Schattenstern

929 72 27
                                    

Alarmiert sprang Schattenstern auf. »Wir ziehen uns zum Stein zurück!«, befahl sie. »Efeubein, du verteidigst mit Luchsohr, Weiser Falke und Spritzklang die Schüler, die Königinnen und Himmelglanz. Der Rest kommt mit mir.« Sie packte ihre Tochter am Nackenfell und rannte in großen Sprüngen auf den alten Stein zu. Dort würden die Jungen in Sicherheit sein.

Schon bald spürte sie die vertrauten Pelze von Spitzfell und Wirbelwasser an ihrer Seite. Der Kater trug Nebeljunges, während in dem Maul der Kätzin Dachsjunges baumelte. Dunkeljunges lief mit großen Schritten neben Funkenstern her, wobei Blendfeuer immer wieder einen Blick auf den kleinen Kater warf, um sicherzugehen, dass er auch mithielt. Schattenstern war so stolz auf ihren Zweitgeborenen. Er war der stärkste der drei Geschwister und obwohl er vom Pelz her eher ihr ähnelte, erinnerte sein Selbstbewusstsein und sein Mut an Flammenzorn.

Er wird nie erfahren, wer sein Vater ist, sagte sie sich stumm. Die kleine Gruppe erreichte den alten Stein. Schattenstern legte Sprenkeljunges ab, die immer noch vor Aufregung die grünen Augen weit aufgerissen hatte. Was sie wohl mit der unsichtbaren Katze auf den Zweibeinernestern gemeint hat? Sicher war das nur Einbildung. Sie träumt zu viel. Und sie sieht aus wie Flammenzorn...

»Klettert da hoch«, miaute die Anführerin ihren Clan-Gefährten zu und schob Blendfeuer ihre einzige Tochter zu. »Nimm sie mit. Ich bleibe so lange unten bis alle in Sicherheit sind und Rückendeckung haben.«

Der weiße Kater nickte gehorsam, blieb aber vorerst neben ihr stehen, weil nur eine Katze zurzeit den Stein hinaufkraxeln konnte. Schattensterns Blick schweifte hinüber zu der anderen WindClan- Gruppe. Die bunten Pelze waren in der dunklen Ecke nur zu erahnen, aber sie erkannte, dass Luchsohr die Krieger in einem Halbkreis um Himmelglanz, Vogelschweif, Tannennadel, Funkenpfote und Weises Reh angeordnet hatte. Die verrückte, weiße Kätzin und Mutter von Spitzfell versuchte immer wieder, aus dem Schutz auszubrechen, wurde aber von Efeubein sanft wieder zurückgedrängt.

»Weißklee! Weißklee! Ihr könnt sie doch nicht zurücklassen!«, kreischte Himmelglanz. »Die schwarze Kätzin wird sie holen! Sie wird sie holen und zu sich in die Finsternis mitnehmen!«

Schattenstern zuckte zurück. Der Schmerz um den Verlust von Weißklee bohrte sich wie eine scharfe Kralle in ihr Herz. Als ob das nicht genug wäre, hatte Vogelschweif auch noch das Vertrauen in ihre Anführerin verloren. Und anscheinend war die gelbbraune Kätzin nicht die einzige, die so dachte.

»Mama!«

Bei Sprenkeljunges' Ruf drehte sie sich um und begann selber den Aufstieg. Es war leichter als sie erwartet hatte. Ihre Krallen fuhren wie von selbst in die Rillen im Stein, die nach oben hin immer weniger wurden. Ein seltsamer Glanz lag über dem Felsen und als ein Mondstrahl die Oberfläche berührte, leuchtete sie silbern auf. Schattenstern riss erstaunt die Augen auf, doch da war sie schon oben. Wirbelwasser half ihr, über die letzte Kante zu kommen.

»Die WasserClan- Katzen werden zahlreicher sein als die aus dem FeuerClan«, warnte die dunkelgraue Kätzin ihre Anführerin. »Aber du musst mir versprechen, dass du mich nicht daran hindern wirst, gegen Wasserstern zu kämpfen, wenn ich ihn sehe.« Ihre Stimme brach. »Das, was er seinen Töchtern angetan hat, werde ich ihm nie verzeihen.«

»Das verstehe ich«, antwortete Schattenstern und spürte wieder das schlechte Gewissen in sich aufkommen. Es war ihre Schuld, dass sie Traumschweif und Seelenpfote verloren hatten. Sie hätte einfach eine größere Patrouille losschicken müssen, um die beiden Schwestern zu retten. Und jetzt... Jetzt waren sie, wie hatte Vogelschweif es noch genannt, ›verschleppt und vielleicht auch tot‹.

»Aber wenn ich meine Jungen zwischen den Katzen finde«, fuhr Wirbelwasser mit belegter Stimme fort. »Erlaubst du mir, sie in den WindClan zu holen?«

Warrior Cats - Dunkle SterneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt