17.

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"Stockholm Syndrom."
"Stockholm Syndrom."
"Stockholm Syndrom."

Ich spiele immer und immer wieder Dan's Aussage in meinem Kopf ab.

Aber wieso ist er mir so wichtig?
Oder ist er mir überhaupt wirklich wichtig?
Oder was bringt mich dazu ihn zu mögen?
Was genau hat mich dazu gebracht?

Er war von Anfang an nett.
Er war nicht von vorne rein darauf aus meinen Körper zu seinen Gunsten auszunutzen.
"Er behandelt mich wie Porzellan."

Ich hatte mich im Bad eingeschlossen.
Überlege ob es überhaupt das Stockholm Syndrom ist, oder ob Dan es einfach so rausposaunte.
Ich meine, er tut mir ja nicht weh.
Er macht nichts bei mir, was ich nicht will.
Wie ich es schonmal sagte: Dan ist kein richtiger Entführer.
Die Rolle übernimmt Evan.

Evan hatte ich schon lange nichtmehr gesehen.
Ich vermute das Dan es mit ihm geregelt hat, dass wenn ich frei im Haus rum laufe, Evan sich verziehen muss.
Rein theoretisch ist es mir völlig egal was mit ihm ist.
Von mir aus, könnte er auch ruhig tot sein.
Für mich bleibt sowieso alles gleich und geschehen.
Dan gibt mir regelmäßig was zu Essen.
Ich streite es jedoch manchmal ab.
Einfach, weil mein Magen daran gewöhnt war, nichts mehr zu bekommen was er verarbeiten konnte.

Ich habe nicht das Stockholm Syndrom.
Dan ist mir auch nicht wichtig.
Er war nur vorsichtig bei mir.
Wollte nie ein Entführer sein, und wird es auch nie.
Ich habe nicht wirklich eine Bindung zu Dan.
Und dann kommt noch die Sache mit seinem Namen: Sam oder doch Dan?

Ich bin hier nicht sicher, so wie ich immer dachte.
Ich hatte die Tatsache, dass ich von den Typen entführt komplett verdrängt. Hatte versucht mir hier ein Leben aufzubauen.
Ich vergaß schnell über die Tatsache.
Aber Evan tat es nicht.
Evan wusste was er wollte.

Ich bemerke selbst, wie ich mich nur mehr und mehr in diese Sache vertiefe, und nach einem triftigen Grund für all das suche, was geschehen war.
Ich schließe die Tür wieder auf, und treffe auf das Gesicht von Mary.

Sie fällt mir um den Hals und hält mich auch eine gewisse Zeit.
,,Da ist ja beinahe nichts mehr an dir, was man umarmen kann." Man hört die Verzweiflung in ihrer Stimme gut raus.

Sie beginnt ihre Hände um mein Gesicht zu schließen.
,,Du siehst echt scheisse aus..." Sagt sie. Sie lacht. Jedoch mit Tränen in den Augen.

,,Danke. Ich weiss." Gebe ich stumpf von mir.
,,Wo ist er?"

,,Evan ist nicht im Haus. Genauso wenig wie Dan."

,,Sie haben uns einfach alleine gelassen?" Frage ich überrascht.

,,Nein. Nicht ganz. Im Wohnzimmer sitzt jemand der auf uns aufpasst. Als wären wir kleine Kinder."

Ich laufe sofort los ins Wohnzimmer.
Selbstbewusst stelle ich mich vor den kleinen Tisch im Wohnzimmer.
Er schaut von einem Prospekt hoch und legt es danach auf seinen Schoß.

,,Wer bist du?" Frage ich laut.

,,Ich bin Elliot. Ein Freund von Evans Seite."

Misstrauisch Forme ich meine Augen zu Schlitzen.
,,Evan, ja? Wo sind die beiden?"

Er zuckt mit den Schultern.
,,Meine Arbeit ist es hier auf euch auf zu passen. Und habe keine Angst. Dir werde ich nichts tun. Auch nicht Mary." Seine Stimme wird weicher.

Ich lockere meine Gesichtszüge und setzte mich danach auf die andere Couch.
Kurz und fast unbemerkbar, streiche ich über den Bezug der Couch.

,,Elliot, richtig?-"

Er nickt.

,,- okay. Warum sagst du mir nicht wo sie sind?"

,,Weil Evan mir Geld gibt."

Ich nicke erkenntlich.

,,Du weisst also... Das Evan Mädels entführt?"

,,Klar. Das wusste ich. Schon eine lange Zeit. Eigentlich sollte ich an der Stelle sein, den jetzt aber diese andere Typ eingenommen hat. Evan hatte mich sogar schon lange gefragt, ob ich mitmache in seinem Geschäft. Ich stimmte zu-"

Ein Räuspern ertönt.
Mary steht in der Tür und schaut mich an.
,,Hailey? Würdest du mal kurz?" Sie deutet mit ihrem Daumen in Richtung Flur.
Ich stehe auf und entschuldige mich für einen Moment.
Sie zerrgelt mich in Dan's Raum und schließt die Tür.

,,Was soll das bitte?!"

,,Warum lässt du mich nicht einfach weitermachen?"

,,Weil das verdammt nochmal ein Freund von Evan ist. Er wird ihm alles erzählen was du ihn auch nur erzählt hast!" Sie beginnt schon fast zu schreien.
Mary hat meine Oberarme in einem festen Griff.

Durch die kurze Stille hört man es an der Tür klingeln.
Mary starrt perplex in meine Augen und tätschelt Panisch auf meine Oberarme.
,,Wir müssen uns verstecken!"

,,Wieso?"

,,Das ist die Polizei!"

,,Wieso machst du es nicht offensichtlich!"

,,Halt' doch einmal deinen Mund." Mary verdreht die Augen und zerrgelt mich zum Bett.
,,Das ist nicht sicher genug!" Sie wird panischer und hektischer.
*

Tagelang bekam ich dort unten nichts zu Essen. Vielleicht auch mehr als eine Woche. Ich kann es nicht genau sagen.

Ich weiss, dass es mich zerstört hat.
Ich weiss nicht ob ich darüber froh sein soll, dass "nur" mein Körper alles abbekommen hat, und es mir wenig an die Psyche ging.

Immer wenn Evan in den Raum kam, sagte er: 'Hier unten bis du sicher.'
Wenn er ging, wiederholte er es.
Unsere Gespräche waren völlig absurd und gestört.
Ich möchte da aber momentan nicht weiter drauf eingehen.

Wenn ich jemals zurück in diesen Raum müsste, was würde mir erneut wiederfahren?
Was würde mit mir angestellt werden?
Würde es noch krasser sein?
Und musste Mary auch schonmal darin leiden?
*

,,Komm mit!" Ich zupfe kurz an ihrem Ärmel.
Ich laufe den Gang weiter runter, bis ich vor einem runden Teppich stehe.
Ich klappe ihn um, und die Klappentür im Boden zeigt sich.
Ich schüttel kurz meinen Körper und mache sie anschließend auf.
,,Mach was kleines dazwischen! So fällt sie nicht ins schloss und wir können gleich wieder raus." Sage ich, während meine Füße die steile Treppe runterlaufen.
Aber grade als ich es zuende Aussprach, viel die Tür ins Schloss.
,,Große Klasse." Sage ich und Applaudiere leise.

Ich atme lange aus und taste mich danach an der Wand lang, auf der Suche nach einem Lichtschalter.
Kurz danach finde ich ihn auch.
,,Wie kommen wir jetzt wieder raus?"
Fragt Mary die sich durch ihr Orange- Blondes Haar geht.

Als ich das erste mal auf Mary traf, hatte ich das Gefühl das sie eine starke Frau und eine starke Persönlichkeit ist.
Aber man täuscht sich zu oft in Menschen.

,,Willkommen in der Hölle."

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