Wieso war die Musik so laut? Ich war mir sicher, dass meine Ohren dröhnen würden, wenn ich später in meinem Bett lag. Und erblindet war ich bis dahin bestimmt auch, wenn ich nicht bald von diesem schrecklichen Stroboskoplicht weg kam.
„Hey, Gwendolyn!" hörte ich Gordons Stimme in meinem Rücken.
Sobald ich mich in seine Richtung drehte, drückte er mir ein klebriges Glas mit etwas, das zwar wie Cola aussah, aber stark nach Alkohol roch, in die Hand. Das würde ich sicher nicht trinken.
„Hallo Gordon", begrüßte ich ihn und widerstand dem Impuls, das klebrige Gesöff auf den nächstbesten Tisch zu stellen. Gleichzeitig hoffte ich, dass Leslie und Charlotte schnell zurückkamen, damit ich mich nicht lange mit ihm unterhalten musste. Es gab keine schlimmere Person als Gordon. Außerdem war er offensichtlich betrunken und musterte nun sehr interessiert meinen Oberkörper. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und verfluchte mich dafür, mir ein T-Shirt von Leslie geliehen zu haben. Ich fühlte mich kein bisschen wohl in diesem engen Fetzen Stoff.
„Du . . . siehst gut aus", sagte Gordon nun und trat einen Schritt näher. Ich machte einen Schritt nach hinten.
„Ich bin mit Charlotte und Leslie hier", erklärte ich und stellte das Glas nun doch auf eines der kleinen Tischchen. Meine Hände wischte ich an meiner Jeans ab und stellte genervt fest, dass Gordon mir zum Tisch gefolgt war.
„Willst du tanzen?", fragte Gordon und wieder glitt sein schmieriger Blick über meinen ganzen Körper.
„Nein", erwiderte ich gereizt und trat erneut einen Schritt zurück. Sowohl die Musik als auch Gordon waren schrecklich. Und ich hasste tanzen.
„Schon gut, Zicke. Da will man mal nett sein und dann so was. Wenn du hier lieber allein rumstehen willst, dann . . ."
Der Rest seines Satzes erreichte mich nicht mehr über die Musik hinweg, denn er hatte sich glücklicherweise endlich dazu entschieden, mich in Frieden zu lassen. Allerdings nicht ohne vorher das Glas, das ich zuvor auf den Tisch gestellt hatte, wieder an sich zu reißen und dabei die Hälfte des Inhalts auf sein T-Shirt zu kippen. Die Augen verdrehend wandte ich mich von ihm ab.
Und schaute direkt in ein Paar grüner Augen, die mich von der anderen Seite des Raums musterten. Mein Herz setzte aus. Oh Gott. Ich schloss die Augen und atmete tief durch. Doch als ich sie öffnete, war er immer noch dort und fixierte mich nun mit einem spöttischen Lächeln. Oh Gott. Was tat er hier? Mein erster Gedanke war, ihm den Rücken zuzukehren und so zu tun, als hätte ich ihn nicht gesehen, doch das war Blödsinn. Er wusste, dass ich ihn gesehen hatte und wenn ich jetzt davonlief wie ein feiges Huhn, würde er sich bestimmt wochenlang darüber lustig machen. Also sprang ich über meinen Schatten und ging langsam zu ihm hinüber.
Er saß allein auf einem der Barhocker und hatte sich locker gegen die Theke gelehnt, ein Glas in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand. Seine Haare waren lockig wie eh und je und fielen ihm bis auf die Schultern hinab. Und natürlich trug er schwarz. Boots, Lederjacke und dunkle Jeans. Er sah so gut aus! Ich errötete, als ich mich bei diesen Gedanken ertappte und versuchte, sie aus meinem Kopf zu verjagen. Doch natürlich klappte das nicht.
„W-was machst du hier?", stotterte ich, als ich schließlich vor ihm stand. Das hier war Cynthias Party und ich hatte nicht gewusst, dass sie Gideon kannte.
„Spaß haben – im Gegensatz zu dir", erwiderte er und blies mir eine Rauchwolke ins Gesicht. Prompt musste ich husten und Gideon lachte dunkel. Ich schaute beschämt zu Boden. Normalerweise hegte ich eine abgrundtiefe Abneigung gegen Raucher, doch bei Gideon verhielt es sich anders. Mal davon abgesehen, dass ich mich nie im Leben trauen würde, etwas zu dem Thema zu ihm zu sagen.
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Mondsteingrau
FanfictionDer Graf ist tot, wirklich und wahrhaftig. Doch durch Gwen und Gideons Eingreifen in die Geschichte hat sich in der Gegenwart so einiges geändert. Was zum Beispiel ist mit Charlotte passiert, die plötzlich regelrecht freundlich geworden ist, und aus...