Little Kiss - Harry

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Als Niall und ich am Abend wieder in Louis und meiner Wohnung saßen, dachte ich immer noch darüber nach, ob es gut gewesen war mit dem Blonden zum Friedhof zu fahren. Andererseits half es ihm vielleicht dabei den Tod von Liam zu verarbeiten und mehr wollte ich nicht. Wenn es ihm in den nächsten Tagen tatsächlich wieder besser gehen sollte, dann war es das wert, dass er praktisch zusammen gebrochen war.

Im Moment rührte er jedoch, wie immer, lustlos in seinem Essen und starrte die Tischplatte an. Das mit der Aktion am Morgen tat mir auch noch immer leid. Aber ich war es nun mal gewohnt in dem Bett zu liegen und mit jemandem zu Kuscheln und im Schlaf unterschied ich eben nicht zwischen Louis und anderen Personen.

Louis. Ich hatte irgendwie kaum an ihn gedacht und sofort bereitete sich ein schlechtes Gewissen in mir aus. Ich vermisste ihn schon irgendwie. Aber ich hatte ihn auch schon mehr vermisst. Vielleicht lag es einfach an der gesamten Situation.

Ich wusste nicht, ob ich ihn anrufen sollte. Er war ja gefahren, weil er Abstand wollte und dann wollte er sicher nicht, dass ich ihn mit Anrufen oder Nachrichten belästigte. Wenn er wollte, dann würde er sich schon melden, da war ich mir sicher.

„Niall?“ Er saß auf der Luftmatratze und ich auf dem großen Doppelbett. „Wenn du willst, dann kannst du in dem Bett schlafen und ich schlafe auf der Luftmatratze, dann hast du es  bequemer.“, schlug ich vor, aber er schüttelte nur langsam den Kopf.

„Geht schon.“, murmelte er und brachte sich in eine liegende Position. „Oder ich beherrsche mich heute Nacht, dann kannst du auf Louis Seite schlafen.“, wagte ich einen weiteren Versuch, aber ich bekam keine Antwort. „Es tut mir wirklich leid.“, redete ich also weiter, aber das brachte nichts.

„Gute Nacht.“, wisperte ich noch und legte mich dann schlafen. Zumindest war das mein Plan, aber ich konnte einfach nicht einschlafen und ich spürte genau, dass auch Niall nicht schlief, sein Atem war nicht gleichmäßig genug, das hörte ich.

Genervt rollte ich mich von einer Seite auf die nächste und seufzte. Dann hörte ich leises Rascheln einer Bettdecke und leise Schritte, die sich meinem Bett näherten, schon stand Niall auch schon vor mir.

„Harry?“, flüsterte er und sah mich mit großen Augen an. „Kannst…kannst du mich vielleicht in den Arm nehmen?“, fragte er verlegen und ich nickte einfach nur, während ich die Bettdecke zurück klappte, damit er darunter kriechen konnte.

Als er neben mir lag, schlang ich meine langen Arme um ihn und er vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Stoßweise traf sein heißer Atem meine Haut und ich erschauderte, gleichzeitig strich ich über seinen Rücken, bis sich seine Brust gleichmäßig gegen meine bewegte und ich wusste, dass er eingeschlafen war.

Nachdenklich sah ich auf Nialls verstrubelte Haare und schloss dann die Augen. Unwillkürlich fragte ich mich, was genau ich eigentlich für eine Beziehung zu Niall hatte. Noch nie hatten wir so eng nebeneinander gelegen, wenn man das von der letzten Nacht außer Acht ließ, da das ja keine Absicht gewesen war.

ich kam zu keinem Ergebnis, weil ich viel zu müde war, um anständig nachdenken zu können. Ich lehnte stattdessen meine Stirn gegen Nialls Kopf und versuchte zu schlafen. Dieses Mal gelang es mir.

„Liam. Liam. Liam.“ Ich wurde wach, weil Niall den Namen unseres verstorbenen Freundes immer wieder vor sich hin brabbelte, dabei aber weiter schlief. Es war drei Uhr nachts und ich war hellwach, also beobachtete ich Niall, wie er immer wieder seine Lippen bewegte und „Liam.“ sagte.

Plötzlich riss er panisch die Augen auf und starrte mich an, ich starrte zurück, keiner von uns bewegte sich, bis Niall blinzelte, weil ein paar Tränen seine Sicht verschleierten.

„Alles ist gut.“, flüsterte ich und nahm ihn wieder in den Arm.

„Er…er war da…und er…er hat mich geliebt.“, schluchzte Niall und ich drückte ihn fester an mich, ließ meine Hände wieder über seinen Rücken wandern. Langsam beruhigte er sich wieder und weil ich es bei Louis auch immer tat, wenn er weinte, hauchte ich Niall ebenfalls einen federleichten Kuss auf die Schläfe. Es war einfach ein Reflex.

Er rückte ein Stück von mir ab und sah mich an, ich konnte nicht einmal erahnen, was er dachte, weil er mich einfach nur ganz normal ansah. „Ich…“ Niall schüttelte den Kopf und ich hielt wieder den Mund.

„Das…das hat sich…irgendwie gut angefühlt.“, murmelte Niall und seine Finger strichen über seine Schläfe, während er mich weiter ansah. „Liam hat das auch manchmal gemacht. Freundschaftlich, wenn es mir schlecht ging. Es hat sich genauso angefühlt.“, brabbelte er weiter und ich war mir nicht sicher, mit wem genau er eigentlich sprach, mit mir oder mit sich selbst.

„Lass uns weiter schlafen.“, schlug ich einfach vor und legte mich wieder hin, zog Niall in eine liegende Position und deckte uns zu. Meine Gedanken schwirrten immer noch um diesen Kuss auf Nialls Schläfe. Ich küsste nur Louis. Und meine Mum. Was zum Teufel hatte ich mir also dabei gedacht? Bestimmt war es ein einfacher Reflex gewesen und außerdem hatte es geholfen, denn Niall schlief wieder wie ein Baby und ich konnte ohne schlechtes Gewissen meine Augen schließen und Schafen.

Ohne schlechtes Gewissen stimmte vielleicht nicht. Ich hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Louis, aber er musste davon ja nichts erfahren und außerdem war es auch nichts gewesen. Das war alles ohne Bedeutung und ohne irgendeinen Hintergedanken.

Ein Reflex und nichts weiter. Ich liebte Louis und ich freute mich schon darauf, wenn er endlich wieder da war und ich ihn in meine Arme schließen konnte. Und ihn wieder küssen konnte.

Terrible Things [Larry/Niam, Narry/Zouis] ✓✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt