19.

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Ich lief über dem Parkplatz, um möglichst schnell bei meinem Wagen zu sein. Im Unterricht hatte ich nicht wirklich aufgepasst. Die Unterrichtsstunden waren an mir vorbei gezogen und ich hatte mich nicht einmal aufraffen können mich zu melden. Auch wenn ich versuchte mich zu konzentrieren vergaß ich die Fragestellung nur Sekunden nach dem sie gestellt wurde. In einer Pause war ich kurz bei unserer Vertrauenslehrerin, um sie über den Trauerfall in meiner Familie zu informieren. Sie versicherte mir meinen Kurslehrern bescheid zu geben, damit sie meine momentane Situation kannten und sie bei der Bewertung meiner Leistungen berücksichtigten. Somit hatte ich immerhin eine kurze Schonfrist gewonnen.
Isaac hatte ich den ganzen Tag nicht gesehen. Was hatte ich auch erwartet? Ich hatte ihn die ganzen Jahre lang nicht bewusst wahrgenommen. Warum sollte sich das von einem auf den anderen Tag ändern? Vermutlich hatte er in einem der Klassenräume geschlafen.

"Thea! Warte doch mal!"

Verwirrt drehte ich mich um, als ich gerade dabei war mein Auto aufzuschließen.
Stiles kam unelegant auf mich zugedackelt. Unter anderen Umständen hätte ich gelacht, doch den ganzen Tag kam ich mir schon wie in Watte gepackt vor, sodass ich nur ein müdes Lächeln zustande brachte.

"Hey Stiles."

"Wo warst du nur den ganzen Tag? Ich wollte dich heute morgen abholen, aber du warst offenbar schon weg."

"Ich konnte nicht gut schlafen, deswegen bin ich früher losgefahren."

Es herrschte Stille.

"Ich-Ich weiß das das jetzt sicherlich nicht der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt dafür ist, aber... Eigentlich wollte ich dich auch gar nicht darauf ansprechen, sondern warten bis du es mir selbst sagst... "

Oh nein. Ich wusste genau was jetzt kommt. Ich hatte kein Problem damit, dass Stiles es wusste. Ich vertraute ihm. Doch ich war mir darüber im Klaren, dass ich große Probleme hatte darüber zu sprechen. Es kam schon einem Wunder gleich, dass ich es geschafft hatte den ganzen Tag nicht in Tränen auszubrechen.

"Mein Gott Thea, es tut mir so leid wegen deiner Mutter."

Diese Worte traten dad los, was ich versucht hatte zurückzuhalten. Ungehindert rannen die ersten Tränen aus meinen Augenwinkeln.

Stiles bernsteinfarbende Augen sahen mich voller Mitgefühl an. Es wirkte beinahe so, als wäre er selbst den Tränen nah.
Er öffnete seine Arme und ich rannte zu ihm und vergrub mein Gesicht in seinem Shirt. Behutsam drückte er mich an sich und flüsterte in mein Ohr:

"Ich weiß genau wie du dich fühlst. Lass es einfach raus. Ich bin da. Ich bin für dich da, okay?"

Ich nickte, mein Körper wurde von Schlurzern geschüttelt. Mir war es egal, dass wir vermutlich von vielen angestarrt wurden. Ich war froh Stiles als Stütze zu haben. Es war mir nicht klar wie sehr ich das brauchte, wie sehr es mich belastete zu schweigen und alles für mich zu behalten. Das Gespräch mit Isaac hatte mir geholfen, mehr als das es hatte für einen Moment den Schmerz gedämpft. Jetzt gerade war ich traurig, ich war am Boden zerstört, doch ich war endlich bereit dieses Gefühl zuzulassen. Auch wenn es seltsam klingen mag, es tat gut zu weinen. Es tat gut etwas zu fühlen anstelle der Leere.

Wir standen eine Ewigkeit an Ort und Stelle und ich krallte mich an Stiles fest. Er hatte das Selbe durchgemacht wie ich und er war dennoch ein so fantastischer Mensch, ein so fröhlicher, mitfühlender, emotionaler Mensch. Er machte mir Hoffnung, dass ich das auch schaffen konnte.
Langsam löste ich mich von ihm. Mit einer Hand fuhr ich über meine Nase.

"Danke Stiles."

Er lächelte zaghaft.

"Du kannst immer zu mir kommen. Hey, hast du Lust mit zu Scott zukommen? Vielleicht tut dir Ablenkung gut."

The rest is still unwritenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt