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Noch immer läuft Orange Is The New Black im Hintergrund, doch wir sind so aufgeregt, dass keiner von uns der Serie auch nur ein kleines bißchen Aufmerksamkeit schenkt. Angeregt rede ich auf Ash ein: "Wir können es schaffen. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, das es nicht unmöglich ist, Ash. Ich möchte mich nicht für immer verstecken, uns verstecken."
Gedankenverloren beißt sie in ihre Pizza, doch ich weiß, dass sie mir zuhört.
"Wir müssen nicht die Erlaubnis bekommen um zusammen zu sein. Vielleicht reagieren deine Eltern ja ähnlich wie meine. Ash wir können..."

"Lia." unterbricht sie mich schließlich, "du weißt besser als alle anderen, dass meine Eltern es nicht akzeptieren werden. Wenn wir Glück haben bekomme ich ein paar Tage Hausarrest und habe etwas Streit mit ihnen, aber ich kenne ihre Einstellung dazu nur zu gut. Im schlimmsten Fall verbieten sie mir dich weiter zu sehen."

Verzweifelt schaue ich ihr in die Augen. Ich weiß sie hat Recht, aber ich möchte es nicht wahr haben.
"Das ist kein Dauerzustand, Ash. Sie sind deine Eltern, sie lieben dich. Irgendwie werden sie es schon verstehen." versuche ich mich selbst zu überzeugen, doch ich weiß das es nicht stimmt.

"Ja klar." erwidert sie ironisch und schnaubt. "Aber du hast Recht, ich will mich auch nicht mehr verstecken. Früher oder später muss es raus. Entweder sie akzeptieren mich, oder sie lassen es. Das ändert nichts daran, dass ich dich liebe."
Ich nicke, auch wenn mir unwohl bei dem Gedanken ist. Das ist es was ich will.
"Morgen?" frage ich und versuche meine Stimme nicht zittern zu lassen. "Morgen."
Ich spüre wie mein Hals sich vor Angst zuschnürt, aber ich weiß das es das richtige ist. Es macht keinen Unterschied mehr, ob wir es morgen oder in einem Monat tun.
"Ich liebe dich. Über alles."
Ich gebe ihr einen flüchtigen Kuss und kuschel mich an ihre Schulter und auch wenn ich eine unglaubliche Angst vor dem nächsten Tag habe, fühle ich mich auf eine komische Art erleichtert. Morgen haben wir es hinter uns.

Lange nach Mitternacht schalten wir den Fernseher aus und machen uns in Rekordzeit fertig um Schlafen zu gehen. Wir wollen ja nicht völlig übermüdet vor Ashs Eltern stehen.
Mom und Dad schlafen längst und ich frage mich, ob sie meinem Vater schon davon erzählt hat. Eins ist sicher, morgen früh steht ein langes Gespräch an und auch wenn sie anscheinend nichts dagegen haben, ist mir doch ein bißchen unwohl bei dem Gedanken. Es fühlt sich falsch an ein so lange behütetes Geheimnis nun einfach preiszugeben. Darüber zu plaudern, als sei es keine große Sache.

Zurück im Zimmer ziehe ich Ash zu mir ins Bett - wozu noch getrennt liegen, wenn Mom es sowieso schon weiß? Sie versinkt in meinen Armen und ich genieße den Moment. So möchte ich den Rest meines Lebens verbringen. So und nicht anders. Sie legt ihre weichen Lippen auf meine und ich grinse. Langsam schiebe ich meine Hände ihren Rücken hoch und halte sie fest, während unsere Küsse immer tiefer werden.

"Ich liebe dich." flüstere ich in die Dunkelheit. "Ich dich mehr." antwortet sie und erstickt meinen Widerspruch in einem weiteren Kuss. 'Unmöglich' denke ich mir im Stillen und lasse mich von den Glücksgefühlen überwältigen. Für einen Moment dreht die Welt sich nur um uns, alle Ängste und Sorgen fallen von mir ab.

***
Am nächsten Morgen wache ich früher auf als sonst, mit Ashs Kopf auf meiner Schulter. Glücklich beobachte ich sie einen Moment lang, bevor ich vorsichtig aufstehe und mich ins Bad schleiche. Ich sehe schrecklich aus - meine Haare sind total verknotet und stehen mir wirr vom Kopf ab.

Nach einigen Versuchen sie zu bändigen mache ich kurzerhand einen Dutt und laufe in die Küche um uns Kaffee und Frühstück zu machen. Summend trete ich durch die Tür und stocke, als ich meine Eltern wartend am Tisch sitzen sehe. Vor ihnen stehen zwei dampfende Kaffeetassen, ich vermute für Ash und mich. "Wenn ihr Zeit habt würden wir gerne mit euch reden." begrüßt mich meine Mom und zwinkert. Murrend ziehe ich eine Augenbraue hoch. "Es ist total früh, muss das sein? Warum seid ihr überhaupt schon wach, es ist Wochenende?"
"Dein Vater muss arbeiten. Der Laden macht eine Sonderaktion dieses Wochenende."
Ich seufze mitleidig und lasse mir von ihm gegen die Schulter knuffen.
"Wird trotzdem nichts draus," sage ich schulterzuckend, "Ash schläft noch."

"Nein, alles gut, ich bin wach." klingt es auf einmal aus dem Bad und sie kommt zu uns in die Küche gelaufen. Sie hat sich einen von meinen Pullovern übergezogen und sieht verdammt heiß aus, auch ungeschminkt und verschlafen.
"Das ging ja schnell, ich habe garnicht gemerkt das du aufgestanden bist." gähne ich und versuche lässig zu klingen.

"Super." freut Dad sich und winkt uns an den Tisch. "Lasst das Interview beginnen, deine Mutter ist so neugierig, dass es kaum noch auszuhalten ist. Und mir läuft die Zeit weg, der Laden macht bald auf."
Unglaublich stolz das meine Eltern es so gut aufnehmen, kann ich ein Lächeln nicht unterdrücken und nach ein paar Schlucken Kaffee fangen wir an zu erzählen. Von der Schule, unserem ersten Treffen, unseren Sorgen und dem Plan es heute Ashs Eltern zu sagen. Als das Gespräch auf Dean und Shannon kommt, kriegt meine Mutter sich vor lachen kaum wieder ein und mein Vater verlässt uns nur sehr widerwillig, um nicht zu spät bei der Arbeit zu erscheinen. Hektisch sucht er Schlüssel und Geld zusammen, bevor er mich fest in die Arme schließt. "Hab dich lieb mein Schatz." murmelt er in meine Haare hinein.
Glücklich drücke ich mein Gesicht in sein Hemd und halte ihn ein paar Sekunden. Danach geht er zu Ash und schließt auch sie in seine Arme. Über seine Schulter hinweg lächelt sie mir zu.

"Du bist hier immer wilkommen." übersetzt Mom die Geste meines Vaters, drückt ihm einen Kuss auf die Wange und scheucht ihn dann kurzerhand aus der Tür. "Los, los, du bist schon viel zu spät."
"Wir könnten auch mit deinen Eltern reden, Ash. Wenn das hilft." bietet er unter dem strengen Blick meiner Mutter hastig an und winkt noch einmal, bevor er ins Auto steigt. Ash nickt ihm dankend zu, doch ich vermute sie wird das Angebot nicht annehmen. Das ist eine Sache die wir selbst tun müssen.

Sobald Dad weg ist machen auch wir uns fertig und verlassen nur wenig später das Haus.

Forbidden Love || GirlxGirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt