Z W A N Z I G
»Ich vermisse dich jetzt schon Milena«, seufzte Zack in die Kamera. Wir telefonierten, seit über einer Stunde, über Skype. Wir waren vor knapp zwei Stunden in Deutschland angekommen, bis wir den Weg zum Hotel gefunden hatten, dauerte es etwas. Doch nachdem wir endlich angekommen waren, staunte ich nicht schlecht. Dieses Hotel war mächtig und edel. Eine Nacht hier musste schon ein Vermögen kosten.
»Ich vermisse dich auch«, lächelte ich. Direkt nach der Ankunft hatte ich mich bei Zack gemeldet und nun lag ich hier auf meinem Bett und lächelte bei jedem seiner Worte. Es war so unglaublich schön Zack an meiner Seite zu haben, auch, wenn er momentan so weit entfernt war.
»Zack, ich muss dir noch etwas sagen.« Ich biss mir auf die Lippe. Bisher wusste Zack noch nicht, dass Elijah mit in Deutschland war und seinen gesamten Urlaub mit uns verbrachte. Doch bevor ich etwas sagen konnte, sprang meine Zimmertür auf und Elijah kam herein. Zack zog seine Augenbrauen hoch. Na, dass war ja wieder einmal super gelaufen.
»Ich soll dich zum Essen holen«, sagte Elijah. Er ließ seinen Blick durchs Zimmer schweifen und sah dann mich wieder an. Er bemerkte, dass ich mit Zack skypte, schmiss sich auf mein Bett und grinste nun in die Kamera.
»Na Kumpel«, sagte er. Verwirrt schüttelte ich den Kopf. So sollte es gewiss nicht laufen.
»Wie kommst du an meine Zimmerkarte, verdammte«, fauchte ich Elijah an und setzte mich auf. Ich fragte mich wirklich wo er die her hatte, denn so viel ich wusste, besaß niemand die zweite Karte von meinem Zimmer.
»Hab sie mir an der Rezeption geholt. Die Dame hat gesehen, dass unsere Familien zusammen angereist sind und wir uns kennen, deshalb meinte sie, dass das kein Problem sein würde«, sagte er und zuckte unschuldig mit seinen Schultern. Ich konnte es nicht fassen. Anscheinend war dieses Hotel doch nicht so toll wie ich dachte. Nachdem ich mich wieder gefangen hatte, schickte ich Elijah raus und widmete mich wieder Zack zu, welcher die ganze Situation still verfolgt hatte.
»Milena, bitte sag mir, dass ich das nur geträumt habe«, kam es von ihm.
»Ich wollte es dir gerade sagen«, seufzte ich. »Meine Familie hat es mir heute morgen erzählt, nachdem du gegangen bist«, fügte ich hinzu. Ich wollte nicht, dass er auf mich sauer war. Er seufzte erneut.
»Pass einfach auf«, erwiderte er und schon war die Verbindung unterbrochen. Nicht einmal verabschiedet hatte er sich. Er war sauer, aber was hatte ich anderes erwartet? Langsam stand ich auf, nahm meine Tasche und ließ mein Handy darin verschwinden. Danach machte ich mich auf den Weg in die Lobby wo wir uns treffen wollten. Ich war, wie vermutete, die Letzte. Mein Vater schaute mich nur strafend an. Zusammen gingen wir ins Restaurant und danach wollten wir noch ein wenig an den Strand gehen und die Zeit ein wenig genießen. Abby und Elijah saßen neben mir, Jackson saß links von Abby und die Anderen saßen uns gegenüber.
»Milena, Elijah?« Ich sah von meinem Handy auf und blickte in das Gesicht meines Vaters. Ich zeigte ihm, dass ich zuhörte und das er weiter reden sollte.
»Ich werden jetzt eure Handys an mich nehmen und ihr bekommt sie am Ende des Urlaubes wieder zurück. Elijah, deine Eltern haben ebenfalls zugestimmt, also her mit den Teilen.« Mein Vater hatte einen Ton an sich, den man gar nicht widersprechen konnte. Ich versuchte, dass ich wenigstens Zack Bescheid sagen konnte, doch genau das wollte er anscheinend auch nicht. Er nahm sie uns ab und verschwand. Kurz bevor er das Restaurant ganz verlassen hatte, drehte er sich noch einmal zu uns um. »Ihr werdet mit Abby alleine an den Strand gehen, wir haben uns für die Sauna entschieden«, informierte er uns. Ich war mächtig bedient. Wie konnte er mir so diesen Urlaub verderben? Hatte er mir in meinem Leben nicht schon genug versaut und mich nicht genug unglücklich gemacht? Ich hatte immer mehr das Gefühl, dass er genau das wollte.
»Abby, komm wir gehen jetzt ans Wasser.« Ich nahm ihre Hand und ging los. Ob Elijah mir folgte, wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass ich so schnell wie möglich alleine sein wollte.
»Darf ich heute noch schwimmen«, wollte Abby von mir wissen.
»Nein, meine Kleine. Ab morgen darfst du auch schwimmen«, erwiderte ich leicht lächelnd. Sie nickte und rannte direkt ein Stückchen vor. Mittlerweile hatten wir den Eingang erreicht und ich spürte den ersten Sand unter meinen Schuhen. Zusammen liefen wir über den Sand, direkt ans Wasser und gingen dort entlang. Abby begann Muscheln zu sammeln und ich sollte sie festhalten. Der Kleinen machte es richtig Spaß und ich konnte ein wenig meinen Gedanken hinterher hängen. Seitdem ich bei meinem Vater eingezogen war, hatte ich nicht wirklich Zeit zu trauern. Immer hatte ich Menschen um mich herum, war in der Schule oder musste mich mit Abby beschäftigen. Nachts konnte ich kaum schlafen, weshalb ich meistens Jackson neben mir liegen hatte, auch dort hatte ich keine Möglichkeit zu trauern. Natürlich hätte ich das können, doch ich bin nicht der Mensch, der es offen zeigt. Das war ich noch nie, denn auf der Straße durfte ich mir so etwas nicht anmerken lassen. - Ich nahm mir vor, mich in diesem Urlaub auf mich zu konzentrieren und alles dafür zu tun, dass meine gute Laune echt wurde und nicht mehr vorgespielt.
»Möchtest du ein paar Gummibärchen?« Verwirrt sah ich zu Elijah, welcher anscheinend die ganze Zeit schweigend neben mir lief. Dann sah ich zu den Gummibärchen in seiner Hand und dann wieder zu ihm.
»Ich möchte, dass du mich einfach in Ruhe lässt«, erwiderte ich und ging weiter.
»Abby komm, wir gehen zurück«, rief ich dem kleinen Mädchen zu. Zuerst schien es ihr zu missfallen, doch sie sagte nichts und rannte in die Richtung, aus der wir gekommen waren.
»Milena, ich möchte Zeit mit dir verbringen. Lass uns doch wenigstens in diesem Urlaub das Kriegsbeil begraben und normal miteinander umgehen.« Elijah hielt mich an meinem Arm fest, sodass ich nicht weitergehen konnte. Ich verdrehte meine Augen.
»Außerdem habe ich ein zweites Handy«, grinste er nun. Er wusste genau wie er mich zu einer positiven Antwort bekommen konnte. Seufzend gab ich nach und hakte mich bei ihm ein. Ich hoffe, dass ich das ganze nicht irgendwann bereuen würde. Es ist unglaublich wie viele sich um einen bemühen, wenn man Geld und einflussreiche Verwandte hatte. Vielleicht finde ich es genau deshalb so schade, dass man nichts bekommt, wenn man nichts hat. Obwohl man es genau dann am meisten braucht.
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High Hopes - Wenn Hoffnung alles ist, was du hast #Wattys2017
ChickLitDas Straßenleben ist hart. Vor allem in New York und das wusste auch die 17 jährige Milena, welche schon seit Jahren mit ihrer Mutter auf der Straße lebte. Ihre Mutter war alles, was sie hatte. Ihre Hoffnung. Ihr Lebensinhalt. Doch an einem einzi...