SAMIRA: 19. 3. 2016

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Teil 2:


„Warum warst du eigentlich in Babygirls Zimmer?", frage ich Arian, als ich wieder auftauche und mich am Rand hochziehe. Das Geschrei der Kinder um uns herum bereitet mir Kopfschmerzen, Arian hingegen hat seinen Beobachtungsposten kein einziges Mal ausgegeben.

Vor etwas mehr als zwei Stunden sind wir Jimmys Mofa gefolgt und hier angelangt: im öffentlichen Schwimmbad, welches an einem Sonntag sowas von überfüllt ist. Kleine Kinder in Badewindeln schreien, andere machen direkt neben mir Kopfsprünge, kreischen wie wild und sind nur eines: kurz davor zu ertrinken. Ich bin eine der wenigen, die in einem knappen Bikini hier sind – die meisten sind Mütter, die Badeanzüge aus dem letzten Jahrhundert tragen.

Arians Blick wandert zu mir, an mir hoch und wieder hinunter, bevor er mit einem kleinen, dreckigen Grinsen wieder auf unsere Observierungsziele sieht.

„Ich wollte mir ein wenig Geld leihen..."

Mein Augenverdrehen beachtet er nicht, aber dafür, dass Roman Casey die Hand reicht, um ihr aus dem Wasser zu helfen. Ich packe ihn an der Schulter, als er aufspringen will.

„Lass es", ich kralle die Nägel in sein Fleisch, bevor er mir entwischen kann, „Es ist eine einzige Berührung, nichts weiter. Hauptsache es bleibt bei der einen!"

Ich sehe zu Casey hin. Sogar aus der Ferne erinnert sie mich an ihr altes Ich vor David. Sie strahlt richtig und lacht über einen seiner Sprüche. Sogar Jimmy ist friedlicher als sonst. Es scheint, als würden sie sich gegenseitig von ihren Problemen ablenken und ausgeglichener machen. Es gefällt mir, dass er sie glücklich macht – aber nicht, dass er derjenige ist, der dafür sorgt. Allein schon sein Aussehen erinnert mich daran, dass er ein Aufreisser ist. Es ist einfach nur Scheisse, dass er ein Idiot ist und ihr das Leben kaputt macht.

„Sieh sie dir nur an...sie ist glücklich!"

„Und was ist der Preis dafür?", fragt er mich misstrauisch zurück und ich runzle die Stirn. Seit wann ist Arian Raif denn so tiefsinnig?

„Ich bin nicht kein Idiot, wie du immer denkst! Oder warum meinst du, ist Casey so gut in Mathe?", er sieht mich mit einem schiefen Blick an und ich kann einfach nicht anders: ich muss lächeln. Was er natürlich sofort registriert und mit einem heissen Blick kommentiert. Unser Blickabtausch führt soweit, dass wir Casey verloren haben.

Ich würge meine Haare aus, völlig genervt darüber, dass ich mich ernsthaft wegen Arian gehen liess. Er schwimmt durch das ganze Becken und ich beobachte ihn dabei. Seine Athletik ist geradezu unglaublich. Jede seiner Bewegungen scheint kontrolliert und obwohl jedes Mädchen ihm dabei zusieht, wie er sich am anderen Ende aus dem Wasser stemmt, winkt er mir siegessicher zu. Ich springe ins Nass, schwimme zu ihm hinüber, während er sich zu mir hindreht. Hinter ihm läuft Jimmy vorbei, die Arme um Caseys Schultern gelegt. Arians Blick ist unheimlich göttlich, denn er klammert sich an meine Hand, die Augen deuten darauf hin, wie gerne er Jimmy für diesen Körperkontakt eine Reinhauen würde.

Sobald sie vorbei gegangen sind, hieve ich mich neben ihn. Irgendwie fängt die Sache an, mir zu gefallen.

„Tut mir leid Mira, aber ich will in töten!"

„Nein! Warte! Wir folgen ihnen den ganzen Tag! Dann kannst du ihm eine schlagen, sobald er sich an Casey ranmacht..."

Arian grinst mich an und mir wird unwohl, als er sagt: „Vielleicht kommen wir beide einander ebenfalls näher..."

„Träum weiter!", lache ich und fliehe ins Wasser, bevor ihm noch eine schwulere Idee in den Sinn kommt.


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