Kapitel 9

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Geweckt werde ich von meinem Wecker. Unterbewusst mache ich ihn wieder aus, und schlafe wieder ein.

"Lina! Du musst zur Schule!", höre ich die Stimme meiner Mutter. Sie klingt leicht verärgert.
"Nein, bitte Mama, ich will nicht zur Schule, ich bin krank!", lüge ich.

Ich habe echt keine Lust zur Schule zu gehen.

"Lina, du gehst jetzt auf der Stelle zur Schule! Du bist jetzt schon zu spät, da wirst du auch nicht zu
Hause bleiben!", sagt sie streng.
Ich sehe auf die Uhr. 9:25 Uhr. Ich bin verdammt spät.
Ich verstehe nicht, warum es sich jetzt noch lohnen sollte zur Schule zu gehen?

Meine Mutter geht aus dem Zimmer und ich ziehe mich an.
Ich werde nicht zur Schule gehen!
Ich werde schwänzen. Ich hab noch nie geschwänzt, dass ist mir jetzt aber auch egal.

Damit meine Mutter keinen Verdacht schöpft, packe ich meine Tasche statt Schulsachen mit Sportsachen, Kopfhörer, Steffs Tagebuch und etwas Süßes.

Ich setzte mich zu Melinda an den Frühstückstisch, und esse etwas.
"Lina, ich weiß Steffanies Tod macht dich sehr zu schaffen, aber dein Leben geht weiter, und du musst loslassen!", sagt Melinda ernst.

"Ist schon mal deine beste Freundin gestorben?" , frage ich wütend.

Melinda kann es gar nicht beurteilen! Steff war meine beste Freundin, ich habe sie geliebt!
Nein, ich liebe sie immer noch!
Ich war immer glücklich, wenn ich in ihrer Nähe war. Ich habe immer die Zeit vergessen, wenn wir geredet haben. Ich habe sie so sehr geliebt, wenn ich könnte wäre ich am liebsten an ihrer Stelle gestorben!

"Nein", flüstert Melinda
"Dann tu nicht so als ob du mich verstehen würdest! DU HAST NÄMLICH KEINE AHNUNG, WIE ES IST, WENN DEINE BESTE FREUNDIN STIRBT!" , schreie ich Melinda an.
Sie hat Tränen in den Augen, aber versucht sie nicht zu zeigen.
"Lina, bitte! Ich vermisse dich! Du bist nicht mehr du selbst seit ihren Tod. Früher hättest du mich nie angeschrien. Du bist...",
ich unterbreche sie.
" Weißt du was! Mir ist egal, was du denkst! Mir ist egal, was Mama und Papa denken! Mir ist ALLES egal, denn IHR wisst gar nichts! Aus meinem Leben, aus meinen Gedanken! Gar nichts! Und deswegen gehe ich jetzt!"

Wortlos nehme ich meine Tasche und Jacke, und gehe aus der Tür heraus.
Ich höre, wie Melinda verzweifelt meinen Namen ruft, und mir hinterher läuft, doch ich knalle die Tür vor ihrer Nase zu.
Schnell renne ich zu meinen Fahrrad und fahre los.

Am Anfang fahre ich in irgendeine Richtung. Melinda folgt mir nicht.
Nach 20 Minuten stehe ich irgendwo in einen Wohngebiet, und habe keine Ahnung, wo ich mich befinde.
Ich könnte den selben Weg zurück fahren, aber ich habe vor Wut nicht auf den Weg geachtet. Also beschließe ich einfach weiter zu fahren.

An einem Kinderspielplatz stelle ich mein Fahrrad hin und setzte mich auf die Schaukel. Langsam lasse ich mich hin und her schwingen.

Aus irgendeinem Grund bin ich gerade total wütend.
Auf Melinda, Steff und eigentlich auf die ganze Welt!

Aufgebracht springe ich von der Schaukel, und trete gegen mein Fahrrad.

Es ist... ich meine, ich kann es nicht verstehen. Wieso ist gerade alles kompliziert?
Ja klar, meine beste Freundin, meine Schwester, ist gestorben. Aber ich weiß nicht! Es macht mich furchtbar traurig, und es ist das schlimmste, dass ich je erlebt habe. Aber momentan ist da noch etwas anderes, etwas das mir die Lust verdirbt. Ich versuche doch momentan normal zu sein, aber ich schaffe es nicht.

Normal, was heißt in meinem Sinne normal? So wie der Durchschnitt? Oder so wie ich vorher war?

Ich trete wütend das Gras weg, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spüre.
Es ist Tom, Tom Heise!

15 WishesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt