7 Kapitel

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Strass Steinchen


Beim Elapsieren fing ich machte ich Hausaufgaben. Was für in Schwachsinn. Nach dem Elapsieren wartete Mr George auf mich. Ich brauchte doch kein Kindermädchen. Er erzählte mir, waarum wir jetzt zu Gwen müssten. Aber nach den Worten >Wir gehen hoch zu Gwendolyn< hatte ich auf Durchzug gestellt. Wir gingen also hoch ins Alte Refektorium und bekamen noch mit, wie Gwen ihrem unsichtbaren Tanzpartner die falsche Hand gab.

>>Rechte Hand, rechte Schulter, linke Hand, linke Schulter<<, rief Strass Steinchen zornig. >>Ist das denn so schwer? Sieh doch, wie Charlotte es macht, so ist es perfekt!<< Charlotte war eine Blöde Perfektionistin und jeder wusste das, außer Strass Steinchen natürlich.

>>Oh<<, sagte Charlotte schließlich, wobei sie so tat, als würde sie Mr George und mich jetzt erst sehen. Sie versank in einer Reverenz. Einer sehr tiefen Reverenz. Wenn sie sich noch ein Stück tiefer bücken würde, säße sie auf dem Boden.

>>... weiß nicht, wo rechts und links ist ... ein Ausbund an Plumpheit ... schwer von Begriff ... unmögliches Unterfangen ... dummes Ding ... aus einer Ente kann man keinen Schwan machen ... sie kann keinesfalls auf dieser Soiree bestehen, ohne Aufsehen zu erregen ... sehen Sie sie sich doch nur an!<<

Das taten wir und ich sah, wie Gwen feuerrot wurde. Sie trug einen rot-weiß gestreiften Reifrock zur Schuluniformbluse. Hastig knöpfte sie sich den Rock samt des gepolsterten Drahtgestells ab, dabei fauchte sie noch. >>Ich weiß nicht, warum ich im 18. Jahrhundert über Politik reden muss. Das mache ich doch heute auch nicht - ich habe nicht den geringsten Schimmer davon! Ja und? Wenn jemand mich nach dem Marquess von Dingens fragt, sage ich einfach, dass mich Politik nicht die Bohne interessiert. Und falls jemand unbedingt ein Menuett mit mir tanzen will - was ich für ausgeschlossen halte, da ich ja im 18. Jahrhundert gar keinen kenne - sage ich, nein danke, sehr freundlich, aber mein Fuß ist verstaucht. Das kann ich auch hervorbringen, ohne meine Zähne zu zeigen.<< Gott, sie war so süß ... Gideon reiß dich zusammen du kannst es dir grad nicht leisten dich zu verknallen! Die Mission und der Graf sind viel wichtiger!

>>Sehen Sie nun, was ich meine?<<, fragte Strass Steinchen und rang seine Hände. Wie konnte man nur so überheblich sein? >>Nicht mal der Hauch eines guten Willens - dazu erschreckende Unkenntnis und Talentlosigkeit auf allen Gebieten. Und dann bricht sie wie eine Fünfjährige in Gelächter aus, nur weil man den Namen Lord Sandwich erwähnt.<<

Lord Sandwich? Ach ja ... an den konnte ich mich erinnern. Den hatten wir auch, mit 12. Ich hatte meine Beherrschung auf die Probe bestellt. Charlotte hingegen war total ernst gewesen, als hätte sie es nicht verstanden. Außerdem liebe ich Sandwichs, leider hatte man mir verboten zu sagen: >>Guten Abend Lord Sandwich, sie sehen wirklich köstlich aus<<. Der Arme Mann. Moment, gab es damals überhaupt schon Sandwiches. Wenn nicht, wäre der Name ja total normal gewesen. Oder hatte man Sandwiches nach ihm benannt?

Ich nahm mir vor, dass zu googeln.

>>Sie wird sicher . . .<<, begann Mr George, aber Strass Steinchen schnitt ihm das Wort ab.

>>Im Gegensatz zu Charlotte besitzt das Mädchen überhaupt kein . . . esplieglerie!<< Was?! Musste er jetzt anfangen, mit Fremdwörtern rum zu werfen? Was soll espligelier heißen. Nein, Moment, dass hieß anders. Ach egal.

Charlotte hatte die Musik ausgestellt und sich an den Flügel gesetzt, von wo aus sie mir zulächelte. Ich lächelte zurück, obwohl ich das grad gar nicht wollte. Warum war sie so verdammt fröhlich?

>>Sie bekommen das schon hin, Giordano. Mit Charlotte haben Sie ja eine fachkundige Assistentin. Außerdem haben wir noch ein paar Tage Zeit.<<

>>Und wenn es Wochen wären! Die Zeit reicht niemals, um sie auf einen großen Ball vorzubereiten<< sagte Strass Steinchen. >>Eine Soiree, ja vielleicht, im kleinen Kreis und mit viel Glück, aber ein Ball, möglicherweise sogar in Anwesenheit des Herzogpaars - ganz ausgeschlossen.<< Leute, könnt ihr euch kürzer fassen? Manche Leute wollen heute noch nach Hause.

Charlotte begann am Klavier herum zu klimpern und ich stellte mich neben sie. >>Alles Ok mit dir?<< Das interessierte sie doch nicht wirklich.

>Alles bestens und bei dir?<<

>>Also, na ja den Umständen entsprechend halt. Sag mal, hast du schon die Romeo & Julia Vorstellung besucht?<< Was Habe Ich Getan?! Wer interessiert sich schon für Romeo & Julia? Moment sollte das ein Date sein?

>>Em weißt du ich hab dazu gar keine Zeit, die Wächter, das Studium...<<

>>Etc. Wann anders??<< unterbrach sie mich.

>>Klar.<< sagte ich jetzt und lächelte sie kurz an. Dabei ergänzte ich >Gleich nachdem die Beatles wieder auftreten?<

Und dann plapperte sie schon los, aber das einzige was ich mitbekam war: Bla, Bla, Bla ... Gwen kleines Kind ... Bla, Bla, Bla, linke Füße, bebisch ...

War bebisch ein Wort? Also ein richtiges Wort? Ich glaube nicht! Oder?

Ich verdrehte innerlich die Augen, bitte lass sie keine Frage stellen, sonst würde sie merken, dass ich nicht zuhörte.

>>Ach und Charlotte: Mrs Jenkins hat dir einen Wagen gerufen, du kannst für heute Feierabend machen.<< JJJJAAAAA!!! Wohoo. Wohoo. Wohoo.

Charlotte hörte auf zu spielen. >>Ja, Mr George<<, sagte sie höflich, dann legte sie ihren Kopf schief und lächelte mich nochmal an. >>Hast du jetzt auch Feierabend?<<

Ja, schon. Aber ich will nicht. Ok. Ich gebe zu, das klang kindisch, aber ... ich will einfach nicht.

Ich schüttelte den Kopf. >>Nein. Ich werde Gwendolyn begleiten.<<

Charlotte und Gwen guckten sicher gleichermaßen verblüfft.

>>Wirst du nicht<<, sagte Mr George >>Du hast dein Kontingent für diesen Tag längst erfüllt.<< Ach, auf einmal interessierte die Wächter das Pensum. Ansonsten war das doch auch egal.

Die sollte jemand mal durchschauen.

>>Und du siehst erschöpft aus<<, sagte Charlotte. >>Was auch kein Wunder ist. Du solltest die Zeit lieber nutzen, um zu schlafen.<< Naja schon, aber dazu werde ich nicht kommen, wenn ich Zeit mit ihr verbringen würde. Wenn ich jetzt ginge, würde sie mich nie gehen lassen.

>>Ohne mich verbringt Gwendolyn vier vollkommen sinnlose Stunden im Keller. Würde ich mitkommen, könnte sie in der Zeit etwas lernen.<< Mit einem leichten Lächeln setzte ich hinzu: >>Zum Beispiel, wie man links und rechts auseinanderhält. Das mit dem Menuett muss doch hinzukriegen sein.<< Mit mir sollte es besser gehen, als mit der Luft.

>>Vergebene Liebesmüh<<, sagte Strass Steinchen. Konnte er sich nicht einmal raushalten.

>>Ich muss meine Hausaufgaben machen. Außerdem ist morgen mein Shakespeare-Aufsatz fällig.<< Was haben die immer Shakespeare ich mein der Typ ist seit Ewigkeiten tot. Ok, der Graf auch, aber ... trotzdem.

>>Dabei kann ich dir auch helfen<<, sagte ich und sah Gwen an.

Mr George zuckte mit den Schultern.>>Von mir aus. Dann ist Gwendolyn nicht so allein und muss sich nicht fürchten.<< Endlich versteht mich jemand.

>>Ich bin eigentlich ganz gern mal allein. Vor allem, wenn ich den ganzen Tag unter Leuten war, so wie heute.>>

>>Ach ja?<<, fragte Charlotte spöttisch. >>Und so richtig allein bist du ja auch nie, du hast ja immer noch all deine unsichtbaren Freunde, nicht wahr?<< Unsichtbare Freunde? Klingt Lustig, so ist man nie allein.

Moment, jetzt begann ich schon wieder damit, sie zu verteidigen. Ich war nicht verliebt! Also verteidigte ich sie auch nicht. Unsichtbare Freunde sind kindisch und albern. So!

>>Genau. Gideon, da würdest du nur stören.<< Versucht sie gerade mich los zu werden. Gemein!

Ich ging schnell zur Tür und hielt sie Gwen und Mr George bereits auf. >>Komm schon, Gwendolyn! Auf ins Jahr 1953!<<


Saphirblau - Gideons SichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt