Wege und Möglichkeiten

1.4K 104 36
                                    

»Kümmere dich um sie! Jetzt!« Hechtkralle stieß Weiser Falke die Schnauze ins Gesicht. »Bitte! Du bist der einzige Windwahrer, der sich dem WindClan angeschlossen hat! Sie wird...« Seine Stimme brach. »Sie wird sterben.«

»Ich habe dir schon gesagt, dass ich getan habe, was ich konnte«, antwortete der schwarz-weiße Kater. Seine blauen Augen blitzten vor Besorgnis auf und er warf Terra einen besorgten Blick zu. »Es ist jetzt an ihr, sich selbst zu heilen. Wenn sie nur stark genug an den SternenClan glaubt, wird er ihr helfen, zu überleben.«

»Ich möchte nichts vom SternenClan hören! Ich habe diese Geisterkatzen nicht mal gesehen!«, knurrte Hechtkralle niedergeschlagen. »Ich verlange doch nur, dass du ihr hilfst. Siehst du nicht, wie sehr ich leide?«

»Denke nicht, dass du der einzige bist, der etwas verloren hat, das er liebt«, miaute Weiser Falke ruhig. »Ich habe meine gesamte Familie verloren. Wespenkralle hat mich zwar gehasst, doch er war mein Bruder und es tut mir im Herzen weh, dass er bei den Kämpfen gestorben ist. Das Leben ist grausam. Und jetzt, wo ich beim WindClan bin, habe ich zum ersten Mal einen Hoffnungsschimmer in meinem Leben gesehen, doch auch der wurde mir nun genommen. Wir konnten Traumschweif und Seelenpfote nicht retten, Aschenhaar hat seine eigene Schwester verraten, Todesfeder hat keine Ohren mehr und wurde beinahe zu Tode gequält, Eulenpfote ebenfalls. Dann ist auch noch dieser... dieser Stamm der tanzenden Knochen dazugekommen und mischt zusammen mit den anderen Clans in diesem riesigen Haufen Fuchsdung herum!«

Das Bild verschwamm, als wäre es nie da gewesen. Zurück blieb nur die leicht gekräuselte Oberfläche eines Flusses, der sprudelnd über fünf glatte Steine floss. Terra schüttelte verwirrt den Kopf und sah sich um. Der Fluss führte zwischen grünen Wiesen mit verschiedenfarbigen Blumen hindurch. Rechts ragte am Horizont die dunkle Silhouette eines dichten Waldes empor. Ohne richtig zu wissen, was sie tun sollte, ging sie am Ufer entlang, bis sie einen grauen Felsen erblickte, in den das Wasser hineinfloss und einen kreisrunden See bildete.

Ich kenne diesen Ort, dachte die WindClan-Kätzin. Ich war hier, als mir die Prophezeiung von den Geisterkatzen, dem SternenClan, überbracht wurde. Ich bin Terra, die Erde, und ich muss den Krieg der Clans verhindern. Ihr fiel ein, dass sie es Schattenstern immer noch nicht gesagt hatte.

»Ich grüße dich«, ertönte plötzlich eine Stimme direkt hinter ihr und sie fuhr herum. Dort stand ein silbergrauer Kater. In seinen hellgrünen Augen funkelte eine tiefgründige Weisheit, die sie von ihm nicht erwartet hätte. Sein langes Fell war nass und hing ihm an den Seiten tropfend herab.

»Ich kenne dich nicht«, sagte Terra und kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Aber irgendwas sagt mir, dass ich dich kennen muss.«

»Mein Name ist Fluss«, erklärte der Kater. »Wie Donner, Schatten, Wind und Wolken bin ich ein Gründer eines Clans. Des FlussClans, um genauer zu sein. Es tut mir leid, dass ich nicht dabei war, als dir die Prophezeiung überbracht wurde. Ich hatte... andere Sachen zu besprechen.«

»Aber jetzt bist du hier.«

»Ja«, antwortete Fluss. Er senkte den Blick und Terra erwartete, dass er noch etwas sagen wollte, aber er drehte sich um und glitt langsam ins Wasser hinein. Dort paddelte er mit den Pfoten, um nicht zu ertrinken. Nach einiger Zeit des Wartens, beschloss die WindClan- Kätzin, den seltsamen, schwimmenden Kater zu ignorieren und wollte sich schon entfernen, als Fluss doch noch triefend nass aus dem Wasser kam. Sein rechtes Ohr zuckte und ein Tropfen fiel zu Boden. Mit seinen hellgrünen Augen starrte er Terra an. »Du weißt, warum du hier bist.« Es war keine Frage.

»Ich glaube nicht.« Sie legte verwirrt den Kopf schief.

»Erinnere dich«, miaute Fluss. »Erinnere dich an das Bild im Wasser, das du gesehen hast.«

Warrior Cats - Dunkle SterneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt