XXI. Berstendes Eis

98 4 1
                                    

Beim ersten Morgenschimmer schlug Eragon die Augen auf. Der gesamte Wald, an dessen grenzen sie sich für die Nacht niedergelassen hatten, war noch still. Nichts war zu hören. Eine friedliche Stille.

Ein sanfter Wind kam auf, sodass die Bäume anfingen sanft zu rauschen. Vorsichtig stand er auf, sorgfältig darauf bedacht diese Stille nicht zu stören. Es schien ihm, als würde ein noch so leises Geräusch von ihm ausreichen, um den schlafenden Wald zu wecken.

Langsam Sandte er seinen Geist aus, und stupste Saphira so sanft an. Langsam öffneten sich ihre Augen und ein leises Knurren entrang ihrer Kehle, als ihr sogleich bewusst wurde, dass sie zurück zu ihrer neuen Heimat mussten.

Doch auch ihr Knurren verklang, als sie die Stille bemerkte. Fasziniert blickte sie sich um. Eragon und Saphira verständigten sich nun ohne Worte, ließen einfach ihre Empfindungen reden. Eragon stieg auf den Sattel, den er Saphira am vorigen Tag vergessen hatte abzunehmen.

Die saphirblaue Drachendame sprang aus ihre ohnehin schon Hockenden Position in die Luft und begann mit den Flügeln zu schlagen, sodass der Wald langsam immer kleiner wurde. Sie steuerte sofort zu dem Hjarta abr Mor'ranr, da sie möglichst früh noch ankommen mussten, damit die Anführer der Vier Völker nicht unnötig auf ihn warten mussten.

Doch war es lediglich dem Orientierungssinn der Drachen zu verdanken, dass Eragon darauf vertraute, dass sich seine Drachendame nicht verflog. Denn selbst nach einer Stunde schnellen Fluges war das schützende Gebirge ihres Tals nicht zu sehen.

Erst als die Sonne sich langsam über den Horizont schob, begannen sich die Konturen der massiven Felsriesen deutlich abzuzeichnen. Die Landschaft flog unter Saphiras gleichmäßigen aber auch kräftigen Flügelschlägen davon.

Eine leichte Nervosität begann sich in Eragon aufzubauen. Es galt vor den Herrschern Alagaësias die neue Ordnung des neuen Ordens zu klären. Außerdem mussten die ersten Reiterprüfungen beschrieben und genau geplant werden, um die Eier der Drachen sorgfältig zu schützen.

Saphira stieg höher, sodass die Bergspitzen unter ihnen hinwegrauschten. Die Nervosität in Eragon wuchs, am liebsten würde er seinen Termin einfach vergessen, doch er wusste, dass, wenn er dieser Schwäche nachgeben würde, es fatale Folgen auf die Zukunft der neuen Reiter haben würde.

Von einem Moment auf den nächsten passierten sie die nahezu senkrechte Gebirgswand, die das Tal Isolierte. Sofort wusste Eragon, das irgendetwas nicht stimmte, er spürte es einfach. Und als er zu dem See sah, konnte er eine große Insel aus Eis ausmachen.

Sirrôk kreiste über der Insel und versuchte dauerhaft sie mit Feuerstößen zum Zerfall zu bringen. ‚Vergiss die Verabredung, Eragon, wir müssen ihn da rausholen!' Eragon gab sofort sein Wortloses Einverständnis. Aber wie war Kathárys soweit in den See gekommen? War er von Sirrôk gefallen? Wieso?

Seine Sorge um den Jungen wuchs noch, als er dessen Bewusstsein nicht spüren konnte. Während sich Saphira rasend schnell diesem Eiskollos näherte, durchforstet er ihn mit seinem Geist. Doch er konnte nirgendwo den Geist des Jungen finden. Er muss doch ins Wasser gefallen sein! Anders hätte eine solche Insel doch nicht entstehen können!

Mit einem lauten Brüllen ging Saphira in einen Sturzflug über. Der kleinere Wilde blickte Erschrocken hoch, und wich Saphira aus, als sie mit ihren Pranken ausholte und gleichzeitig ihr inzwischen extrem heißes Feuer spie.

Kathárys hätte aufschreien wollen, als plötzlich etwas Blaues mit brachialer Kraft in dieses Gefängnis aus Eis einschlug. Alles um ihn herum bebte, und der Junge konnte erkennen, wie Saphira ihre Klauen tief in das Eis grub, und es Auseinander Drückte, während eine weitere kleinere Gestalt einen brennenden saphirblauen Gegenstand in eben diese Stelle stieß, an der Saphira ihre gesamte Kraft fokussierte.

Derweil spie auch sie dauerhaft Feuer, und der Junge spürte, wie das Eis sich auf das äußerste dehnte. Saphira brüllte ein zweites Mal, und das Eis begann zu vibrieren. Es Knackte, und mit einem Ruck sprang ein breiter Riss durch Saphiras Angriffspunkt. Es knackte fürchterlich und Kathárys versucht sich noch mehr zusammen zu kauern.

Ein weiterer Ruck, und mit einem Kreischen bildeten Sich weitere Risse, die sich über die ganze Insel entlangzuziehen begannen. Das Knacken wurde häufiger, lauter, und auf einmal konnte der Junge auch bei sich leichte Risse springen sehen, die Sich sofort mit ihrem Feuer füllten.

Es wurde wärmer. Die ganze Insel erschütterte, als ein riesiger Teil von ihr ab barst. Das schummrige Licht wurde immer deutlicher, immer heller.

Noch ein letztes Mal brüllte die Drachendame erschütternd, die Risse verbreiten sich, wurden feiner, und klirrend brachen immer größere Stücke, das Vibrieren ließ sie bersten, und schließlich Bildete sich auch über dem Junge eine Kluft.

Sofort versuchte er einen Arm zu bewegen, doch das Eis in der Kleidung ließ ihn erstarren. Kathárys biss die Zähne zusammen, bot all seine verbliebe Kraft auf, und versuchte sich in alle Richtungen zu bewegen.

Die Lücke wurde größer, überall begann die Insel zu rumoren, und schließlich brach auch das Eis um den Jungen herum, Blitzschnell Sprang er auf, sein gesamter Rücken und seine Arme Knackten, und taten weh, doch Kathárys zwang sich noch einmal, so hoch wie er konnte zu springen.

Und in dem Moment als das Eis endgültig den Kontakt zu seiner Haut verlor, zerfiel es laut krachend in viele kleine Stückchen.

Der Junge landete auf dem Eis und brach sofort zusammen, alles tat weh! Nicht einmal seine Hände konnte er bewegen. Zulange war er erstarrt gewesen. Jemand packte ihn, und hob ihn hoch, bevor sie plötzlich in die Luft gehoben wurden.

„Du hast mir einiges zu erklären!" der Junge erkannte sofort die Stimme Eragons, die sehr müde klang.

Die blaue Drachendame flog zu ihrem Haus auf der Insel, und setzte ab. „Eka elrun ono." (Ich danke dir) Flüsterte der Junge, und Eragon schenkte ihm ein müdes Lächeln, ehe er wieder ernst wurde und Kathárys sah, wie er sich schnell in sein Haus begab.

Die blaue Drachendame wandte sich ihm zu und sah ihn fragend an. Argwöhnisch musterte sie ihn von oben bis unten, ehe sie schnaubte und in Richtung Strand ging. Der Junge folgte ihr.

Die Drachendame Hob eine Kralle und schrieb einen mit mühe einen Satz in den Sand:

Warum sehe ich dich nicht?

Eragon V; Krieg für den FriedenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt