Kapitel 9

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Ich stand vor dem großen Spiegel und betrachtete mein Kleid. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass ich in einem Schloss war. Und dazu noch im Schloss von Kiremsew. Ich trug ein heidenteueres Kleid und durfte im Schloss wohnen und das einfach so, obwohl ich in das Gelände von dem König eingedrungen war. Gut, das mit dem Spion, also dass sie vermuteten, dass ich eine Spionin war, wäre mir vielleicht einleuchtend, aber dann hätten sie mich doch eher ins Verlies gesperrt, oder nicht? Das war merkwürdig. Er würde es heraus finden, und wenn nicht er, würden es Damien oder die Wachen herausfinden. Irgendwann.

Wieder kam mir der Gedanke zu fliehen. Mein Blick wanderte zur Balkontür. Diese war ja noch abgeschlossen. Doch mein Dachfenster lies sich öffnen, wie ich zuvor festgestellt hatte. Ich könnte einfach aus dem Fenster klettern und... Ich lief ans Fenster, drückte den Riegel hinauf und öffnete es. Dann schaute ich hinunter. Nein. Ich war im dritten Stock, wie sollte ich dort hinunter kommen? Ich schaute zur Seite. Dort waren zwei weitere Fenster bis zu einer Regenrinne. An dieser könnte ich doch hinunter klettern, oder? Es wäre gefährlich, aber machbar. Besser als von Swaresk gefoltert oder was wusste ich, schon zu werden. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken. Würde ich dann zu den anderen kommen?

Wenn ich es schaffen würde abzuhauen, wo sollte ich dann hin? Zurück in den Wald und dort ums überleben kämpfen? Zum Dorf zurück? Wenn es noch stand. Die Swaresk hatten mit Feuerpfeilen geschossen, vielleicht stand das Dorf gar nicht mehr. Oh nein, so durfte ich gar nicht denken. Aber selbst wenn es noch stand, wären dann überhaupt noch Leute da? Wären sie nicht alle gefasst oder umgebracht worden? Wir waren nicht schwach, unsere Leute hatten das unter Kontrolle gehabt. Aber was hatte es mit diesen dunklen Männern auf sich, die schwarze Schatten aufrufen konnten? Was hatten sie getan? Ich überlegte. Wir hatten uns mit unseren Kräften wehren wollen und dann hatten diese Männer Schatten auf uns geworfen und darauf waren wir machtlos. Was waren das für Schatten und wie hatten sie dies angestellt? Hatten sie uns somit ausgeschaltet oder hatte das einen anderen Grund gehabt?

Früher hatte ich im Unterricht schon einmal etwas von schwarzer Magie gehört, die wir allerdings nicht so innig im Unterricht behandelten, da wir sie auf keinen Fall ausführen durften. Schwarze Magie, sollte anscheinend nicht natürlich wie unsere Kräfte sein. Sie sollte etwas sein, an dem sich die Menschen nicht zu schaffen machen hatten, denn dies konnte ernste Folgen haben und wäre anscheinend ein Vergreif gegen die Naturgesetzte oder so ähnlich. Nein, das hörte sich irgendwie etwas unlogisch an. Vielleicht konnte ich am nächsten Tag ja in die Bibliothek gehen und mich etwas informieren. Schlossbibliotheken waren ja bestimmt riesig und so musste es ja bestimmt etwas über schwarze Magie geben.

Ich schloss das Fenster wieder und zog ein weißes Nachthemd vom Bett, dass wohl Selma hier hin gelegt haben musste. Ich zog mein Kleid aus und konnte endlich wieder richtig atmen, als sich das Korsett löste. Noch einmal lies ich mich nicht in solch ein Ding stecken, beschloss ich. Behutsam legte ich das Kleid auf die in der Luft hängende Bankschaukel, dann lief ich ins Bad wusch mein Gesicht und machte mich fertig, bis ich schließlich totmüde in das große Himmelbett fiel und die Augen schloss. Ich dachte noch eine Weile über eine Flucht und über die Ereignisse des Tages nach, schlief dann aber schnell ein.

Am nächsten Tag stand ich auf und wusste nicht mehr wo ich war, bis mir dann die Ereignisse vom gestrigen Tag wieder in den Kopf kamen. Selma hatte mir ein frisches Kleid über den Stuhl am Schreibtisch gehängt. Es war dunkelblau, fast schwarz und der Ausschnitt und die Ärmelaufschläge waren mit hauchdünnen silbernen Fäden kunstvoll bestickt worden. Ich zog es an, stopfte allerdings das weiße Korsett zurück in den Wandschrank. Ich wollte nicht noch einmal den ganzen Tag eingequetscht wie eine Presswurst herum laufen und dabei wie ein Fisch nach Luft schnappen.

 Im Bad flocht ich mir anschließend wieder meinen altbekannten Zopf, der von der rechten oberen Seite um meinen Kopf herum verlief und auf der anderen Seite endete. Als ich dann aus dem Bad lief, klingelte ich nach einer Dienerin, die mir mein Frühstück brachte. Es gab Spiegelei mit Speck und Brot. Ich lies mir Zeit mit dem Frühstücken und genoss es, da ich es sichtlich nicht gewohnt war morgens so viel Zeit zu haben, geschweige denn das luxuriöse Essen aufs Zimmer gebracht zu bekommen.

Swaresk- HuntedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt