Saphira

Nachhilfe mit unverhofften Wiedersehen

Er erinnert mich an mein Schüler und meint, dass ich mich beeilen sollte, wenn ich noch nicht los bin. Mein Kerl soll angedroht haben zu gehen, wenn ich nicht pünktlich auftauche. Na Klasse, was denn das für einer?! Grummelnd sammel ich also meinen Kram zusammen und flitze ohne Abschied oder Erklärung aus der Kabine, den Flur entlang, die Treppe rauf und aus der Halle.

Ich steige in den Bus, welcher gerade hält und fahre die zwei Stationen in die Straße. Eigentlich wäre ich gelaufen, aber will ja nicht gleich am ersten Tag zu spät kommen oder versagen. Wenigstens hab ich noch Zeit im Bus mein Make-up aufzufrischen und meine Haare zu richten. Praktisch, wenn man die Angewohnheit hat, jeden Scheiß mitzunehmen.

Ich steige also aus, laufe die Straße entlang und stoppe vor der Adresse. Eine kleine Wohnung in einem Haus mit so sechs Wohnungen drin und einem Nagelstudio untendrin. Ein letzter Blick in mein Spiegelbild von meinem Handy, ein kurzes Zögern und dann klingel ich. Warten, ewig warten, bis die Tür direkt sich öffnet und ein Kerl mich ansieht.

“Falls du meine Klingel vergewaltigt hast, was willst du?“ fragt mich dieses männliche Exemplar meiner Spezies und ich würde am liebsten einfach gehen. Stattdessen ermahne ich mich innerlich total ruhig zu bleiben und ja nett zu sein, aka meine große Klappe im Zaum zu halten.

“Wenn du Jayden Parker bist, dann ja. Ansonsten lass mich durch und dem faulen Sack die Tür eintreten, weil er erst so stresst und dann nicht öffnet. Und hör auf so zu gaffen. Der Escort Service hat mich nicht geschickt!“ grinse ich ihn an und werfe mit einer typischen bitchigen Bewegung meine Haare nach hinten.

“Oh, wenn das so ist. Komm mit. Mein Bruder ist da. Ich bin übrigens Jordan Parker, sein großer Bruder. Und du bist wer?“ ist seine Antwort begleitet von einem sympathischen Lächeln und einer Führung durch das Haus und die Wohnung der beiden.

Jordan ruft nach seinem Bruder, der genervt ein “FRESSE FETTSACK“ als Reaktion gebrüllt hat. Okay, der wird mich kennenlernen. Langsam geh ich auf sein Zimmer zu und trete ihm einfach die Tür aus den Angeln. “Soll ich dir die Fresse polieren, weil du mich als Fett bezeichnest und einfach warten lässt, du kleiner Wichser?!“

Eine jüngere Version von Jordan also mein Nachhilfe-Schüler Jayden guckt mich an und wird knallrot. Doch das hindert mich nicht im geringsten einfach einzutreten und erstmal seinen Schreibtisch leerzufegen sowie im Anschluss mich auf seinen Chef-Sessel zu fletzen.

“Oh, du bist gekommen?“ ist das einzige was ihm einfällt während er mich anguckt wie ein Weltwunder. Ich nicke nur zur Bestätigung und ziehe aus dem Haufen Pornohefte einen Karoblock raus. Wieso lagert er auf seinem Schreibtisch sowas?! Ich meine, was soll ich denn davon halten oder andere?!

“Oh, warte. Ich hol meine Liste, wo ich welche Probleme hab und dann ... machen wir Nachhilfe?“ sagt er, aber es klingt eher wie eine Frage mit sehr viel Unsicherheit als ob ich ihn verarschen will oder er es nicht glauben kann. Eifrig kramt er aus seinem Rucksack eine Liste, wo seine Lehrer die Fächer und Themen notiert haben.

Ich lese sie durch, mache mir Notizen und frag ihn ab kurz was ihm zu jedem Punkt einfällt. Er ist allem Anschein nach ein hoffnungsloser Fall und dabei soll er einer der besten gewesen sein. Okay, dann mal ran an diese Aufgabe.

Zusammen mit ihm gehe ich die aktuellen Themen durch und mit aller Geduld, die ich aufbringen kann, bin ich sehr ruhig. Am Ende des Tages ist zumindest die aktuellen Themen für morgen erklärt, er hat es verstanden und man merkt, dass er ziemlich klug ist, wenn er es verstanden hat.

Also liegt es an den Lehrern oder den Themen. Ich tippe eher darauf, dass er verliebt ist und dadurch nicht richtig aufpassen kann. Ich hab ein Foto von einer der neuen Schülerinnen von vor nem Vierteljahr gesehen und zeitlich passt es. Ob ich das fragen kann? Oder bin ich dann aufdringlich, unhöflich und nervig?

Zum Abschied frage ich doch nach und bekomme nur ein schüchternes Lächeln mit einem Nicken. “Erzähl mir mal mehr, vielleicht kann ich dir helfen. Morgen gleiche Zeit?“

So verbleiben wir und gerade als ich aus der Tür geh, die wir eingehängt haben wieder, renn ich fast in einen Kerl, der eine Kiste schleppt und mir ziemlich bekannt vorkommt mit den dunklen Augen und diesen absolut faszinierenden Haaren. Es ist Danger, der mich verblüfft anguckt und die Kiste absetzt. “Saphira, was machst du hier? Ich dachte, meine Cousins sind allein und möglicherweise ein Nerd wegen Nachhilfe.“

“Der Nerd steht höchstpersönlich vor dir. Hoffentlich bist du von mir nicht allzu enttäuscht davon, dass ich diese ganzen Klischees ignoriere. Und was machst du mit der Kiste?“ grinse ich ihn in der Hoffnung, dass mein Herz und mein Kopf sich einig sind, was nicht der Fall ist. Kopf schreit “Renn weg“ und Herz pocht als ob es mir jeden Augenblick zerspringt vor Glück ihn zu sehen.

“Meine letzten Kisten holen. Ich zieh ja bei deinen besten Freunde in die WG. Obwohl ich hoffe, dass die nicht wegen mir Probleme bekommen.“ erklärt er mir.

Ehe es mir bewusst wird hab ich re schon gesagt oder eher ihm einen Vorschlag unterbreitet. “Oh, und wenn du bei mir einziehst? Ich hab genug Zimmer frei und da hast mehr als diese Kammer mit Zimmer und Bad. Die WG ist ja nur für Übergang und Marilyn ist ja auf Dauer auch nicht auszuhalten, obwohl ich diese Bitch liebe.“

“Stimmt. Marilyn und die beiden sind echt anstrengend. Aber wenn du es mir anbietest, dann zieh ich ein. Ich hab eh nicht viel unso.“ stimmt er mir zu. Moment, er stimmt zu? Hab ich gerade laut gedacht und er nimmt den Vorschlag an. Fuck, Facepalm. Super gemacht, du dumme Nuss!

“Okay, und jetzt?“ fällt mir nur ein, da ich damit beschäftigt bin, mir selbst Vorwürfe zu machen und mich mit jedem passenden Schimpfwort zu Beleidigen, was mir einfällt. Aber ich bin zu stolz um meine Entscheidung oder eher diesen laut ausgesprochen gedachten Vorschlag zu annullieren. Wird schon schief gehen.

“Jetzt gehen wir mal runter, du gibst mir deine Nummer unten oder nach dem ich dich heimgefahren hab und dann geh ich zu meiner WG.“ legt er für uns fest, sodass ich erstmal folge und versuche zu verstehen, in was für eine Scheiße ich mich da wieder mit vollem Schwung hineinkatapultiert habe aka WG mit Danger!