#21 Sticker und mein Problem damit.

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Nach langer Pause endlich mal wieder ein Text von mir. Ich habe mir ausnahmsweise einmal wirklich Mühe gegeben einen konklusiven Text über etwas zu schreiben mit dem ich persönlich nicht zufrieden bin. Ich will 2017 den Wert meiner Texte erhöhen, ohne an Zynismus oder meinen Witzen zu sparen; sondern einfach dadurch, dass ich mir mehr Gedanken über meine Themen mache und sie durch Pro's und Kontra's ersichtlicher und umfangreicher gestalte.

Und ich hoffe dieser Text geht damit in die richtige Richtung. Aber lasst uns endlich über mein Problem sprechen, bevor ich noch irgendwelche Komplimente von zweidimensionalen Gutmenschen erhalte, dass ich endlich „positiver" sei. Was auch immer das bedeuten soll...


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  Und wo wir gerade Bedeutungen hinterfragen: In den letzten Monaten sind mir diese kleinen .png's auf Covern immer mehr ins Auge gestochen. Wie Dornen. Hah. Dorn im Auge... wow, die Witze haben im neuen Jahr wirklich an Qualität gewonnen!

Trotzdem ist dieser Witz nicht weit von meiner wirklichen Meinung entfernt. Denn für mich sind Sticker oft nicht mehr als ein wertloses .png ohne Aussage, dass ein schönes Cover unnötig mit seiner Präsenz verdeckt und oft einfach als billiger Weg benutzt werden, um sein Buch auf ein Podest zu hieven, dass es vielleicht nicht einmal verdient.

Meiner Meinung nach sollten Bücher für sich selbst sprechen und die Aussage deines Buches sollte clever genug geschrieben und integriert sein, um den Leser zum Nachdenken anzuregen, weil man ihm einen tieferen Einblick auf ein Thema ermöglicht mit dem der Autor vielleicht sogar selbst zu kämpfen hat oder hatte. Und, wenn ich dann sehe wie Sticker als Aussage für „Woah, guck mal wie ernst und erwachsen meine Story ist und wie ich total toll auf ein gesellschaftliches Problem eingehe!1!!" dann heißt das für mich einfach nur, dass du deine Story in diese Ecke der Gesellschaftskritik stellen willst, ohne wirklich über ein Thema recherchiert zu haben.

Denn kurz über mentale Instabilität oder das Schwul sein nachzudenken und seiner Story dann einen passenden Sticker zu geben ist das Äquivalent zu einer Person deren Aussage über ein bekanntes schlechtes Buch „Schlecht" ist und sich daraufhin Kritiker nennt. Aber das ist ein komplett anderes Thema...

Durch das Benutzen eines Stickers stellt man sich oft in eine Ecke deren man vielleicht gar nicht angehört oder man stellt sein Buch auf ein „Ich bin kreativer und kritischer als ihr alle"-Podest. Außerdem hilft es einem Sticker nicht, wenn man ihn einfach herunterladen kann. Da ihn dann jeder benutzen kann und sofort wird jede Story über ein fälschlich oder zweidimensional dargestelltes mentales Problem zu einem Symbol für #FREEMENTALILLNESS ohne wirklich eines zu sein oder etwas dafür getan zu haben.

Ein mehr oder minder positives Beispiel für einen Sticker mit Bedeutung und Aussage sind die Watty's. Ich stimme nicht mit jedem Gewinn überein, aber nachdem ich einige Bücher die gewonnen haben gelesen habe, muss ich sagen das die Qualität der Bücher besser ist und sie definitiv ihren Status verdienen, aber das auch nur, WEIL die Sticker exklusiv sind und nicht jedem Buch hinterher geworfen werden. Dadurch bekommt man eine Selektion an Büchern, die wirklich empfehlenswert sind, ohne unübersichtlich oder extrem schwankend an Qualität zu sein.

Ein gegenteiliges Beispiel für mich sind Sticker, die für „andersartige" Hauptcharaktere gemacht werden. Weil diese einfach überhaupt keine Bedeutung und Aussage haben und ein minimales Level an Kreativität belohnen.


„WAS, dein Hauptcharakter ist ein Bad GIRL und kein Bad BOY? WOOOOOW!!!!"


„Dein Hauptcharakter hat kein Waschbrettbauch und ist nicht groß und gut aussehend? Woah, darauf wäre niemand gekommen!"


Ich möchte damit nicht sagen, dass solche Bücher nicht gut oder es nicht sein könnten. Aber allein, dass dein Charakter das Gegenteil eines typischen Protagonisten ist, macht ihn weder besser noch besonderer.

Besondere Charaktere kommen durch Kreativität und Talent. Du kannst aus einem 08/15 Badboy einen dreidimensionalen Protagonist machen, dessen Gefühle und Gedanken ein Gegenstück zu deinen sind, da seine Position innerhalb der Gesellschaft eine andere ist.

Und aus einem gut aussehenden Mann einen schwulen gut aussehenden Mann zu machen heißt noch lange nicht, dass deine Story gegen Homophobie kämpft.

Ich denke mein Hauptproblem lässt sich darauf herunterbrechen, dass Leute sich von vorneherein in eine Kategorie stellen, um ihrer Story dann halt doch drei oder vier Sticker zu verpassen. Anstatt das cleveres, kreatives Schreiben belohnt wird und Stories, die die Message eines Stickers auch wirklich verkörpern diesen erhalten.

Es ist einfach aus einem Klischeecharakter das Gegenteil zu machen und es ist einfach eine Story über LGBT mit den typischen, angetackerten Problemen und es ist noch einfacher eine Story über Depressionen zu schreiben.

Doch wirkliche Bedeutung bekommen dieses Problem durch das, was man daraus macht. Es ist nicht das Aussehen oder die sexuelle Orientierung oder mentale Probleme, die eine Story besonders machen. Sondern es ist das, was man aus diesen Ressourcen macht und aufbaut.

Und hier kommen wir zu dem, was aus einem billigen, manchmal hässlichen .png einen Sticker mit Bedeutung und Aussage machen kann. Da die Möglichkeit einem Problem damit Traktion zu verleihen einfach ist. Aber auch schlechte Publicity ist Publicity.

Und, wenn ein Buch, dass zum Beispiel gegen Homophobie „kämpft" dann doch nur von zwei Tumblrboys mit pinker Haarfarbe handelt, die sich „voll am lieben sind" ohne wirklich gegen Homophobie zu kämpfen und Menschen, die genau vor solche einer Challenge stehen wie Clowns aussehen lässt, dann gibt das deinem Sticker eine eher peinliche Traktion die komplett an der Message vorbeizielt.

Denn eine gute Story, welche diese Themen clever, kreativ und vor allem verständlich behandelt kann andere Leute aufklären und zum Nachdenken anregen. Und vielleicht entsteht daraus eine noch bessere Geschichte. Denn Wichtigkeit und Bedeutung entsteht nicht durch einen Sticker, sondern durch das was wir mit ihm assoziieren. Und diese Bücher sollten stellvertretend dafür stehen, anstatt ein Free-For-All zu sein, wo jeder so tun kann als wäre sein Buch etwas Besonderes.  



K I S

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