Kapitel 15

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Nick

In den Osterferien habe ich mich sehr oft mit Marie getroffen. Jedoch weiß ich nicht, ob das unbedingt positiv ist. Natürlich macht es sehr viel Spaß, sich mit ihr zutreffen doch es verwirrt meine Gefühle immer stärker.  Ich mag Marie jedes Mal mehr, ich kann gar nicht beschreiben wie sehr sie mir ans Herz gewachsen ist  und trotzdem denke so oft an Steff, wenn ich sie küsse. Ich versuche immer wieder, das zu unterlassen, doch es funktioniert einfach nicht.  Bin ich in Marie verliebt? Ja, irgendwie schon, ich will immer in ihrer Nähe sein und sie bei mir haben.

Doch ich liebe eigentlich Steff. Oder nicht ? Ich kann ja nicht beide lieben. Die ganze Nacht habe ich darüber nachgedacht und habe immer noch keine Antworten ...

Ein Klopfen reisst mich aus meinen Gedanken.

"Ja, Mama, komm rein", sage ich leicht genervt von meinem Bett aus.

Die Tür wird geöffnet und Li kommt herein.

"Hallo, Sohn." , sagt sie und grinst mich an.

"Oh, ähm, hallo Li,  was machts du denn hier?",  frage ich und nehme sie in den Arm.

Mir fällt auf,  dass sie etwas anderes aussieht als sonst. Die langen rotblonden Haare, die sie sonst immer offen trägt, hat sie in einem lockeren Dutt hochgesteckt. Außerdem sieht sie etwas müde aus. Dunkele Augenringe zeichnen sich deutlich auf ihrer etwas blasseren Haut ab.
Aber es ist noch etwas anderes. Lina bemerkt meinen Blick und sagt: "Ich war heute mit Mama shoppen. Die Schuhe und Jacke sind neu."

"Cool", gebe ich nur von mir und lege meine Buch weg, welches ich gelesen habe, bevor ich über meine Beziehungen zu Steff und Marie gerätselt habe.

Sie stellt ihre Tasche an der Tür ab und legt sich auf meinen Teppich.
"Mein Bett ist groß genug", sage ich während ich mich strecke. Müde bin ich auch. Doch Li antwortet nicht. Sie liegt mit angewinkelten Beinen und geschossenen Augen auf dem Boden. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig.
Ich wende mich wieder meinen Buch zu und Stille kehrt ein.

"Glaubst du, dass ihre Saiten gerissen sind?", sagt Li nach einer Ewigkeit.
Verwirrt schaue ich sie über den Rand meines Buches an.
Sie liegt immernoch so da wie vorher, nur dass sie nun ihren Kopf zu mir gedreht hat, und mich ansieht.

Ich verstehe nicht, was Li meint. Also mit 'Sie' ist Steff gemeit und den Rest verstehe ich auch irgendwie, aber halt nicht den Zusammenhang.

"Ich meine, in ihrem Tagebuch kommt sie sehr pessimistisch rüber, aber so war sie doch nicht, oder? Mir gegenüber war Steff immer schön und verrückt. Und sie hat immer diesen schönen und verrückten Dinge getan. Ich kann sie mir gar nicht anders vorstellen. Halt nur so!
Aber vielleicht hatte sie schon vorher Risse oder ihre Saiten waren schon gerissen. Oder sie war wie ein Papierschiff, welches zu lange in Wasser geschwommen ist. Und dann wurde sie rausgeholt, in die wahre Welt mit dem Tumor, und sie zeriss!", Li's Blick durchbort mich.

Ich schweige. Ich lasse mit Zeit das zu überdenken.

"Vielleicht. Und ohne der Tumor wäre sie einfach ertrunken?", frage ich nach, nachdem ich es mehr oder weniger verstanden habe.

"Ich glaub, ertrunken wäre sie so oder so!" 
"Was genau meinst du mit ertrinken? Ich kann mir schon was denken, aber es kann ja sein, das du das total anders meinst als es bei mir ankommt.", meine ich, während ich an ein Gesprächsmodell aus dem Englischuntericht denke.

"Es gibt verschieden Arten zu ertrinken. Ich meine es nicht so, wie wenn man in Liebe ertrinkt, sonder eher wie ein Schiff oder ein Mensch in Wasser! Man kann in anderen ertrinken, dann will man jemand anderes sein, als man selbst. Das ist meiner Meinung nach die häufigste Art. Es ist selten, dass man der ist, der man ist.  Aber man kann auch anders ertrinken.
Wenn du Depressionen hast, dann ertrinkst du auch: an Trauer. Man kann auch gerettet werden. Ich hoffe du verstehst, was ich meine!", erklärt sie.

15 WishesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt