Kapitel 3

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Als wir gelandet waren, konnte Lana ihre Freude nicht mehr im Zaum halten und hätte am liebsten alle anderen Passagiere weggeschubst, als sich Diese auf dem Weg zum Ausgang, sehr langsam fortbewegten. Sie wurde hibbelig und tanzte auf der Stelle, indem sie kleine Schritte nach vorne und nach hinten tapste. Plötzlich schrie eine Frau auf, der Lana versehentlich auf den Fuß getreten war. So sehr konnte es nicht weh getan haben, wie die Frau sich aufregte. Lana war klein, sehr zierlich und brachte kaum Gewicht auf die Waage. Die Frau plusterte sich aber auf, als wäre sie von einem Laster überrollt worden.

„Kannst du nicht aufpassen, du dumme, kleine Göre? " Fragte die übergewichtige Lady mit der auffälligen Frisur, in sehr unhöflicher Ausdrucksweise, wie ich fand. Sie hatte kurze schwarze Haare mit einem weißen Streifen, der von der Stirn etwas seitlich bis zum Nacken, über den ganzen Kopf ging. Wie passend - dachte ich mir. Auf ihrer Stirn bildeten sich Schweißperlen. Wahrscheinlich machte ihr die Wärme im Gedränge zu schaffen, dazu kam noch Lanas kleines Missgeschick und tadaa!!! - Wir haben eine Cruella De Vil in Fett.

„Lana entschuldige dich, du hast der Dame weh getan. " Sagte ich mit einem süßen Lächeln. Lana starrte mich an und Ihre Augen schrien: Tu es nicht!

Zu spät... Ich sah meine Schwester weiterhin an, bis sie widerwillig das entsetzte Gesicht von mir abwandte und zu der Frau ein leises – „Tut mir Leid" - murmelte.

„Sehen Sie Madam, meine Schwester hat es nicht mit Absicht getan und sich dafür entschuldigt, Sie hingegen haben die 101 Dalmatiner mit voller Absicht entführt, wurden dabei geschnappt und haben sich nie entschuldigt! Haben Sie deshalb so viel zugenommen? Weil Sie dieses Vergehen immer noch sehr belastet? "  Einige Passagiere, die mit uns in der Schlange standen fingen an zu kichern.

„Was meinen Sie bitte?! " Die Frau sah mich empört und leicht verwirrt an.

„Na worauf ich hinauswill, Madam, ist Folgendes: vergessen sie die Hundefelle, so viele können Sie, für ihren Körperumfang gar nicht sammeln. Nehmen Sie weiße Kühe mit schwarzen Flecken. Einige Schlachthöfe würden Ihnen ein reizendes Angebot machen, da Sie schon mehrere Dutzend brauchen werden, um wenigstens einen Rettungsring abzudecken. " Da war kein Kichern mehr im Flugzeug, alle hörten gebannt zu, bis ich das letzte Wort sagte. „Außerdem würde der Rindgeruch Ihre persönliche Duftnote a lá Schweiß perfekt kaschieren." Eins...Zwei...Drei... Das Gelächter beginnt immer auf Drei. So oft habe ich es schon getan, dass ich es auswendig kannte. Manche hielten sich sogar an den Sitzen fest, um nicht auf die Knie zu fallen. Manche wiederum schnaubten, nach dem Motto: „So witzig war das nun auch wieder nicht." Das waren wahrscheinlich die, die ohne Humor auf die Welt kamen. Ich mochte es, Leute zu blamieren, die es verdienten. Das war mein Talent und es weckte Gefühle in mir, wenn auch nur sehr oberflächliche und von kurzer Dauer, aber dennoch wurde es irgendwann zur Sucht. Etwas Anderes zu fühlen, als die Trauer in meinem Herzen war eine Erleichterung, die ich mir bei keiner Gelegenheit entgehen lassen würde. Schon oft hatte ich versucht diese Traurigkeit durch Freude zu ersetzen, was jedes Mal gescheitert ist. Wut, Gehässigkeit und Schadenfreude war mein Ausweg. Lana schämte sich für mich, weil ihr die Menschen so Leid taten. Mitleid mit Menschen war ein Fremdwort für mich. Ich hatte schon genug davon mit mir selbst...

Die Augen der Frau wurden zu schmalen Schlitzen, was ihr Gesicht noch runder aussehen ließ. Sie trat von einer Stelle zur Anderen, wie zuvor Lana, aber nicht Vorfreude war der Grund dafür, sondern Nervosität. Die Schweißperlen wurden größer und sickerten an Ihren roten Wangen runter. Ich hoffte zumindest, dass es Schweißperlen waren, denn zum Weinen bringen wollte ich niemanden. Einen Sinn für Gerechtigkeit hatte ich seit meiner Geburt und diese Frau war nicht so gemein gewesen, dass ich gewollt hätte, sie heulen zu sehen.

War das etwa ein Anflug von Reue, das sich da in mir rührte? War Reue denn nicht auch ein Gefühl? Für mich bestand also noch Hoffnung? Ich sah die Frau weiterhin an, sie kochte nun vor Wut.

„Dir werde ich es noch zeigen, du dummes Ding, du hast ja keine Ahnung mit wem du dich da angelegt hast!", giftete sie mich an. Ich fragte mich, was sie damit meinte, denn sobald wir das Flugzeug verließen, würde ich sie nie wiedersehen. So dachte ich zumindest.

„Keine sorge, wenn Ihnen ein paar Hunde entkommen konnten, werde ich es wohl auch schaffen." Und wieder Gelächter. Plötzlich standen wir schon an der Tür.

„Die Frau hätte nicht so leiden müssen!", motzte mich Lana an.

„Nein, wenn du ihr nicht auf den Fuß getreten wärst", scherzte ich. „Aber einigen wir uns darauf, dass das Flugzeug schuld ist- viel zu eng für solch große Exemplare der menschlichen Spezies".

Lana verdrehte die Augen, lächelte aber trotzdem.

Aha. Unsere kleine Miss Right war also doch ein wenig belustigt, nur hatte sie zu viel Anstand, um mit den Anderen mitzulachen. 

Retzia - Der Blutige PfadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt