»10. Kapitel

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„Nicht ziehen!“

Mein Gesicht verzog sich zu einer schmerzhaften Grimasse. Augenblicklich lockerte sich sein Griff. Deutlich entspannter ließ ich die Schultern hängen.

„Tut mir leid.“

Als Entschuldigung berührten Zayns Lippen für einen kurzen Moment die Haut an meinem Hals. Mit angehobenen Mundwinkeln fokussierte ich wieder das Bild, das gegenüber von mir an der Wand hang. Ein fünfzehnjähriger Zayn lächelte mich verträumt an, auf seinem Schoß eine jüngere Version von mir selbst. Auf seinen dichten, schwarzen Haaren thronte eine Pappkrone von McDonalds.

Immer wieder gerne dachte ich an diesen besonderen Tag zurück. Es war mein Geburtstag gewesen und wir hatten uns abends noch zu dem Fast Food Laden geschlichen, da uns Hunger getrieben hatte. Was anschließend passiert war, würde ich nie in meinem gesamten Leben vergessen.

Flashback

 

Geschafft ließ ich mich auf das große Bett fallen. Ich war todmüde, dazu kam noch mein Magen, der sich anfühlte, als würde er gleich explodieren. Vielleicht war es ja doch ein Cheeseburger zu viel gewesen. Zayn streifte sich seine Jacke ab und warf sie achtlos über die Lehne seines Schreibtischstuhls. Ich würde heute bei ihm übernachten, damit wir den Rest meines Geburtstages noch für uns nutzen konnten. Wir hatten Zeit für uns alleine. Ohne nervige Verwandten, die ich überhaupt nicht kannte.

Mein bester Freund krabbelte neben mich. Von einem Seufzer begleitet, ließ er seinen Körper auf die blaue Bettwäsche fallen. Schweigend lagen wir nebeneinander und starrten die Wand über uns an.

„Vielleicht hätten wir die letzte Runde weglassen sollen. Ich beschuldige dich, wenn mein Magen gleich platzt.“

Um die rumorende Magengegend etwas zu besänftigen, hob ich meine Hand und legte sie auf die schmerzende Stelle. Leicht begann ich darüber zu streichen. Augenlider legten sich aufeinander. Vergeblich kreiste meine Hand über die schmerzende Magengegend, doch es schien nicht besser zu werden.

Bis sich eine größere Hand auf meine legte.

Verwundert riss ich meine Augen auf, um zu gucken, was Zayn dabei war zu machen. Als wäre es das normalste der Welt, hob er meine Hand an und legte sie neben mich. Als er kurz zu mir aufblickte, bekam er einen fragenden Blick zugeworfen.

„Lass mich das ruhig machen.“

murmelte er und schob seine durchaus wärmere Hand unter mein T-Shirt. Entspannter schloss ich meine Augen wieder und ließ meinen Kopf wieder tief in das Kissen sinken. Zayns Hand hatte die Temperatur einer Wärmflasche, von daher war es deutlich angenehmer. Gab es eigentlich irgendetwas, was dieser Junge nicht konnte?

Lange Finger begannen in einer kreisenden Bewegung über meinen Bauch zu streichen. Durch die Vorsicht in seiner Bewegung schien sich mein Magen nach kurzer Zeit wirklich etwas abzuregen. Erleichtert seufzte ich leise auf. Es tat verdammt gut.

Die entspannte Haltung löste sich in Luft auf, als ich zwei heiße Lippen spürte, die sich behutsam auf die Stelle links von meinem Bauchnabel pressten. Was war denn jetzt los?

Verwundert sah ich abermals auf. Ich erwischte meine bessere Hälfte dabei, wie er erneut einen Kuss auf meine Haut pflanzte, dieses Mal nur ein Stück höher. Seine Beine waren links und rechts von mir platziert. Ohne meinen verwirrten Blick auch nur etwas Beachtung zu schenken, zogen seine Finger den Saum meines Shirts noch ein Stück höher. Mehr und mehr Haut wurde frei gelegt.

„Zayn, was machst du da?“

Ich wollte ihn stoppen, doch ein merkwürdiges Kribbeln, das durch meinen gesamten Körper fuhr, schien jegliche Reaktionen fest zu halten. Braune Augen trafen auf meine. Die Emotionen in der dunklen Iris, ließen mich erraten, was er vorhatte.

