Ein Engel für mich

65 4 0
                                    

Am nächsten Morgen werde ich von meinen besten Freunden ausm Bett geklaut um dann bis zu den Knien im Pool zu hängen. Wütend funkel ich beide an und hoffe darauf, dass ich nicht im Pool lande oder plötzlich zum Männertraum mit Fischschweif werde. Aber stattdessen fühlen sich meine Schultern seltsam an: zwei Schwingen sind da, welche nur ich sehe.

Ich kann die Jungs überreden mich nicht in den Pool fallen zu lassen und flüchte ins Bad. Dort betrachte ich meine weißen Flügel, welche nur ich sehen kann. Fasziniert berühre ich sie: weich und so zerbrechlich, aber so stark, dass sie nicht brechen. Super, jetzt bin ich ein Engel und mache Pantomime vor mein Kumpels.

Die beiden sind Halbbrüder und so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Mit den blonden Haaren und den blauen Augen ist Rick der Tag. Nick ist mit den schwarzen Haaren und den braunen Augen wie die Nacht. Aber genau das liebe ich an ihnen. Die kleinen Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die uns verbinden.

Und wider Erwarten verstehe ich mich mit ihrer Schwester Marilyn, einer echten Diva und Bitch, bestens. Sie mochte mich als nettes Mädchen und auch das bad Girl gefällt ihr. Heute Abend werden wir uns helfen beim fertig machen, gehen nach der Schule shoppen und lästern über ihre Brüder. Sie ist übrigens adoptiert, die Familie ist Patchwork und steinreich.

Ich hab auch Geld, aber bin nicht so fixiert das zu zeigen. Die Jungs gucken mich an, aber eher wegen meinem Outfit, nicht der Pantomime Einlage von mir. Mein Top hat einen tiefen Ausschnitt und meine Hotpants sitzt genau richtig. Lang genug für die Schule, aber ausreichend knapp um sexy auszusehen.

“Jungs, können wir dann? Herr Schneid bringt uns um, wenn wir zu spät kommen. Hab keine Lust auf Nachsitzen oder Aushilfe spielen. Der ist einfach nur eklig.“ fauche ich sie an, gehe raus und plötzlich schwebe ich über dem Boden. Ah, meine Flügel! Ganz unpraktisch gerade, will wieder auf den Boden.

Plumps! Kaum gedacht, liege ich schon auf dem Boden und meine ach so tollen Freunde lachen mich aus. Klick! Jetzt haben die mich fotografiert. Wütend stehe ich auf, torkel rum wegen den Flügeln und schaffe es zum Auto. Mit Gedanken falte ich meine Flügel zusammen, steige ein und hupe. Jaaaa, ich bin etwas ungeduldig!

“Wenn ihr nicht sofort kommt, fahr ich und bin nicht nur der heiße Feger auf dem Rücksitz!“ kommandiere ich die beiden rum. Die schnallen es, steigen ein und so schaffen wir es gerade noch so um vor dem Klingeln ins Zimmer zu huschen.

Ich setze mich zwischen die beiden, wo ich immer sitze. Meine Nerdbrille lasse ich lässig auf meine Nasespitze rutschen, nachdem ich sie aufgezogen habe. Ein kleines Selfie für Snap unso, dann Handy weg und zum Lehrer gucken. Nicht kotzen! Nicht kotzen! Nicht ... mit den Flügeln schlagen?!

Okay, aufhören. STOP. Ah, es klappt. Zurück zum Unterricht. Jeder guckt mich an. Lehrer? Wo ist der Lehrer? Oh, ähm, kackbraune Hose und ein weißes Hemd vor mir. Mein Blick geht höher: mein Lehrer steht vor mir und sein Blick macht mir Angst. Hatte er was gesagt oder gefragt? Hilfe!

Nick schiebt mir einen Zettel zu. Ich lese ihn und verstehe. Warum auch immer soll ich ihm später helfen. Wo ist mein Engel, wenn man ihn braucht? Bis jetzt komm ich deswegen in Katastrophen! Nicken, nicken, ah, es klappt. Zuhören, nicken, verstehen und nicht kotzen! Und plötzlich wird alles schwarz. Ohnmächtig.

Aufregung um mich herum. Rick bringt mich ins Krankenzimmer im Brautstyle. Der Lehrer erlässt mir die Aufgabe ihm zu helfen. Ich komme zu mir und weiche zurück, dass ich gegen die nächste Wand knalle. Mein Lehrer kniet vor mir und war kurz davor mich zu küssen! Pedo! Wo ist Rick? Hilfe!

Ich schreie los, aber nicht lange. Seine Hand erstickt meine Schreie. Panisch beiße ich ihn, was es nur noch schlimmer macht. Tränen finden den Weg in meine Augen. Warum ich? Warum ausgerechnet ich? Warum ich, Herr Schneid? Warum hilft mir keiner?

Und dann fällt es mir ein: meine Flügel! Ich schaffe es irgendwie ihn mit einem Schlag von mir runter zubekommen, mit dem nächsten bin ich auf den Beinen und schwebe davon. Mit rauschenden Schwingen um schneller zu sein. Ab zum Direktor, bevor er mich einholt und sich an mir vergeht.

Außer Atem stehe ich ohne klopfen in seinem Büro. Ich erzähle alles. Mein “Tagebuch“ über die Vorfälle hole ich nach dem Gespräch aus meiner Tasche und geb es ihm. Die Polizei wird gerufen, Herr Schneid abgeführt und ich steh da unfähig zu etwas anderem als atmen, meine Flügel angucken und alles zu wiederholen, was ich dem Direktor und schon mal auf der Station erzählt hatte. Nach jedem Vorfall war ich da, aber man nahm mich nicht ernst!

Jetzt weiß es jeder. Die Polizei glaubt mir, untersucht mich und dann ist schon die Schule zu Ende. Der Direktor hat aufgrund dem Vorfall den Unterricht beendet, aber jeder soll sich melden wegen Herr Schneid. Und es haben sich viele gemeldet, Mädchen und Jungen. Die Polizei notiert und notiert.

Tja, der Engel alias ich sitzt in einer Ecke und ignoriert alles. Bis Marilyn erscheint, mich zu Tode knuddeln muss und einfach zu ihrem Auto zieht. Shopping! Party? Aso, die Party heute Abend! Man, das nimmt mich mehr mit als ich dachte ... Mein Kopf ist irgendwie nicht da!

Moment, warum brennen kurz meine Schultern als ob ich da was weggerissen hätte mit Wachs. Dann ist es vorbei, keine Flügel und mein Anhänger ist ergraut. Mein Engel ist wohl ausgepowert von der ganzen Aktion! Super ... nur Probleme seitdem ich mich verwandele in irgendwelche Fantasien!

SaphiraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt