28 memories.

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LOUIS

 „How long is forever?"

 „Sometimes just one second."

[ Alice & White Rabbit ]



Das Erste, was ich am Morgen vermisste, war Eleanor neben mir zu wissen. Mir fehlte ihre Wärme, ihr ruhiger Atem, der Geruch, den sie im Raum verteilte und ihr niedliches Seufzten, dass ihr auf den Lippen lag, wenn sie sich drehte.

Von heute auf morgen war alles weg.

Wie in Trance hatte ich Harry angerufen und ab da einen Blackout. Ich wusste nicht, wann Eleanor abgeholt worden war, wer sich um die Jungs kümmerte und ihnen alles erklärte.

Ich wusste nur... sie war nicht mehr da und sie riss eine ganze Welt mit sich.

Ganz so, wie sie es wollte, wurde Eleanor in einem Begräbniswald beerdigt. Zuerst hatte ich das nicht verstanden, bis sie mir erklärte: „Ich möchte, dass ihr an mich denkt und wann immer ihr durch den Wald geht, ein wenig Trost spürt. Die Vorstellung hat doch etwas wirklich Romantisches, dass ich euch so von jedem Ort auf der Welt Trost spenden kann."

Scheiß auf Romantik.

Das Einzige, was ich wollte, war sie wieder haben.

Als sie beerdigt wurde, da hatte ich das Gefühl, dass der Wald voller Menschen war. Unzählige Gesichter kannte ich nicht einmal. Alle sprachen sie mir ihr Beileid aus. Doch was wollte ich damit? Sie brachten mir Eleanor nicht zurück.

Unaufhörlich prasselte heftiger Regen auf uns herunter und überall waren schwarze Schirme zu sehen. Außer bei Max. Er hatte einen bunten geöffnet, in allen Farben eines Regenbogens und in diesem Augenblick war ich unheimlich froh, dass er da war. Denn so dämlich das auch klang, diese bunten Farben sorgten dafür, dass ich mich irgendwo dran festhalten konnte.

Die Worte des Pastors vernahm ich kaum, es war, als hätte ich ein Rauschen im Ohr. Nicht einmal die Kälte, die an meinen Beinen empor kroch, empfand ich als unangenehm.

Regungslos saß ich nach dem Leichenschmaus auf der Couch, auf jener sie einfach so eingeschlafen war. Schwarz gekleidete Menschen schob sich von A nach B. Es roch nach Essen und Kaffee und gedämpfte Stimmen waren zu hören.

„Viel zu früh..."

„Zwei Kinder..."

„...ja, ich hätte auch nie..."

„So schnell kann es gehen."

Mir war das Gerede egal. Mir war offen gesagt alles egal.

Das Gefühl der Taubheit kroch durch meine Adern und ich zuckte zusammen, als ich eine warme Hand vernahm, die sich auf meine legte. Ich hob den Kopf und sah Briana an.

„Louis, möchtest du nach den Jungs sehen?"

Ach ja... Robin und Robert. Ich sollte vielleicht mit ihnen sprechen und mich um sie kümmern. Doch statt das ich aufstand, blieb ich einfach nur sitzen. Denn was sollte ich ihnen sagen? Ich wusste ja selbst kaum, wie ich es laut aussprechen sollte.

Irgendwann gingen die Trauergäste. Es wurde leiser. Am Rande vernahm ich Eleanors Eltern, meine Mutter, all meine Geschwister. Aber am liebsten wäre es mir, wenn sie alle gingen und nie wieder kämen.

Nachts lag ich lange wach und starte an die Decke. Meine linke Hand war ausgestreckt, so als würde ich hoffen auf der anderen Bettseite Eleanor zu wissen. Doch sie war nicht mehr da. Morgens wurde ich wach von Stimmen.

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