Mein Blick schien mich zu verraten. Langsam bewegte er sich zu mir hoch. Seine Hände platzierte er links und rechts von meinem Kopf. Wie oft hatten wir schon so gelegen. Nur ohne HintergedankenNur dieses Mal schien Zayn andere Pläne zu haben. Als wir jünger gewesen waren, hatten wir uns geschworen, dass der jeweils andere das erste Mal werden sollte. So wie es aussah, war mein Freund gerade dabei, genau dieses Versprechen einzuhalten. Aber wieso ausgerechnet jetzt?

„Rachel, vertraust du mir?“

Die sonstige gute Stimmung, die seine Stimme begleitete, war durch Ernsthaftigkeit ersetzt worden. Verunsichert nickte ich als Antwort. Zayn näherte sich mir ein große Stück. Dabei verließen seine Augen nie meine. Stockend reduzierte sich die Entfernung unserer Gesichter ein weiteres Mal erheblich.

Unsicher schloss der Junge über mir seine schönen Augen. Mit schief gelegtem Kopf beobachtete ich, wie sich seine Lippen spitzten. Lass es einfach geschehen, dachte ich mir und atmete tief ein, wir werden schon darüber reden, wenn es vorbei ist. Diese zwei kurzen Sätze waren die einzigen Gedanken, die ich noch klar bilden konnte, ehe sich unsere Münder sanft aufeinander pressten.

Flashback Ende

 

„Fertig.“

Verwirrt schreckte ich auf. Zayns Stimme hinter mir hatte mich wieder in die Realität zurück gebracht. Schnell warf ich dem Bild, das mich angeregt hatte, mich an mein erstes Mal zu erinnern, einen letzten Blick zu. Langsam drehte ich mich zu ihm um. Was ein Bild nicht für Erinnerungen hervor rufen konnte.

„Deine Haare sind jetzt fertig.“

Stolz wie ein Friseur hielt Zayn mir einen kleinen Spiegel vor die Nase. Er platzierte ihn so, dass ich die Flechtfrisur, die er mir gemacht hatte, betrachten konnte. Beeindruckt betrachtete ich sein Werk. Dieser Junge war unglaublich.

„Wow...Das ist toll!“

Seine Künste meine Haare zu flechten zeigten mir erneut, dass ich nie eine beste Freundin brauchen würde. Wieso sollte ich jemand anderen haben, wenn man Zayn haben konnte? Um meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen, legte ich eine Hand auf seine Wange, und lehnte mich zu ihm herüber. Kurz trafen gespitzte Lippen auf seinen Mundwinkel. Lächelnd musterte er mich kurz.

„Du siehst wunderschön aus.“

flüsterte er verlegen und strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. Verlegen schenkte ich ihm mein bestes Lächeln. Um der peinlichen Situation zu entfliehen, stand ich auf und zog ihn mit mir.

„Du musst dich auch für die Party fertig machen, also hopp!“

Spielerisch schlug ich meinem Fast Bruder auf den Hintern. Lachend kniff er mir im Gegenzug leicht in die Wange. Dann hüpfte er aus dem Zimmer hinaus und verschwand im Badezimmer. Kopfschüttelnd sah ich ihn hinterher. Letz endlich hatte Zayn mich doch dazu überreden können ihn doch auf Harrys Party mitzunehmen. Seufzend hatte ich eingewilligt. Sein Beschützer Instinkt mir gegenüber war manchmal extrem, doch ich fand es wirklich süß.

Ein Klingeln ließ mich aufschrecken. Wer war das denn jetzt wieder? Schnell zupfte ich meinen engen Rock zu Recht und zog das passende Top dazu etwas herunter. Um den späten Besucher nicht lange warten zu lassen, rutschte ich so schnell es ging auf meinen Socken den Flur entlang. Aus dem Badezimmer hörte ich, wie Zayn mit voller Lautstärke irgendein Lied schmetterte. Kichernd lief ich die Treppe herunter.

Er hatte schon immer eine traumhafte Stimme gehabt. Sie hatte diesen bestimmten Klang, der mich jedes Mal aufs Neue verzauberte. Meiner Meinung nach sollte er mehr aus seinem Talent machen, doch leider machte er sich nicht sonderlich viel daraus.  Schwungvoll öffnete ich die Haustür und setzte ein freundliches Lächeln auf. Als ich jedoch sah, wer dort stand, verblasste es schnell wieder.

„Na, wie ich sehe bist du ja schon fertig. Können wir los?“

Rock meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt