Während der letzten Stunde war ich glücklicher als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Ich fühlte mich leicht und erstaunlich unbeschwert. Normalerweise ist alles was ich in der Schule tue möglichst unauffällig zu agieren. Nicht aufzufallen. Einfach durch die Jahrgänge zu kommen und alles daran setzen einen guten Abschluss zumachen. Doch Lydia und Allison hatten mich einfach von meinem Sitz gezerrt und damit begonnen Scott und Jackson zuzujubeln.
Ich konzentrierte mich beim anfeuern ebenso wie Allison schlichtweg mehr auf Scott und ignorierte Jacksons ziemlich verwirrte Blicke. Auch Stiles jubelte ich zu. Es machte Spaß. Ich kannte beide und doch hatten wir noch nie miteinader gesprochen. Wieso eigentlich? Wir lachten und zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich nicht gänzlich unsichtbar oder unsicher.
Nachdem Spiel liefen wir zu dritt zu den Umkleiden. Scott und ich wollten gemeinsam zur Tierklinik und da wir keinen Treffpunkt ausgemacht hatte würde das alles ein wenig erleichtern.
In den folgenden 15 Minuten lernte ich eine Menge neues. Die meisten Teamspieler brauchten eine Ewigkeit sich umzuziehen. Länger als ich, zumindest kam es mir so vor. Lydia gab mir Syling Tipps. Die freundliche Variante an meiner Kleidung Kritik auszusetzen. Meine schlichte Jeans das hellblaue T-Shirt und das schwarz, graue Karohemd waren zusammen mit meinen mitlerweile ausgeranssten Snekers eben nicht gerade orginell. Doch eigentlich mochte ich meinen Kleidungsstyl. Allison stimmte mir zu und dennoch schaffte Lydia es uns beide dazu zu bringen einer Shopping Tour am Wochenende zuzustimmen. Wow das nenne ich mal einen Aufstieg in der sozialen Schulherachie.
Meine Laune bekam einen Dämpfer als Jackson, als einer der ersten aus der Umkleide trat. Er betrachtete mich von oben herab. Ob er wusste wer ich bin? "Was machst du hier? " Jap er wusste zwar vermutlich wie immer meinen Namen nicht ,doch das ich ihm nicht willkommen war war ihm bewusst. Mein eben noch von Freude aufgeladenes Selbstvertrauen schwand und wurde unter dem Tonfall seiner Worte zu nichte gemacht.
"Wir haben unsere Wochenendpläne besprochen." ,die Worte kamen von Lydia. Aus ihrem Mund klangen sie so selbstverständlich. "Du fährst uns doch in die Stadt? " Sie wollte dem ganzen wohl noch die Krone aufsetzen. Ihre Bitte war weniger eine Bitte als eine Rethorische Floskel. Es war für sie bereits entschieden. Ich sah vermutlich ebenso perplex aus wie Jackson. Doch statt irgendwie darauf einzugehen, hackte sich Lydia bei ihrem Freund unter drehte ich nochmal schwungvoll auf ihren hohen Absätzen zu mir und Allison: "Kommst du Allison? Wir fahren dich nach Hause. Bis morgen Thea, ich schreib dir nachher. " Dann stöckelte sie einfach den Gang davon. Allison umarmte mich nocheinmal mit einem flüchtigem Lächeln und bemühte sich dann Lydia zu folgen. Nun stand ich da, ziemlich perplex. Ich hatte in den letzten 45 Minuten mehr Drama und Action erlebt als jemals zu vor. Und zudem keine Ahnung wo Lydia meine Handynummer her hatte. Hatte ich sie ihr gegeben und es vergessen? Oder wollte sie ihren Freund nur noch ein wenig provozieren, da er mich nicht leiden konnte? Ich konnte keine dieser Fragen beantworten. Mein Gehirn war wohl doch nicht so komplex wie ich bisher immer gedacht habe. "Hey Thea! " Eine Männerstimme ließ mich zusammenfahren. "Heilige Scheiße!", entfuhr es mir. Ich wand mich ihm zu, meine Hand lag noch immer auf meiner Brust. Unter meinem T-Shirt konnte ich spüren wie mein Herz begonnen hatte zu rasen. "Verdammt Stiles! Ich hätte beinahe einen Herzentfackt erlitten! " "Sorry. ",er hob seine Hände als wolle er kapitulieren. Doch der amüsierte Unterton in seiner Stimme und das schelmische Grinsen, welches seine Lippen umspielte zeigten mir das ihn meine Reaktion eher unterhielt.
Auch Scott, der hinter ihm aus der Kabine kam grinste nur dumm aus der Wäsche.
"Hey, hört auf so blöd zu grinsen." Als ob meine Worte etwas bringen würden. Scott grinste einfach weiter, doch Stiles machte ein Gesicht als hätte er Verstopfung. Es sah einfach zu lustig aus wie er versuchte meiner Anweisung nachzukommen. Ich konnte nicht anderes als wiederwillens loszulachen.
"Wollen wir los? ",fragte ich Scott nachdem ich mich wieder eingekriegt habe. Er nickte:" Wir sehen uns morgen Stiles. " Er klopfte seinem besten Freund auf die Schulter zum Abschied. "Ähm Leute, ich kann euch auch fahren. ",bot Stiles an. "Ist das für dich in Ordnung Thea? " Scott sah auf mich herab. Ich zuckte lediglich mit meinen Schultern und nickte. Warum sollte ich auch laufen wollen ,wenn mir jemand anbot mich zu fahren? Außerdem mochte ich die beiden irgendwie."Danke fürs fahren Stiles! " Ich sprang lachend vom Rücksitz des alten Jeeps und klopfte im vorbeigehen auf die Motorhaube. "Immer wieder gern." Auch Scott war ausgestiegen. Er trottete hinter mir her während ich bereits mit meinem Schlüssel am Schloss hantierte. "Thea! " Ich wand mich nochmals dem blauen Wagen zu, oder vielmehr seinem Fahrer. Stiles kratzte sich verlegen am Hinterkopf:" Sorry nochmal das ich dich vorhin so verhört habe. Ich bin zu weit gegangen." Ich lächelte ihm zu:" Schon vergessen." Auch er lächelte. "Dann bis morgen! " "Ja, bis morgen. " Ich winkte ihm zu nachdem Stiles den Motor startete und vom Parkplatz fuhr.
Meine Arbeit in der Klinik machte mir immer Spaß, doch heute wirkte die ganze Atmosphäre irgendwie belebter. Doch diesen Umstand schrieb ich meiner guten Laune zu. Wir, Scott und ich alberten viel herum und auch unsere Gespräche waren tiefgründiger als der bisherige Smalltalk. Deton überließ uns heute den größten Teil der Arbeit. Er war zwischendurch in seinem Büro verschwunden und kam nur dann kurz heraus wenn einer von uns Fragen hatte.
Ein weiterer fröhlicher Umstand war, dass ich nicht allein zu meinem Haus laufen musste. Ich wohnte offenbar lediglich einen Block weiter als die McCalls. Scotts Anwesenheit beruhigte mich immens und nahm mir ein klein wenig meiner Angst. Natürlich würde ich dies niemals einfach so zu geben. Ich unterlag meinem wahrnsinnigen Stolz.
Meine Mum turnte noch mindestens zwei Wochen aufgrund ihrer Arbeit in der Welt herum, wesswegen ich nicht darauf achten musste wo ich meine Sachen hinschmiss. Ich hatte noch mehr als genug Zeit vor ihrer ,vermutlich nur kurzzeitigen Rückkehr alles wieder auf hochglanz zu bringen.
Manchmal ist es deprimierend immer allein zu sein. Ich hatte kein Problem damit nicht ständig Menschen um mich zu haben,doch mit der Einsamkeit die an einem zu nagen beginnt. Aber wenn es mir so ergeht habe ich im Gegensatz zu den Meisten das Glück noch ein Zuhause zu haben. Derek war mein Zuhause, meine Familie und mein Beschützer. Das hier, dieses Haus lediglich der Ort an dem ich schlief. Meine Mutter glänzte schon seit ich klein war durch ihre Abwesenheit. Ich zweifelte nicht daran das sie mich liebte, doch sie tat es auf ihre Weise. Sie versuchte mir viel zu bieten und verstand dabei nicht was sie mir dadurch entzog.
Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche, das Display leutete auf. Ein Bild von Erica und mir leuchtete mir farbenfroh entgegen. Wir waren noch Kinder und strahlten um die Wette während wir einen kleinen Hund streichelten. Das Foto war vor einigen Jahren von Mum aufgenommen worden, der Hund gehörte meinem Großvater. Das war auch das letzte Mal das ich ihn gesehen hatte. Er war nie sonderlich gefühlsbetont gewesen. Ehrlich gesagt konnte ich mich kaum an ihn erinnern. Ich hatte ihn nur selten gesehen, ehe der Kontakt abgebrochen war. Und jedes Mal wenn ich ihn sah hatte ich nur Augen für den damals noch kleinen Rotweiler.Wie von selbst wanderten meine Finger zum Tastenfeld wo ich die Kurzwahl von Ri's Handy eingab. Es klingelte, und klingelte. Bis die monotone Männerstimme mir verkündete das mein gewünschter Gesprächspartner nicht ans Telefon ging. Langsam machte ich mir Sorgen. War irgendwas geschehen? Oder ignorierte sie mich? Wieso sollte sie mich ignorieren?
Seufzent warf ich mein Handy aufs Sofa und schlurfte die Treppen hoch in mein Zimmer. Gott sei dank waren meine Lehrer heute gnädig gewesen, sodass ich heute nichts mehr für die Schule machen musste. Ich schaltete meine Stereoanlage an und drehte die Lautstärke auf ehe ich im angrenzenden Bad verschwand. Meine Kleidung landete auf dem gefliesten Boden, während ich bereits das warme Wasser aufdrehte. Das Geplättscher des Wassers, welches auf die Keramikwanne traf verband sich mit dem Rhytmus aus der Anlage. Ich stieg unter die Dusche und genoss das Gefühl von Wärme welche das Wasser verursachte. Meine Muskeln entspannten sich. Es war ein ziemliches Glück das ich im Haus allein war und niemand meine albernen Gesangs und Tanzeinlagen zu sehen bzw. zu hören bekam. Ich duschte länger als unbedingt nötig. Einfach um das Gefühl von Sauberkeit und die Entspannung noch ein Weilchen länger zu genießen. Der heutige Tag war anstrengender gewesen als ich gedacht hatte, doch auch soviel Ereignisreicher. Es war ein kleiner Abstecher aus der typischen, alltäglichen Welt hinaus. Dennoch war ich mir bewusst das es ab dem morgigen Tag wieder genauso seien würde wie zuvor. Wem sollte ich was vor machen. Vermutlich würden mich Scott und Stiles ab heute öfter grüßen wenn wir uns über den Weg liefen. Vielleicht galt das sogar für Allison und Lydia. Doch mein Leben würde sich nicht plötzlich auf mystische Weise verändern. Es würden keine unerklärlichen Wunder geschehen und ich würde nicht auf einmal das Potenzial zur Ballkönigin oder einem großen Sportass entwickeln. Ab morgen wäre alles so wie immer. Nicht das immer schlecht war. Ich mochte mein immer. Mochte meine eintönige, aber sichere, sorgenlose Welt. Und doch sehnte ich mich nach etwas mehr. Etwas mehr Aufregung und Farbe in meiner schwarz, weißen Welt.
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