4. Draco Malfoy

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Selbstverständlich erzähle ich Tamina nicht jede Einzelheit von dieser Nacht. Und schon gar nicht, dass ich noch einmal gehen werde. Doch sie weiss nun, dass sie sich keine Sorgen um ihr Leben machen muss. Ich hoffe bloss inständig, dass Malfoy zu seinem Wort steht.

Terry hört erst jetzt, am Frühstückstisch, von der Geschichte und ist alles andere als begeistert. „Sag mal, spinnst dir. In der Nacht rauszugehen ist ja schon dumm, aber sich dann noch mit einem Slytherin zu treffen... das ist einfach nur— nur... Ich bin einfach sprachlos." Er starrt mich noch weiterhin mit offenem Mund an, sodass ihm das Müsli fast rausfällt. „Du hättest doch genau das selbe getan", kontere ich bloss. Er schliesst wieder seinen Mund und nickt niedergeschlagen. Wenn es um mich oder Tamina gegangen wäre, hätte er wirklich genau das gleiche getan. „Ich habe nie gesagt, dass ich besonders gut bin, in gute Entscheidungen treffen", murmelt er, scheint jedoch ein wenig Verständnis zu zeigen. „Und, wie wars?", fragt er in einem Tonfall, der genau zeigt, dass er es nicht wirklich wissen will. Also zucke ich bloss ablenkend mit den Schultern und esse weiter mein Frühstück.

Auf einmal geht die Tür der Grossen Halle auf und eine ganze Gruppe Slytherins treten ein. Malfoy an der Spitze. Er wirft mir einen Blick zu und plötzlich bin ich sehr an meinem Müsli interessiert. Obwohl die Schale schon fast leer ist. Angestrengt starre ich in die trübe Milch und gebe mein bestes, nicht aufzuschauen. Bloss nicht Blickkontakt aufbauen. Nach ein paar Minuten fühle ich mich sicher genug, einen ganz kurzen Blick zu Slytherins zu werfen. Grosser Fehler. Malfoy hat mich fixiert und als er merkt, dass ich ihn anschaue, fängt er wieder an zu grinsen.

„Wollen wir gehen? Ich glaube jetzt haben wir Zaubertränke, oder?" Terry zieht seinen Stundenplan nach vorn und studiert ihn mit dem Löffel im Mund. „Ja, mit den Flytherinf", sagt er undeutlich. Na toll. Tamina ist schon aufgestanden und schaut immer wieder über ihren Rücken zum Slytherintisch, als ob jeden Moment ein Fluch auf sie abgeschossen werden könnte. Wenn ich es mir recht überlege, könnte das tatsächlich sein. Also ziehe ich Terry am Kragen hoch, der sich noch schnell einen Toast schnappt und dann treten wir zusammen aus der Halle. Während wir uns unterhalten, gehen wir die Treppen zum Kerker runter. Mit jedem Schritt wird es kälter und ich ziehe meine Jacke etwas enger um mich. Snape ist schon da und vor ihm steht ein zischender Kessel. Als wir eintreten und Plätze ziemlich weit hinten einnehmen, schaut er kurz auf. Doch ohne etwas zu sagen, schaut er dann wieder auf den Trank, den er braut und beachtet uns nicht weiter. Uns drei ignoriert er eigentlich immer. Wir sind weder sonderlich schlecht noch super gut. Also sind wir ihm egal.

Immer mehr Schüler tröpfeln rein, doch Snape macht sich nicht mehr die Mühe, aufzuschauen. Erst als die übliche Slytherinclique eintritt und Pansy quietscht: „Guten Morgen, Prof. Snape" steht er auf und bekommt sogar noch ein zähnefletschendes Lächeln zustande. Ist wohl sein freundlichstes, das er hinbekommt. Kaum haben sich Malfoy, Pansy, Zabini, Crabbe und Goyle hingesetzt, fängt er mit dem Unterricht an, obwohl noch gar nicht alle da sind. Er scheint wohl bloss auf seine Lieblingsschüler zu warten. „Heute brauen wir einen Trank, der als der Schwebetrank bekannt ist. Kann mir jemand den richtigen Namen nennen?" Zögerlich strecke ich die Hand hoch, doch Snape „übersieht" mich. „Ja, Mr. Zabini?" „Natantis Bibit", sagt er mit träger Stimme. „Zehn Punkte für Slytherin." Er schreibt die Zutaten mit einem Schlenker seines Zauberstabs an die Wandtafel und wir fangen an.

Snape ist wie immer einigermassen zufrieden mit meiner Lösung, hat jedoch wie immer etwas auszusetzen. Es ist offenbar nicht durchsichtig genug. Doch als Malfoy noch kurz an unserem Tisch vorbeiläuft schaut er in meinen Kessel und nickt anerkennend. Sein Trank ist absolut weiss. Verwirrt schaue ich weg und starte einen schwachen Versuch, mit Terry ein Gespräch anzufangen und ihn zu ignorieren. Mich streift etwas am Rücken und ich zucke zusammen. Blitzschnell drehe ich mich um und kann gerade noch sehen, wie Malfoy wegläuft und sich wieder hinsetzt.

Die ganze Woche hindurch passieren solche Sachen und ich bin immer verwirrter. Immer wieder streift er mich oder macht mir ein Kompliment. Immer so, dass nur ich es mitbekomme.

Und heute ist der Tag gekommen, an dem ich mich ihm endlich stellen kann. Also mache ich mich am Montag um Mitternacht wieder auf den Weg. Den Zauberstab habe ich schon in der Hand um auf alles vorbereitet zu sein. Doch als ich ankomme, ist er noch gar nicht da. Also lehne ich mich an die Wand und warte. Leider habe ich keine Uhr dabei, also habe ich keine Ahnung wie lange ich schon hier stehe.

Auf einmal fliegt mein Zauberstab aus meiner Hand. Voller Schrecken wirble ich herum und sehe Malfoy, der nun um die Ecke stolziert kommt. Er hält siegreich meinen Stab in die Höhe. „Hallo Süsse. Ich sags ja nur ungern, aber ich habe dieses Mal wirklich gewonnen." „Das ist nicht fair. Ich war ja gar nicht vorbereitet." „Ach, meinst du in einem echten Kampf, da wird dein Gegner sagen „Ich bin übrigens da, bist du bereit?" Nee, Süsse, so läuft das nicht. Jetzt komm her, du schuldest mir was." Irgendwie hat er ja recht, aber so schnell gebe ich nicht auf. „Dann will ich aber eine Revanche! Das kann ich doch nicht zulassen." „Revanche? Kannst du haben. Aber ich kriege jetzt erst mal meinen Kuss. Darauf habe ich immerhin die ganze Woche gewartet." Ich seufze, weiss jedoch, dass ich keine Wahl habe. Also mache ich einen Schritt nach vorn, stelle mich auf die Zehenspitzen, er senkt den Kopf und unsere Lippen berühren sich.

Ich habe mir vorgenommen auf zehn zu zählen und dann mein Gesicht zurück zu ziehen. Doch ganz... aus Versehen, verzähle ich mich und der Kuss wird sehr viel länger, als ich eigentlich vorhatte. Irgendwann ziehe ich allerdings meinen Kopf wieder zurück und schaue ihn etwas ausser Atem an. Er hat ein leicht gerötetes Gesicht und seine Haare sind etwas durcheinander. „Darf ich meinen Stab wieder haben?", flüstere ich. „Nur für noch einen Kuss." Dieses mal muss ich mich nicht lange bitten lassen. Ich drücke meine Lippen auf seine und schlinge meine Arme um seinen Hals. Nach einer Weile hebt er mich hoch und ich schlinge auch noch meine Beine um seine Hüften. Dieser Kuss wird immer intensiver. Er macht ein paar Schritte zur Seite, sodass sich mein Rücken in die Wand drückt.

Wir hören erst auf, als wir leise Schritte hören, die immer näher kommen. Malfoy zieht nur ungern seinen Kopf zurück und wir lauschen kurz. Als wir uns sicher sind, springe ich auf den Boden und wir rennen so schnell wie möglich in die andere Richtung. Wir rennen bis zu dem Punkt, wo wir uns trennen müssen um in unsere Gemeinschaftsräume zu gelangen. Er flüstert mir noch schnell zu: „Deine Revanche kannst du haben. Morgen, gleiche Zeit, gleicher Ort. Gute Nacht Süsse" Dann drückt er mir noch meinen Zauberstab in die Hand und verschwindet im Schatten des Gangs. Aus irgendeinem Grund habe ich Schmetterlinge im Bauch, als ich sehe wie er um die Ecke verschwindet.

Dabei weiss ich nicht einmal wieso genau. Ich gebe ja zu, dass er verdammt gut aussieht und auch echt gut küsst aber ich hatte noch nicht einmal ein einziges richtiges Gespräch mit ihm. Bei uns ist es wie eine Romanze rückwärts. Erst küssen, dann kennenlernen. Dabei weiss ich nichtmal ob ich das wirklich möchte. Was wenn er jetzt ein totales Arschloch ist, so wie ich das immer gedacht habe. Könnte ich so jemanden noch küssen? Denn ich habe nicht vor, damit aufzuhören. Dafür ist es einfach zu gut. Hin und her gerissen gehe ich die Treppe zum Gemeinschaftsraum hoch. Der Adlerknauf fragt in einer so lauten Stimme, das es mir das Blut in den Adern gefriert: „Wofür muss man etwas schönes erlebt haben?" „Kannst du nicht etwas leiser sprechen?", frage ich flüsternd und schaue mich kurz um. Niemand da, der ihn hören könnte. Trotzdem wäre ich froh, wenn er etwas leiser sprechen könnte. Doch er fragt nur noch einmal die selbe Frage in der genau gleichen Lautstärke. „Wofür muss man etwas schönes erlebt haben?" Ich gebe auf ihn zu bitten leise zu sprechen und denke kurz nach. „Für einen Patronus", sage ich schlussendlich und die Tür schwingt auf.

3 Zeiten, 3 Geschichten Hogwarts and Love (FanFiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt