Teil 1:
Arian schlingt von hinten die Arme um mich und ich lehne mich an seine breite Brust. Wir schweigen beide, beobachten das Geschehen um uns.
Wir stehen am Gruonbachstrand, die Füsse im grauen Sand vergraben. Der lockende Duft nach grillierten Spezialitäten weht von hinten auf den See zu, wo Cass gerade ihre Cousine zweiten Grades nachspritzt. Es ist Sommer und endlich haben wir unseren Abschluss hinter uns. Die Raifs haben diese Abendsonne genutzt und grillieren hier am See. Eigentlich würde ich jetzt noch in Arians Armen liegen und steinhart pennen, wäre da nicht ein ziemlich aufgeregtes Babygirl gewesen, welches mich aus dem Bett gerissen hat. Sie hat sich daran gewöhnt, dass ich mehr bei Arian schlafe als bei mir zuhause. Auch daran, dass ich zum ersten Mal keine Ahnung habe, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen soll. Arian ist so anders und überrascht mich immer wieder. Es geht nicht darum, dass wir uns vorher noch nicht richtig kannten, sondern eher, dass ich mich immer nur auf seine negativen Seiten fokussiert habe. Inzwischen liebe ich jede seiner Eigenschaften und kann kaum noch ohne. Als er eine Woche lang mit der Firma, in der er seine Lehrstelle hat, wegfuhr, heulte ich mich in Cass' Armen aus.
Ich sehe über meine Schulter zurück, wo sich gerade Cass' Mum mit meiner unterhält. Neben ihnen sitzen Cass' Onkel und seine Frau, die mit ihrem Grossvater Karten spielen. Aus dem Radio klingt leise Musik.
Das Haus von Paris Raifs' Eltern ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt, ebenso das Restaurant Anker daneben. Anstatt es neu aufzubauen, werden die Raifs umziehen – zumindest Paris und ihre Familie. Casey kann sich damit wahrscheinlich immer noch nicht anfreunden, obwohl Paris genau fünf Jahre älter ist als sie. Paris ist ihre einzige weibliche Verwandte, weshalb sie sich auch besonders verbunden fühlen.
Ich beobachte Cass und suche nach einem Anzeichen nach Schmerzen. Obwohl der Brand bereits drei Monate zurückliegt, hat sie noch immer Schmerzen. Besonders in den Kniekehlen, wo das Feuer ihr die Haut weggebrannt hat. Sie trägt Narben davon – die meisten von der Hämophilie verursacht.
Sie lacht, als Paris zurückschlägt und taucht weg.
„Mira! Komm auch ins Wasser!", fordert mich Paris auf und ich schüttle nur den Kopf. Ich will lieber hier an Land bleiben, wo Arian seinen Körper an meine Rückseite presst und mich fühlen lässt, wie sehr er sich auf heute Abend freut.
Wir gehen seit zwei Monaten miteinander, nachdem er sich endlich zusammengerafft und mich gefragt hat. Trotz den vielen Differenzen zwischen uns, vor allem was unsere Charaktere angeht, versuche ich, auf ihn einzugehen. Wir haben das Verheimlichen endlich hinter uns gelassen und ich hoffe, das bleibt auch so. Arian lebt seit zwei Monaten wie ein Mönch, er sieht mir zuliebe keine Frau mehr an. Nur noch mich und er ist nicht der einzige, der sich auf seine Sturmfreie Bude heute Abend freut. Seitdem uns sein Deda beim Rumschieben entdeckt hat, ziehen wir eine ruhigere Umgebung vor. Noch einmal muss dieser alte Mann meinen Busen nun wirklich nicht mehr sehen.
Arians Küsse an meinem Nacken zehren an meiner Geduld. Ich will das hier endlich, aber ich muss mich noch gedulden.
„Arian...nicht..."
„Gib es du, es gefällt dir...", knurrt er an meinem linken Ohr und ich schliesse kurz die Augen. Ein wohliger Schauer überläuft meinen Rücken, rieselt an mir hinunter und ich seufze lustvoll.
„Wusste ich's doch!"
„Bitte, mach mich nicht wütend!", versuche ich mich von ihm loszureissen. Er packt meine Hand und schenkt mir ein umwerfendes Grinsen.
„Dann essen wir halt eine Wurst!"
Ich verdrehe die Augen. Bitte, als wüsste ich nicht, warum gerade dieses Fleischstück. Er stellt sich doch nur seinen Schwanz in meinem Mund vor, dieser Idiot.
Langsam gehen wir zu unseren Familien zurück und ich setze mich in den Sand. Mein Blick wandert wieder zu Cass, die nun etwas entfernt am Strand steht und sich zu Jimmy umdreht. In ihrem neuen tiefblauen Bikini sieht sie Hammer aus, was anscheinend nicht nur ich so sehe. Jimmys Augen wandern über ihren Körper, was sie rot werden lässt und seine Hände folgen seinem Blick – bis er blitzschnell einen Arm unter ihre Kniekehle schiebt und sie mit dem anderen hochwirft. Ein erschrockenes Quieken kommt von ihr, als Jimmy mit ihr auf den Armen tiefer ins Wasser rennt und dann schliesslich anhält, um sie zu küssen. Sie schlingt die Arme um seinen Hals und zieht ihn näher an sich heran.
Und ich tue es ihr nach,indem ich Arian zu mir herabziehe und meine Lippen auf seine presse, sodass derdiese verdammte Wurst auf seinem Teller vergisst.
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Emorragia
RomanceEmorragia; ital. blutend Casey Raif ist knapp fünfzehn, wohnt in einem unbedeutenden Dorf in der Schweiz, liebt Bücher und kennt sich super mit Computern aus. Sie ist das typische Goodgirl und kennt auch kaum was anderes. Wie sehr wünschte sie sic...