❝Everything you want is on the other side of fear.❞
-Jack CanfieldSeine schweren Schritte ließen den alten Dielenholzboden unter seinem Gewicht ächzen, während er sich mir schwankend näherte. Wissend, was nun gleich geschehen würde, wich ich zitternd zurück. Doch wo sollte ich hin? Ich konnte nicht mehr weiter, ich stand mit dem Rücken zur Wand. Obwohl er noch über einen Meter vor mir stand, roch ich den Alkohol bis hierher. Ich hatte so gehofft, er würde diesem verdammten Zellgift endlich abschwören. Ich hatte gedacht, er wäre stärker als die Sucht, aber ganz offensichtlich hatte ich mich in ihm geirrt. Sein Blick glitt über meine Gesichtszüge, während ich ihn mit vor Schreck geweiteten Augen dabei beobachtete. Ich zuckte zusammen, als er seine Hand hob, um mir damit sanft über die Wange zu streichen.
Mein Atem ging unsagbar schnell und stumme Tränen rannen über meine Wangen, während ich mit zusammen gekniffenen Augen auf den altbekannten Schmerz wartete. Doch alles, was ich spürte, waren Marcs kalte Finger, die liebevoll meine Tränen wegwischten. Verwundert öffnete ich meine Augen und erneut blickte ich in die seinen. Sie waren voller väterlicher Liebe und für einen Augenblick, für eine winzige Sekunde, glaubte ich, meinen Vater nun endlich zurückzuhaben. Doch dann war diese kindische Illusion vorüber. Sein Blick verhärtete sich und der alkoholabhängige, schwache Mann kam wieder zum Vorschein. "Du bist nicht sie, wie könntest du auch. Du bist nicht meine Tochter, du warst es nie und wirst es auch niemals sein. Ich wünschte, eure Rollen wären vertauscht." "Dad, bitte!", flehte ich.
"Ich bin nicht dein Dad!", brüllte er mir nun ins Gesicht. Und schon im nächsten Moment spürte ich auch den Schmerz, auf den ich schon die ganze Zeit gewartet hatte. Ich konnte das knirschende Geräusch laut und deutlich hören, als seine geballte Faust auf meinen Kiefer prallte. Meine Sicht verschwamm und alles drehte sich. Kurz danach spürte ich auch schon den nächsten Schlag, dieses Mal in den Bauch. Stöhnend sank ich zu Boden und presste meine Hände auf die schmerzende Stelle. Er trat zu, immer und immer wieder, bis ich glaubte, ich müsste zerreißen. Gerade dann, als ich glaubte, es könne nicht mehr schlimmer kommen, hörte ich ein klirrendes Geräusch, wie berstendes Glas. Und das war es schließlich auch, noch bevor ich etwas tun konnte, spürte ich, wie sich die Scherben in meine Haut bohrten. Das war das letzte was ich fühlte, bevor die Dunkelheit mich von meinen Schmerzen erlöste. Das und die Trauer um meinen liebevollen Vater, der Marc einst gewesen war.
Schwer schnaufend wachte ich auf. Ich zitterte am ganzen Körper und es fühlte sich an, als wäre es gestern gewesen. Ich fühlte genau, wo mich seine Fäuste getroffen hatten, fühlte den Schmerz, den er verursacht hatte. Ich konnte nicht anders, die Tränen erkämpften sich ihren Weg an die Freiheit und ein Wimmern entfuhr mir.
Ich schreckte hoch, als die Tür zu meinem Zimmer aufgeschlagen wurde und ein verstört wirkender Mann hereinstürmte. Es dauerte allerdings einen Moment bis ich ihn als niemand geringeren als Darian identifizieren konnte. Seine Augen suchten nach den meinen und als unsere Blicke sich endlich trafen, konnte ich den Schreck in ihnen sehen.
Er kam kurzerhand auf mich zu und nahm mich tröstend in den Arm, aber das hatte wohl nicht den gewünschten Effekt, den er beabsichtigt hatte. Ich stieß ihn von mir und wollte schon aufspringen, um Abstand zwischen uns zu bringen, doch Darian war schneller. Er packte mich am Handgelenk und zog mich zurück zu sich, bis ich schließlich auf seinen Schoß plumpste. Er drückte mich fest an seine Brust und übte mit seinen Armen, die er um meinen Oberkörper geschlungen hatte, Druck aus. "Lass mich los, verdammt!" Ich schrie aus Leibeskräften und wand mich unter seinem Griff, aber er war zu stark. Das Blut schoss wie Feuer durch meine Venen und ich begann zu hyperventilieren. Erneut versuchte ich, mich zu befreien, schlug um mich, schrie, doch nichts davon half. Im Gegenteil- es wurde immer schlimmer, bis ich das Gefühl hatte, zu ersticken. "Beruhige dich, Florence! Du hast eine Panik-Attacke. Alles wird wieder gut. Ich bin hier", versuchte er mich zu beruhigen.
Er wippte uns hin und her, immer wieder beruhigende Worte an mein Ohr murmelnd. "Ich bin hier, Florence. Ich bin da." Auf eine seltsame Art und Weise beruhigten mich seine Worte tatsächlich und ich spürte, wie die Flammen in meinem Inneren langsam aber sicher zu einem ruhigen Glimmen verebbten. Meine Muskeln entspannten sich allmählich unter dem Druck, den Darian auf meinen Oberkörper ausübte.
Erschöpft lehnte ich mich an Darians Brust und schloss meine Augen. Sein holziger Duft umhüllte mich und mich überkam ein seltsames Gefühl der Geborgenheit. Etwas, was ich noch nie zuvor in meinem Leben hatte fühlen dürfen. Auf der einen Seite genoss ich dieses Gefühl, auf der anderen war es beängstigend. Aber allem voran verwirrte es mich, dass es Darian war, der mir dieses Gefühl vermittelte. Der Darian, der Bücher nach ihrem Langweiligkeitsgrad ordnete. Darian, der hilflose Jungen in den Pausen verprügelte. Darian, der mich schlichtweg mit jedem Wort zur Weißglut bringen konnte. Darian, der mich nach Hause gefahren hatte, der mich vor dem Nebel gerettet hatte, der mich gerade schützend im Arm hielt. Wenn man mal ehrlich war, hatte ich keine Ahnung, wie ich empfinden sollte.
Er wippte uns hin und her, noch immer eine Art Beruhigungs-Mantra murmelnd und erst jetzt realisierte ich, dass ich auf seinem Schoß saß- und begann prompt, mich unwohl zu fühlen. Der Druck seiner Arme hatte nun keine beruhigende Wirkung mehr auf mich, nein, er fühlte sich jetzt schon eher beengend an. Eine derartige Nähe war ich nicht gewohnt.
Vorsichtig lehnte ich mich ein Stück nach vorne, um ihm zu signalisieren, dass er mich nun wieder loslassen konnte, ohne, dass ich erneut um mich schlagen würde. Es dauerte nur einen winzigen Augenblick und seine Arme waren nicht länger um meinen Körper gelegt. Stattdessen hob er mich vorsichitig von seinem Schoß, sodass ich jetzt etwas perplex neben ihm auf meinem Bett saß.
"Ähm...danke", brachte ich schließlich nach schier unendlichen Minuten des Schweigens hervor. Darian nickte nur zur Antwort und so verfielen wir erneut in Schweigen, ein sehr unangenehmes Schweigen.
"Du... du hast geschrien", sagte er schließich mit einem hinterfragenden Unterton in der Stimme als die Stille unerträglich geworden war. Blitzmerker. "Was ist passiert?", folgte schließlich die unvermeidliche Frage, auf die ich keine Antwort parat hatte, abgesehen von der Wahrheit. "Nur ein schlechter Traum", meinte ich schulterzuckend und hoffte inständig, dass er sich damit zufrieden geben würde.
Der Ausdruck in seinen Augen bestätigte mir, dass er es tat- vorerst. Denn das Zucken seines Kiefermuskels verriet mir, dass er gewiss nicht bereit war, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Und das bereitete mir große Sorgen- so groß, dass ich mir nicht anders helfen konnte, als einen möglichst großen Abstand zwischen den Elben und mich zu bringen.
Darian rief noch meinen Namen, aber ich war schon aus dem Zimmer gestürmt, auf dem Weg in ein Unglück nach dem anderen.
Ich bin in letzter Zeit eindeutig in Darence-Laune...aber ich verspreche, dass die nächsten Kapitel wieder mehr Handlung innehaben werden. Bis dahin: viel Spaß beim Leben, Lesen oder was auch immer. Lasst mir einen Kommentar da;)
xx nightfallight
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Destruction
Science FictionZuvor hieß diese Geschichte 'Dragon Blood'. Das hier ist eine Art Reboot. Viel Spaß! 'Things we lost to the flames Things we'll never see again All that we've amassed Sits before us, shattered into ash' Eis und Feuer. Zwei natürliche Gegensätze. Wer...