bisher noch nicht gesprochen hatte. »Wir dürfen nicht zu weit voraus denken.«
»Wenn Wind und Donner aufeinander treffen wird der Frieden gebrochen. Nur die Erde kann den Krieg der Clans verhindern. So lautete doch die Prophezeiung, die wir zuletzt erhielten«, miaute Wind langsam und nachdenklich.
»Damit kann nur eine Katze gemeint sein«, flüsterte Schatten und berührte mit der Pfote die Oberfläche des Sees vor ihr. Das Bild änderte sich und eine hellgrau-schwarz gefleckte Kätzin erschien.
»Ja, das ist sie«, murmelte Donner leise und erhob sich auf die Pfoten. »Wenn wir uns beeilen, könnten wir ihr die Prophezeiung noch überbringen, während sie schläft.«
Die restlichen vier Katzen nickten zustimmend. Drei von ihnen standen ebenfalls auf. Nur der silbergraue Kater blieb sitzen.
»Was ist los, Fluss. Kommst du nicht mit?«, fragte Wolken den Kater.
Dieser schüttelte den Kopf. »Geht ohne mich. Ich muss nachdenken.«
Die vier anderen Katzen nickten respektvoll und verließen die Höhle, in der sich der See befand.
Fluss schaute währenddessen weiter auf die Wasseroberfläche und berührte sie mit der Pfote. Das Bild änderte sich. Wieder war der graue Kater Aschenhaar zu sehen. Er saß immer noch einfach nur da und schien nicht zu bemerken, was um ihn herum passierte.
»Mit dir habe ich noch ein Wörtchen zu reden«, meinte Fluss und kniff misstrauisch seine hellgrünen Augen zusammen. »Entscheide dich für die richtige Seite oder werde zu meinem Feind.«
Dann erhob auch er sich und verließ mit peitschendem Schweif die Höhle.
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Warrior Cats - Dunkle Sterne
FanfictionACHTUNG! Ihr müsst erst »Warrior Cats - Finstere Wolken« gelesen haben, bevor ihr das hier lest. Nach Schattensterns Flucht vor den Clans und den Gesetzen des Windes macht sich die Gruppe aus zweiundzwanzig Katzen auf den Weg zu den Überlebenden des...