XX. Endlich Ruhe

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Eragon lehnte sich in seinem Sattel zurück und sah erleichtert seufzend hoch zu den Sternen empor. Das Rauschen des Windes, das regelmäßige auf und ab Ihrer Flügel und schon allein Saphiras Anwesenheit beruhigten ihn ungemein. Endlich konnten sie sich wieder der Politik und den Planungen entziehen, um einmal ihre Zweisamkeit genießen zu können, und wieder zur Ruhe zu kommen.

Die beiden Seelenverwandten flogen nun schon seit geraumer Zeit, doch Eragon genoss jede einzelne Sekunde. Sie hatten sich mit ihren Seelen umschlungen, und Saphira summte behaglich. Doch als er jetzt die Sterne näher Betrachte, schien sein geistiges Auge die vielen viel dunkleren und kleineren Sterne in das Bild mit einzufügen, die er auf ihrem damaligen weg nach Vroengard gesehen hatte.

Augenblicklich dachte er wieder an die Gesichter all seiner Freunde und Gefährten, als sie seine Worte, dass die Welt rund sei und der Himmel unendlich, gehört hatten. Er sah vor seinem inneren Auge Aryas faszinierten Blick. Und ein neuer eisiger Splitter schien durch sein Herz zu durchbohren. Augenblicklich konnte er Saphiras sanfte und verständnisvolle Stimme hören.

‚Du wirst sie wiedersehen können, irgendwann.' dabei sandte sie ihm all ihre Liebe und Fürsorge, die seine Drachendame für ihn hegte, sodass Eragon wieder warm ums Herz wurde. Doch die Bilder schwanden nicht, nein. Sein geistiges Auge riefen nun Bilder hervor, die Arya zeigen, zeigten nun Arya, wie sie aus der dunklen Zitadelle tritt, mit der einen Schatulle in der Hand. Die Schatulle, in der Fírnen gewesen war.

Bei dieser Erinnerung kam Eragon augenblicklich eine Idee. ‚Saphira, sollten wir Kathárys, wenn er im richtigen Alter ist, auch anbieten, Drachenreiterprüfungen durchzuführen?' Saphira war sichtlich verwirret über diesen plötzlichen Themenwechsel, doch als sie sich kurz auf das Bewusstsein ihres Seelengefährten konzentrierte, verstand sie seinen Gedankengang und überlegte.

‚Ich weiß es noch nicht. Wegen seinem Talent, wie du es nennst, könnte es aber einige Risiken für das Drachenküken geben, sollte eines schlüpfen.' Eragon seufzte. ‚Ich weiß, aber sie dir ihn und Sirrôk an. Sie sehen sich fast jeden Tag und spielen, oder lernen viel. Und noch nie ist dem Wilden etwas passiert. Notfalls könnten wir doch das Küken mit Magie schützen.' Saphira überlegte kurz. ‚Aber sage mir; Wie wäre es für dich, mich nicht Berühren zu dürfen, immer mit größter Vorsicht und immer darauf bedacht, mich nicht zu verletzen. Würdest du dann gerne Drachenreiter sein?' Eragon antwortete ohne zu zögern: ‚Ja, allein deine geistige Nähe würde mir schon Kraft und Glück geben. Außerdem hat Kathárys seine Kleidung die eben diese Gefahren Vorbeugen würde.' Daraufhin schwieg Saphira eine Weile.

Eragon öffnete wieder seine Augen, und studierte entspannt die Sterne. Der Mond sah aus wie eine silberne Scheibe, die mit vielen kleinen genauso leuchtenden Staubkörnern auf einem sanften, nachtblauen Meer zu schwimmt.

‚Du hast recht. Wir sollten ihm die Möglichkeit geben, Dracheneier zu bekommen.'Danke.'

In diesem Moment klang ein dumpfes Geräusch an Eragons sensible Ohren. Er stöhnte innerlich auf. Wieso musste ausgerechnet jetzt Nasuada mit ihm in Kontakt treten wollen?

Noch während Eragon in seinen Satteltaschen wühlte, und dabei versuchte, seine Erinnerungen und Sehnsüchte in Zaum zu halten, ging Saphira schon in einen recht steilen Sinkflug über, damit ihr Seelengefährte sich ungestört mit der Politik befassen konnte.

Ein weiteres Räuspern kam aus dem kleinen Handspiegel, und kurze Zeit später hielt Eragon seinen Spiegel in der Hand. Ein kleines Deckchen, das man am Rahmen befestigen konnte, verhinderte, dass irgendein Bild oder Geräusch auf die andere Seite gelangen konnte.

Mit einem starken Ruck setzte Saphira auf. Stark genug, sodass Eragon der Spiegel fast aus der Hand gefallen wäre. Ohne ein Wort darüber zu verlieren schnallte er sich ab, und sprang von Saphira auf die Wiese.

Nun erst löste er das Tuch vom Spiegel, sah hinein und erstarrte. „Atra Esterní ono thelduin, Arya"* Eragon legte die Finger an die Lippen. Die Königin lächelte. „Mor'ranr lífa unin Hjarta onr." ² „Un du Evarínya ono varda." ³ Kurz drängte Eragon einen Schwall an Erinnerungen zurück, bevor er fragte:

„Worüber willst du bei so später Stunde mit mir reden?" Kurz verbreiterte sich das Lächeln auf ihrem Gesicht noch, doch dann wurde ihre Miene wieder ernst. „Morgen können wir, du, Eragon, und all unsere Oberhäupter besprechen, wie und wann die Reiterprüfungen abgehalten werden sollen." Eragon öffnete den Mund, um eine weitere Frage zu stellen, doch Arya kam ihm mit ihrer Antwort zuvor.

„Ich rede mit dir, weil ich mir dachte, dass du mit mir wesentlich besser reden kannst, als mit Nasuada, und weil ich dich endlich wiedersehen wollte." Eragons Ohrenspitzen erröteten leicht, aber sie hatte recht. Ihre Anwesenheit beruhigte ihn, anstatt ihn aufzuwühlen. „Du hast Recht, Arya Svít kona." „Wie geht es dir und Saphira? Ihr habt euch schließlich seit eurem Aufbruch noch nie gemeldet." Eragon seufzte. „Körperlich geht es mir gut, doch du dürftest wissen, wie es ist, etwas, oder jemanden, zu verlassen." Arya sah ihm mitfühlend in die Augen, und legte eine Hand auf den Spiegel.

„Wir werden uns wieder gegenüberstehen, irgendwann. Ich verspreche es." Er legte seine Hand auf ihre, sodass sie nur noch von den Spiegeln getrennt wurden. Aber obwohl sie nur ein Abbild war, schien es Eragon, als würde er ihre Hand spüren. „Aber du bist die Königin Arya Drötting. Du wirst nicht so weit reisen können." Kurz wechselte ihre Miene zu einem traurigen Ausdruck, doch sie hatte sich schnell wieder gefangen, allein ihr Lächeln wirkte etwas falsch. „Du wirst alles morgen erfahren, Eragon." Ihre Stimme wirkte leicht bedrückt. „Arya, bitte. Verberge nichts vor mir. Ich möchte dir auch helfen können"

Sofort konnte Eragon eine gewisse Trauer und auch Schuld in ihren Augen ablesen. „Du wirst alles Morgen erfahren, sobald die Sonne aufgeht." Eragon wollte nicht weiter nachfragen, denn sie würde es ohnehin nicht jetzt sagen wollen. Daher wechselte er das Thema.

„Wie geht es Roran? Und all den anderen?" Ihre Züge wurden wieder etwas Glücklicher. „Deinem Bruder geht es gut, er und die alten Bewohner Carvahalls haben eine Burg Gebaut, die groß genug ist, um das gesamte Palancar-Tal sicher dort unterzubringen. Ismira und Katrina sind glücklich und sie haben Carvahall neu aufblühen lassen."

Sie redeten noch, Arya fragte ihn über das Hjarta abr Mor'ranr aus und Eragon beschrieb ihr das wundersame Tal ausführlich und ungehemmt.

Während Eragon über Kathárys sprach, der Mond stand schon direkt über ihnen, wurde Arya wieder mitfühlend. „Der Arme wird wahrscheinlich aus dem Elfenreich allein wegen seiner Mutter verbannt." „Aber das könntest du doch als Königin verhindern!" ein bedrücktes Lächeln ging über Aryas Züge. „Nein, das kann ich nicht verhindern, nicht mehr." Einige Momente sah sie ihn noch an, ehe ihr Abbild verblasste und Eragon nur noch sein eigenes Gesicht im Spiegel sah. Er konnte sich denken was ihr letzter Satz zu bedeuten hatte.

Langsam packte er den Spiegel wieder weg, und sah zu Saphira. Diese schlief friedlich und tief. Vorsichtig legte er sich neben sie, um im nächsten Moment in die Wachträume überzugleiten.

*Möge das Glück dir hold sein, Arya.

²Mögest du Frieden im Herzen tragen.

³ Und mögen die Sterne über dich wachen


Eragon V; Krieg für den FriedenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt