»31. Kapitel

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Nachdem sie ihren Satz beendet hatte trat betretenes Schweigen zwischen uns.

Gedankenverloren starrte ich auf meine Hände und zählte meine Finger immer und immer wieder, da es mir irgendwie dabei half die schockierende Aussage zu verarbeiten. Meine Mutter hingegen wandte sich wieder ihrem Essen zu, um darauf zu achten, dass auch nichts anbrannte.

Liam hatte also mal mit ansehen müssen, wie sein bester Freund bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Was war genau passiert, fragte ich mich automatisch und presste meine Augenlider fest aufeinander, was war passiert und wieso gab er sich die Schuld daran?

Unwirklich kam der schwere Verdacht in mir auf, dass es nicht das letzte Mal sein würde, dass ich mich mit diesen zwei Fragen beschäftigen würde.

„Möchtest du Sirup auf deine Pancakes?“

Der Klang der hellen Stimme vor mir riss mich aus meiner Starre. Nur langsam hob ich meinen Kopf an, nur um ihn ein erwartungsvolles Gesicht zu sehen.

„Ich mag keine mehr.“

flüsterte ich einfach und griff nach der unbenutzten Tasse, das auf dem Tisch direkt vor mir stand. Um nicht über Liam oder das geschehene Ereignis weiter nachzugrübeln, nahm ich die Teekanne und schenkte mir selbst etwas von der rötlichen Flüssigkeit ein.

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich den durchdringenden Blick meiner Mutter.

„Seit wann magst du denn keine mehr?“

hörte ich sie verwirrt fragen. Schmunzelnd legte sie ihre Stirn in Falten und legte den Kopf in eine seitliche Position. Ich nahm erst einmal einen großen Schluck, bevor ich ihr antwortete.

„Seitdem du abgehauen bist versucht sich Dad darin, aber bei ihm enden die meisten Experimente direkt im Müll.“

erklärte ich in einfachen Worten und setzte die Tasse mit der Aufschrift Best Mum ever (was nicht gerade der Wahrheit entsprach) wieder an meine Lippen.

Der Ausdruck in Kates Gesicht änderte sich von verwirrt zu angespannt. Mit zusammen gekniffenen Augen konzentrierte sie sich wieder auf das Essen, das in der Pfanne vor sich hin brutzelte.

Vielleicht hatte ich meine Aussage etwas unpassend formuliert, aber das war mir in diesem Moment herzlich egal. Schließlich konnte keiner von uns beiden leugnen, dass sie diejenige gewesen war, die nur Streit und Drama in unsere Familie und besonders zwischen sie und meinen Dad gebracht hatte.

Für eine Weile herrschte wieder Stille zwischen uns, doch dieses Mal machte es mir weniger aus als die davor. Während dieser Zeit nutzte ich die Gelegenheit, um darüber nachzudenken was ich heute machen würde.

Vielleicht faulenze ich ja heute etwas am Strand, überlegte ich und atmete den süßlichen Geruch des dampfenden Getränkes vor mir ein, oder du gehst zu Liam herüber und quetscht ihn über seine Vergangenheit aus.

So schnell wie mir der letztere Vorschlag in den Sinn kam, so schnell war er auch wieder verschwunden. Unwirklich schüttelte ich den Kopf und setzte die Tasse wieder auf den Tisch ab.

So etwas zu tun war eindeutig der Sachen, die auf meiner imaginären No-go Liste ganz dick angestrichen waren. Es wäre äußerst respektlos einfach in sein Haus zu spazieren und mich sofort wie ein hungriges Tier auf ihn zu stürzen und ihn mit Fragen zu bombardieren.

Also muss wohl etwas anderes her, führte ich meine eigentlich sinnlosen Gedankengänge weiter und betrachtete die hell gestrichene Decke über mir. Dann gehst du heute also zum Strand.

„Mum, wolltest du heute eigentlich irgendetwas Besonderes unternehmen?“

erkundigte ich mich deswegen kurzerhand und begann mit dem Teelöffel in meiner Hand zu spielen.

Rock meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt