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"Ah, Thea! Da bist du ja schon! Du bist 10 Minuten zu früh, das weißt du?! "

Dr. Deaton legte in seine letzten Worte einen tadelnden Ton, doch er klang zugleich auch amüstiert.
Ich kam immer zu früh zur Arbeit. Ich mag meinen Job und genieße die Zeit mit den Tieren. Tiere sind mir einfach lieber als Menschen. Sie sind ehrlich und aus ihrem Mund kommen keine Worte die Andere kränken könnten. Sie können nicht sprechen. Ich schätze, ich habe bei Menschen ein massives Vertrauensdefizit. Nicht alle sind gleich! Nicht ansatzweise. Doch ich kann nicht in ihre Köpfe sehen. Weiß nicht, was sie wirklich denken. Wir alle kennen nur die Oberflächliche/ Fassade, nur den Teil den sie uns zeigen. Und durch diesen kann man noch lange nicht auf den Rest der unglaublichen Bandbreite einer Charaktere schließen.
Darum gebe ich nur das Nötigste Preis und im Gegensatz zu manch anderen bin ich dabei vollkommen ehrlich.
Dr. Deaton ist einer der Menschen, die wirklich ein gutes Herz haben. Er ist ehrlich, sagt, was er denkt und behandelt jeden gleich, wobei er nahezu jederzeit die Freundlichkeit in Person ist. Ein Grund mehr wegen dem ich gerne für ihn arbeite. Doch vor allem: wo sollte ich sonst hin?
Meine kritische Einstellung zu Anderen macht mir das Leben als Highschool-Schüler nicht gerade leichter und erweitert auch nicht meinen Freundeskreis.
Ich habe genau genommen nur eine Freundin und nicht einmal ihr verrate ich meine Gedanken oder Gefühle. Ich bin verschlossen. Ein Buch mit sieben Siegeln.
Doch damit komme ich klar. Man gewöhnt sich dran. Abgesehen davon bin ich Erica wirklich stark verbunden. Mit ihr kann ich lachen und weinen. Wir helfen uns gegenseitig und ich baue sie nach jedem ihrer Anfälle wieder auf. Ich gehe mit ihr ins Krankenhaus und auch sie hat mich jeden Tag besucht, als mein Vater mich vor 5 Jahren krankenhausreif geprügelt hat. Ich habe bei ihr gewohnt, als Mum auf Geschäftsreise war und er wieder zu viel getrunken hatte und zur Gewalttätigkeit neigte. Jedenfalls: bis meine Mutter ihn endlich rausschmiss.
Erica ist wirklich fantastisch und doch hat auch sie lediglich mich.
Wir sind ein hoffnungsloses Duo.
Ich hänge mit den Gedanken in den Wolken und meinem Kopf in Büchern.
Ich bin süchtig nach ihnen. Ständig lechzt es mich nach neuen Geschichten.
Wenn ich lese kann ich überall sein. Ich kann alles und jeder sein der ich will. Von einem blutrünstigen Psychopaten aus einem Krimi bis hin zu einem Werwolf aus einem Mystery- Roman.
Das ist es, was ständig durch meinen Kopf schwirrt: Geschichten.
Dinge die ich wohl nie erleben werde.

Ich schnappte mir einen Sack Trockenfutter und machte mich auf den Weg zu den Hundezwingern.
Während ich Futter in alle Näpfe füllte, ertönte von der Eingangstür her die Glocke.
Anhand der Stimme, die erklang, konnte ich Scott ausmachen, welcher sich bei Deaton für seine zwei-minütige Verspätung entschuldigte.
Scott war in meinem Jahrgang. Während der Arbeit unterhielten wir uns des öfteren. Er schien nett zu sein, doch genau wie ich war er an unser Schule unsichtbar. Er hatte mir einmal erzählt, dass er im Lacrossteam der Schule ist, doch ich vermute stark, dass er nicht gerade der beste Spieler ist.
Ich habe manchmal beim Training zugesehen, da Erica mich drum gebeten hatte.
Sie ist schon ziemlich lange in Scott's besten Freund verliebt. Stiles jedoch hat nur Augen für Lydia Martin.
Eine absolut hoffnungslose Angelegenheit für beide.
Den auch wenn Stiles und Erica gelegentlich ins Gespräch kommen, nimmt er sie wohl nie richtig war. Das Schlimmste dabei ist, dass er es wahrscheinlich nicht einmal bemerkt. Er meint es nicht böse und hat nicht die Absicht, Erica mit seinem Verhalten zu verletzen. Das macht es schwer für mich, wütent auf ihn zu sein, wenn meine beste Freundin einmal mehr wegen diesem Deppen weint.

Mit der leeren Tüte kehre ich ins Behandlungszimmer der Klinik zurück und treffe da auf Scott, welcher sich gerade aufmachen will, die Katzen zu füttern.

"Die Hunde hab ich bereits erledigt. ", rufe ich ihm zu.

Er nickte mit seinem typischen Lächeln im Gesicht und ging in Richtung der Zwinger.
Kaum war er hinter der Tür verschwunden, ertönt aus dem Raum das schaben von Metall. Die Käfige wackeln und die Katzen stimmen in einen Singsang aus Fauchen und Jaulen ein.
Da stolperte auch Scott wieder durch die Tür auf den Flur zurück. Augenblicklich tritt Stille ein.
Ich kann mir ein leises Lachen angesichts seiner Miene nicht verkneifen:

The rest is still unwritenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt