Becca
Meine Stimmung geht mit jedem Tag noch mehr in den Keller. Das Rodeo rückt bedrohlich näher und Tyler und Gage trainieren mit Jason rund um die Uhr. Paige ist auch zu nichts mehr zu gebrauchen und ich sitze faul herum und verschlinge ein Buch nach den anderen, wenn ich nicht gerade auf die Kinder aufpasse oder Hausarbeit für Ricky erledige. Ihr geht es inzwischen zwar etwas besser, doch die Arbeit bringt mich auf andere Gedanken. Gage hat kaum Zeit für mich und das ist echt beschissen. Er hängt ständig mit Tyler rum. Klar die beiden bilden ein Team. Aber müssen sie das auch in der Trainingsfreien Zeit tun. Wenn ich es mir recht überlege, gibt es ja keine freie Zeit für die beiden Roper mehr. Denn sitzen sie nicht im Sattel um zu trainieren, schauen sie sich dann auch noch diese Roping Videos aus den vergangenen Saisonen an. Für mich sehen all diese Videos gleich aus und meine Besuche bei Gage werden dadurch stetig weniger. Ich glaube es fällt dem Kerl noch nicht einmal auf, dass wir uns kaum noch sehen. Vielleicht findet er es so auch besser. Es klingt komisch, aber ich bin ehrlich froh, wenn die Schule wieder losgeht und die Ferien vorbei sind. Dann werde ich wenigstens durch Hausaufgaben abgelenkt und pflege wieder ein angemessenes Sozialleben.
Zwei Tage vor der großen Tour, ist der Trailer vollständig gepackt und auch Jason samt Familie fahren mit. Also sitze ich alleine auf der Ranch fest und werde mich mit Rickys Eltern, die offenbar mich Babysitten sollen, die Zeit totschlagen müssen. Als hätte ich einen Babysitter nötig. „Du kannst auch mitkommen", versucht mich Ricky zu überreden. Jasons Ehefrau steht am Herd und bereitet mit vor Eifer geröteten Wangen, das Frühstück für uns zu. Sie hat die komplette Familie und einige Freunde zum Brunch eingeladen. Alle tun so, als sei dieses Rodeo besser als Weihnachten und freuen sich wie verrückt darauf. Obwohl heute Sonntag ist, trainiert Gage schon wieder und hat alle Hoffnungen auf einen letzten gemeinsamen Tag im Keim erstickt. „Nein danke, das ist nichts für mich und außerdem braucht ihr den Platz im Trailer für euch allein". Ich nehme einen Tellerstapel aus dem Schrank und decke grummelnd den Tisch. Zum Glück ist Ricky so beschäftigt mit ihren Eiern, dass sie das gar nicht bemerkt. „Kannst du dich um Blumen kümmern und den Jungs erklären, dass das Frühstück fertig ist". Ricky rührt inzwischen den Teig für Pancakes und mustert mich nachdenklich. „Klar", zwitschere ich gespielt fröhlich und hoffe, dass sie das Theater nicht durchschaut. Ich nehme eine Schere aus dem Messerblock neben der Spüle um im Garten ein paar frische Blumen zu ernten. Draußen vor dem Ranchhaus herrschen gefühlte dreißig Grad im Schatten und ich schwitze schon nach wenigen Schritten wie ein Bauarbeiter. Das Wetter meint es offenbar zu gut diesen Sommer. Ich dachte immer, in Montana herrsche eher ein raues, kühles Klima. Aber offenbar nicht, wenn ich ein Austauschjahr dort verbringe. Die Luft riecht würzig. Nach frischem Heu und Pferd. Traumhaft. Tyler und Gage sind in der Reithalle. Ich höre ihre Stimmen schon von weitem. Dort ist es auf jeden Fall um einiges kühler als ich dort eintreffe. Dennoch riecht der Belag der Reithalle lange nicht so gut wie die Luft auf dem Reitplatz draußen. Ich beobachte sie eine Zeit lang beim Training. Jason bestückt gerade die hellblaue Startbox mit einem Kalb und Tyler richtet seinen braunen Wallach rückwärts in eine Ecke. Er hat ein kurzes, hartes Seil zwischen seinen Zähnen. Das Lasso hält er zum Werfen bereit in beiden Händen. Dann geht die Box des Kalbes auf und das Tier prescht heraus. Tylers Pferd schießt wie ein geölter Blitz hinterher. Das alles geht so schnell, dass man kaum das Schwingen des Lassos sehen kann. Das Kalb bremst ruckartig ab, weil es die Schlinge bereits um den Hals hat und geht zu Boden. Im selben Moment schon steigt Tyler von seinem Pferd und läuft auf das Kalb zu. Mit dem Seil, dass er zwischen den Zähnen hatte, bindet er ein Vorderbein mit einem Hinterbein zusammen und hebt die Hand sobald die Arbeit erledigt ist. Ich schaue auf die Stoppuhr, die über der kleinen Tribüne hängt. Siebenkommafünf Sekunden. Soweit ich weiß, eine sehr gute Zeit. Aber offenbar nicht gut genug für Jason, denn er wirkt sehr unzufrieden. „Das war Beschissen. Warum bist du heute so langsam", schreit er dann aus Leibeskräften. Tyler steigt genauso angepisst auf sein Pferd und löst ruckartig das Lasso vom Sattelknauf und wirft es zu Boden. Bill befreit das Kalb wieder und treibt es in einen freien Coral. „Ich soll euch von Ricky ausrichten, dass das Frühstück so gut wie auf dem Tisch steht", unterbreche ich das unzufriedene Gemurmel der anderen. Bill blickt auf und nickt. Jason sieht auf seine Armbanduhr und stemmt dann demonstrativ seine Hände in die Hüften. „Ok, dann lassen es wir für heute gut sein. Eure Pferde brauchen eine Pause bevor es auf Tour geht und ihr habt es genau so dringend nötig". Ich verlasse die Halle ohne Gage einen Blick zu gönnen und gehe hinüber zu Rickys Garten. Während ich die Blumen abschneide beobachte ich verstohlen aus den Augenwinkeln Gage und Tyler, die ihre Pferde auf die angrenzende Koppel bringen. Gage hat mich in den letzten Tagen so gut wie überhaupt nicht beachtet und ich frage mich ehrlich, wo wir gerade stehen. Sind wir überhaupt noch zusammen. Waren wir das je? Aber bei dem Gedanken, dass ich Gage eine ganze Woche überhaupt nicht sehe, zieht sich mein Magen unangenehm zusammen. Eigentlich wäre es für mich gesünder, mit Gage einfach Klartext zu reden. Aber das klingt irgendwie leichter als es ist. Ich möchte letztendlich nicht als Depp dastehen und von ihm ausgelacht werden. Gage begegnet meinen nachdenklichen Blick und kommt zu mir herüber gejoggt. Scheiße. Verdammt nochmal. Ich habe keine Zeit zu flüchten. Wie würde das denn aussehen, wenn ich den Blumenstrauß samt Schere einfach in den Garten werfe und mich vom Acker mache. Dann stehe ich wirklich wie ein Idiot da. „Hey". Er hat ein Schweißperlen auf seiner Stirn und das braune Haar klebt auf seiner Haut. Das Training scheint wirklich anstrengend zu sein. Auf seinem hellgrauen T-Shirt sieht man auf der Brust dunkle Schweißflecke. „Wie läuft dein Training", frage ich kühl. Aber ich bin alles andere als cool. Ich zittere innerlich vor Aufregung und ich denke, das hört man an meiner Stimme, die sich zu überschlagen scheint. Hoffentlich merkt er das nicht. Gage lehnt sich mit verschränkten Armen an den Gartenzaun und mustert mich lässig. Verdammter Kerl. Warum nur bist du im Gegensatz zu mir so cool. Entweder macht er sich nicht viel aus mir, oder er kann das einfach zu gut verbergen. „Ganz gut", antwortet er auf einem Kaugummi kauend. „Kommst du heute Abend zu mir". Warum auf einmal fragt er mich so etwas? Ich packe ein paar Rosen auf meinen Strauß und tue so als sei meine Arbeit wichtiger als seine Anwesenheit. „Warum", frage ich gelangweilt. Gage springt mit einem Satz über den Gartenzaun und nimmt mir die Schere, mit der ich weitere Blumen aus dem Beet schneide, aus der Hand. Dann steckt er sie in seine hintere Jeanstasche. Ich funkle ihn wütend an und würde Gage am liebsten in der Luft zerreißen. Was bildet er sich eigentlich ein. „Wir beide haben schon ewig nichts mehr unternommen und ich würde gerne Zeit mit dir verbringen", antwortet er mehrere Atemzüge später. Die negative Anspannung zwischen uns ist greifbar. „Du musst doch auf Tour", frage ich spitz ohne wirklich auf seine Aussage zu reagieren. Damit ist alles gesagt, und eigentlich doch nichts. Ich ignoriere Gage am besten und nestle wieder an meinem Strauß herum. „Klar, das weißt du doch", sagt er dann nachdenklich. Auf seiner Stirn bilden sich kleine Denkfalten. Aha, Gage hat also doch ein Gehirn und kann denken. Braver Junge. Ich nicke übertrieben hektisch und knirsche verärgert mit den Zähnen. Das ist zwar eine blöde Angewohnheit, aber in manchen Situationen unvermeidbar. „Ja richtig, dass weiß ich. Aber ich glaube trotzdem nicht, dass ich heute Abend zu dir kommen kann. Warum sollte ich auch". Dieser Satz musste einfach raus. Egal ob dieser selbstverliebte Kerl es kapiert oder nicht. Sein Problem. Nicht meines. Gage braucht erst gar nicht zu denken ich sei sein Hündchen, dass angelaufen kommt, wann er es gerade braucht. „Kannst du bitte damit aufhören, sinnlos an den Blumen zu zupfen", fragt er auf einmal verärgert. Als ich es nicht tue, reißt er mir den Strauß aus den Händen und legt ihn vorsichtig auf den kleinen rostigen Gartentisch neben uns. „Kannst du nicht kommen oder willst du aus irgendwelchen Gründen nicht". Ich funkle ihn böse an. „Das soll dir egal sein". Meine Worte sind mehr ein Zischen. Ich habe so eine verdammte Wut auf Gage. Er hebt abwehrend beide Hände in die Höhe, schüttelt abfällig seinen Kopf und geht einen Schritt rückwärts. „Ok, ok. Ich habe schon kapiert. Du bist sauer und willst mich nicht sehen. Damit kann ich leben. Überhaupt kein Problem". Er benutz beim Verlassen des Gartens dieses mal die Tür und dafür bin ich echt dankbar, denn er hat ein paar von den schönen kleinen Blumen mit den lila Blüten plattgetrampelt. Ricky wird ausflippen wenn sie das sieht. Jedoch wirft Gage das kleine Türchen so sehr ins Schloss, dass die Verriegelung wieder aufspringt und die eh schon in die Jahre gekommene Tür nur noch halb in den Angeln hängt. Hoppla. Anscheinend ist auch er sauer.
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Play with FIRE
RomanceGage Cooper ist ein Mistkerl. Arrogant, gut aussehend und ein Draufgänger. Außerdem geht er Becca ziemlich auf die Nerven, denn seine ständigen Anmachversuche hat sie ziemlich satt.... Missoula Lovestory 3