Kapitel 17

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„Wir waren beide 20 Jahre alt und lernten uns damals über Freunde kennen und lieben. Sie war ein völlig anderer Mensch als der, der sie heute ist. Eigentlich waren wir gar nicht mal so lange zusammen – 1 Jahr um genau zu sein. Zu der Zeit nahm ich schon öfters an Zauber-Weltmeisterschaften teil und trat mit Andreas mal hier und mal da auf. Zu Beginn unserer Beziehung war sie von der Zauberei noch begeistert, aber ziemlich schnell empfand sie es als etwas Kindisches. Sie hat nie wirklich verstanden, was ich daran so faszinierend fand. Ich glaube, sie war froh, dass zu dieser Zeit die Zauberei noch eine Art Hobby war, da ich nebenbei ja noch meine Ausbildung zum Pyrotechniker machte. Viele würden jetzt bestimmt sagen: Was ist das denn für eine Freundin? Ich hätte mich schon längst getrennt, wenn sie mich und meine Träume nicht vollends akzeptiert! Aber ich hätte damals zu diesem Zeitpunkt niemals die Kraft gefunden, mich von ihr zu trennen. Dafür habe ich sie zu sehr geliebt. Wir beide haben uns sehr geliebt. Jedes Mal konnten wir uns kaum voneinander trennen, wenn ich mit Andreas wieder für ein paar Tage unterwegs war. Mit der Zeit wurden die Auftritte mehr und mehr bis wir sogar eine kleine Mini-Tour durch NRW machten. Dadurch wurde auch das Verhältnis zwischen mir und deiner Mutter etwas schwieriger, da es für sie zunehmend zur Belastung wurde. Sie nahm mich und die Zauberei einfach nicht wirklich ernst und hat das Ganze etwas belächelt. Ich kann mich sogar noch gut daran erinnern, dass sie mich einmal ausgelacht hatte, als ich ihr offenbart habe, in Zukunft von der Zauberei leben zu wollen. Die Zeit danach hat sie immer und immer wieder versucht, mir das alles auszureden. Andreas meinte mal zu mir, dass ich blind vor Liebe war, da ich das alles hab mit mir machen lassen. Wahrscheinlich hatte er recht. Irgendwann habe ich es dann auch selbst endlich mal erkannt, da das Verhältnis zwischen uns immer angespannter wurde. Dann habe ich den Schlussstrich gezogen. Unsere Trennung hatte sich mit der Zeit eigentlich auch schon abgezeichnet – es war nur noch eine Frage der Zeit. Ich weiß noch, dass sie eine Woche vor unserer Trennung beim Arzt war. Ich dachte zunächst, dass es ein ganz normaler Routinebesuch war, aber danach war sie irgendwie anders... Ich weiß auch nicht so recht, wie ich das beschreiben soll, aber sie schien etwas überfordert zu sein, aber damals sagte sie nur immer, dass alles okay und in bester Ordnung sei. Heute weiß ich, dass sie beim Arzt erfahren hatte, dass sie schwanger sei. Sie hat mir das vor ein paar Wochen selbst erzählt, als sie plötzlich vor der Halle aufgetaucht ist. Aber sie hatte für sich selbst entschieden, es mir und auch keinem anderen zu erzählen, da unsere Beziehung ja eh schon auf der Kippe stand und sie nicht wollte, dass ich nur wegen dir bei ihr bliebe. Also verheimlichte sie mir alles. Als ich mich dann von ihr getrennt hatte, war das für sie schon ein riesen Schock. Man konnte es ihr anmerken. Im Prinzip hatte sie es wie ich kommen sehen, da es zwischen uns einfach nicht mehr gepasst hatte, aber sie ist trotz alledem aus allen Wolken gefallen. Von da an nahm alles seinen Lauf. Aus ihrer Liebe zu mir wurde Hass. Von unseren gemeinsamen Freunden hörte ich anfangs, dass sie komplett fertig sei und sich negativ verändern würde, verbittert sei und mir an allem die Schuld gab, da für mich die Zauberei wichtiger gewesen wäre als sie. Aber so war es nicht. Ich habe sie anfangs mehr geliebt als alles andere auf der Welt. Ich habe einfach nur mein Hobby intensiv verfolgt und wollte es zu meinem Beruf machen. Aber dennoch stand sie für mich an erster Stelle – bis es zwischen uns anfing zu kriseln. Dann flüchtete ich mich immer mehr in die Zauberei. Es war für mich wie eine Art Ausgleich von dem ganzen Stress. Ich will jetzt auch nicht ihr die komplette Schuld für das Scheitern unserer Beziehung geben, dazu gehören eigentlich immer zwei, aber ich würde schon sagen, dass sie einen großen Anteil trägt. Sie hat immer versucht mich in meinen Wünschen und Träumen einzuschränken. Und das gehört ganz sicher nicht zu einer guten Beziehung dazu. Nach einiger Zeit hatte sie sich dann vollends von unseren gemeinsamen Freunden abgewendet und fortan hatte ich nie wieder etwas von ihr gehört, geschweige denn gesehen..." „Weißt du was ich nicht ganz verstehe? Wie ein Mensch sich so verändern kann... Sie hat mich all die Jahre vernachlässigt und mir kein Stückchen Liebe entgegengebracht. Selbst zum Geburtstag oder zu Weihnachten habe ich nie Geschenke bekommen. Ich habe es immer gehasst, wenn die Zeit wieder gekommen war, da ich wusste, dass es in anderen Familien anders lief... Als ich 6 Jahre alt war, hatte sie mich sogar mal über's Wochenende alleine zuhause gelassen... Die ganzen Tage über musste ich mich von Tiefkühlerbsen ernähren, da sonst nichts im Haus war. Als ich ins Kinderheim kam, war ich sogar etwas untergewichtig, da ich bei ihr nie wirklich was zu essen bekommen habe. Ich musste mich schon als kleines Kind eigentlich immer um mich selbst kümmern... Aber richtig schlimm wurde es erst, nachdem sie einen Freund hatte, der später dann auch mein Stiefvater wurde. Ralf. Für ihn war ich eine riesengroße Last, weißt du. Er hat mich auch immer rumkommandiert ich solle dies und jenes für ihn machen. Ich erinnere mich noch, dass ich ihm eines Tages mal zu langsam war und da ist er völlig ausgerastet. Er schlug eine ganze Zeit lang auf mich ein und verbot mir auch nur einen Mucks von mir zu geben. Das war eigentlich nichts Neues für mich, da er mich eigentlich jeden Tag geschlagen hatte. Aber dann warf er mich eiskalt durch unsere Glastür und Sabine (Mutter) schaute bei all dem zu... Ich lag bestimmt eine Stunde schreiend und weinend vor Schmerzen auf dem Boden ehe sie mich ins nächste Krankenhaus schleifte und denen irgendeine Lügengeschichte auftischen wollte... Das war der Tag, an dem alles aufflog und ich endlich von den beiden wegkam... " Erst jetzt bemerkte ich, wie mir meine ganzen Tränen die Wangen herunterliefen. Gerade kamen einfach all die schlimmen Erinnerungen von früher hoch. Ich wischte mir über die Wangen, aber es kamen immer mehr Tränen... Ich hörte ein Schniefen und sah hoch. Es war Chris, der ebenfalls weinte und mich einfühlsam ansah ehe er mich zu sich zog und mich eng an sich drückte. „Es tut mir so furchtbar leid, Zoë! So leid...! "

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