Tankstelle

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Becca

Es ist kurz vor Mitternacht, als ich aus dem Truck steige. Ich bin gerade einmal zwanzig Meilen weit gekommen und völlig durchnässt, weil ich die ganze Zeit im Regen gestanden habe und meinen Daumen auf die Straße richtete. Mit Hund ist es gar nicht so leicht zu trampen. Vor allem wenn er so groß ist und nass wie Berni. Wir geben ein gräßliches Paar ab. Fast wie obdachlose und ich wünschte, ich hätte mir wenigstens eine Jacke mitgenommen. Meine Zähne klappern so schnell, dass sie sich beinahe überschlagen. Um diese Uhrzeit, kommt kein einziger Truck mehr vorbei und ich bin ausgesetzt an einer verlassenen Tankstelle irgendwo in Wyoming. Wo genau, weiß ich nicht. Der Trucker wollte mich eigentlich mit nach Missoula nehmen, doch Berni hat immer noch Darmprobleme und offensichtlich ganz besonders beim Fahren. Vielleicht hat er Angst und macht sich so Druckerleichterung. Jetzt sitzen wir klatschnass auf dem verlassenen Bordstein einer Kleinstadt und die grellen Lichter der Tankstelle blenden meine müden, brennenden Augen. Berni hat sein Jammern fast aufgegeben und sich damit abgefunden, dass wir heute nichts mehr essen werden. „Es tut mir leid Zwerg, wir suchen uns jetzt einen Schlafplatz und werden morgen weitersehen". Er gibt ein verhaltenes Geräusch von sich und sein ekliger Sabber läuft mir kalt über die Füße. Ich stehe auf und mache mich auf den Weg, nach einer Scheune oder einer verlassenen Farm zu suchen und finde gar nichts. Es ist stockdunkel und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo ich mich befinde. Mein Handy lasse ich aus Akkuspargrünen ausgeschaltet. Man kann ja nie wissen, ob man es noch für einen Notruf braucht. Zum Schluss landen wir wieder an der verlassenen Tankstelle. Der Regen hat sich nun auch noch verstärkt und ich habe keine Ahnung, ob ich meine Füße und Hände noch spüre. Ab und zu stecke ich sie unter Bernis Fell. Aber er strahlt kaum Wärme ab, da Hunde offenbar gut isoliert sind. „Verdammt Hund, was mache ich nun". Berni legt seine Pfote auf meinen Fuß. Keine Ahnung, was es bedeutet. Aber ich glaube, er möchte mich aufheitern. „Ich werde Gage anrufen müssen". Seufzend fische ich mein Handy aus der durchnässten Hosentasche. Ich kann noch nicht einmal das Telefon richtig bedienen. Meine Finger sind stocksteif und taub. Gage geht beim zweiten Klingeln ran. Im Hintergrund höre ich Fahrgeräusche, keine Musik. Er ist offenbar nicht mehr auf dem Konzert. „Becks, wo bist du", fragt er panisch. „Ich weiß es nicht. Hier ist eine Tankstelle...irgendwo in Wyoming".

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