Kapitel Zwölf

1.4K 67 4
                                    

KAPITEL ZWÖLF

Es dauerte ungewöhnlich lange, bis Marlene Kaffee und Tee, gemeinsam mit einem Zuckerstreuer und einem Milchkännchen auf einem Tablett angerichtet hatte, was nicht zuletzt daran lag, dass sie sich Zeit ließ. Sehr viel Zeit.

Erst als Harrys rothaarige Begleitung ihr den dritten ungeduldigen Blick zuwarf, nahm Marlene das Tablett seufzend in die Hände und ging zu dem Tisch, den die beiden sich ausgesucht hatten - im hinteren Teil des Cafés, wofür Marlene dankbar war, denn somit lagen sie nicht direkt in ihrem Sichtfeld.

„Bitte sehr“, sagte sie knapp und mit einem angestrengten Lächeln auf den Lippen, während sie Tee und Kaffee servierte. Sie wollte sich gerade aufrichten und zurück hinter den Tresen gehen, als das Mädchen den Mund öffnete und sie zurückhielt.

„Du kannst ruhig nach einem Autogramm fragen.“

Marlene verschluckte sich an der Luft, die sie einatmete und musste husteten, bevor sie etwas erwidern konnte. „Wie bitte?“, brachte sie etwas kurzatmig hervor.

„Ich meine nur, dass du keine Angst haben musst. Harry gibt dir sehr gerne eins“, sprach das Mädchen weiter und tätschelte dabei Harrys Hand, die regungslos auf dem Tisch lag. Sein Gesicht wirkte blank.

„Ähm“, begann Marlene noch immer vollkommen überrascht. „Ich möchte kein Autogramm, wirklich nicht.“

Das Mädchen verdrehte die Augen. „Natürlich nicht“, sagte sie und klang dabei wie eine Mutter. Marlene fielen beinahe die Augen aus dem Kopf -  dieses Gör war wahrscheinlich gerade so 18 Jahre alt und sprach mit ihr, als hätte sie ihr ein Lebensalter an Erfahrungen voraus. „Komm schon, Harry, unterschreib ihr was. Hier, nimm die Serviette.“

Harry wirkte ebenso fassungslos wie Marlene. „Debbie, wenn sie nichts will -“

Das Mädchen, Debbie offensichtlich, fiel ihm ins Wort und wirkte plötzlich nicht mehr so süß und höflich. „Jetzt unterschreib endlich, damit wir in Ruhe Kaffee trinken können und sie uns nicht die ganze Zeit schmachtende Blicke von der Theke zuwirft, okay?“ Ohne Harrys Protest gelten zu lassen, drückte sie ihm einen schwarzen Filzstift in die Hand, den sie eben aus ihrer Tasche gezogen hatte, und klatschte eine der beigefarbenen Servietten des Cafés auf den Tisch vor ihn.

Marlene stand der Mund offen. Anschmachten? Sie? Harry Styles? Sie spürte, wie brodelnde Wut in ihrem Magen aufstieg. Sie tolerierte ja viele Dinge ohne ein Wort des Widerspruchs zu äußern, aber ganz sicher ließ sie sich nicht unterstellen, dass sie diesem Idioten auch nur für eine Millisekunde schöne Augen machte.

Bevor sie Debbie jedoch ihre Meinung ins Gesicht sagen konnte, hielt ihr Harry mit einem nahezu verlegenen Gesichtsausdruck die Serviette vor die Nase. Marlene sah ihn ungläubig an - er konnte wohl nicht erwarten, dass sie sein Autogramm annehmen würde, oder? Doch dann wurden seine Züge weicher und in seinen Augen lag etwas bittendes, und mit dem giftigsten Blick den sie aufbringen konnte und mit vor Wut bebenden Händen schnappte sie nach der bescheuerten Serviette. Dann drehte sie sich abrupt um und lief zurück zum Tresen.

Sie meinte zu hören, dass Debbie etwas flüsterte, dass sich verdächtig nach „undankbar und unfreundlich“ anhörte, aber sie schaute nicht zurück. Als sie sicher hinter der Kasse stand und einige tiefe Atemzüge genommen hatte, spürte sie, wie sich der Knoten der Anspannung in ihrem Bauch lockerte.

Ohne einen Blick auf die Serviette, riss sie das Papierstück in zwei und schmiss es in den nächsten Mülleimer. Ihr Kopf zuckte nach oben, als sie spürte, wie Augen in ihrem Nacken brannten und sie sah, wie Harry der Bewegung ihrer Hände folgte und beobachtete, wie sie die Papierfetzen im Müll verschwinden ließ. Er wendete sich jedoch ab, bevor Marlene irgendeine Regung in seinem Gesicht lesen konnte.

here is the deepest secret nobody knows [One Direction / Harry Styles]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt