XXVII. Keine Ruhe

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Kathárys starrte die Kräuterhexe zuerst verwirrt an, und ihm wurde langsam unwohl. Was meinte sie damit? Was würde ihm so grausames geschehen, dass er es nicht erfahren sollte? So stand er wieder da, in seinen Gedanken vertieft, und bewegte sich nicht. Es zog sich hin. Sekunden. Minuten. Stunden. In all dieser Zeit stand er einfach nur da, und bemerkte nicht einmal, dass nach einer Ewigkeit auch Angela aufstand, ihm mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck auf die Schulter klopfte, und anschließend den Raum verließ. Den Kater hatte er schon davor nicht entdecken können.

Erst als ihm schon die ersten Strahlen der Morgensonne entgegenstrahlten, erwachte er aus seiner Starre. Vollkommen fehlorientiert sah er sich um. Die hexe war verschwunden, während er hier allein im Raum stand. Langsam setzte sich sein Verstand wieder in Gange, begann auch andere Dinge verarbeiten zu wollen, als allein die „Grausame Zukunft", wie auch immer sie aussehen sollte.

Er schüttelte sich kurz den Kopf, verscheuchte den Gedanken und trat langsam aus dem Raum hinaus. Er befand sich nun hinter der Theke von Angelas Laden, wobei auch hier von ihr keine Spur ist. Nicht ein Besucher befand sich in diesem Teil des Gebäudes, sodass eine gespenstische Stille herrschte. Und diese Stille beunruhigte ihn, brachte ihn wieder an diese finsteren Gedanken. Während er nun in dem Labyrinth aus Regalen herumirrte nahm er seine Umgebung kaum wahr, nur, dass das Sonnenlicht diesen Laden in ein schauriges Zwielicht tauchte, die Schattenspiele auf dem Boden und an den Regalen riefen in ihm mögliche Bilder für seine Zukunft hervor, eine Schlimmer als die andere.

Verbissen schob er diese Gedanken weg und biss sich auf die Unterlippe, damit dies auch si blieb. Nach einer gefühlten Ewigkeit in diesem düsteren Haus sah er endlich die Ausgangstür. Erleichterung durchströmte ihn, als er an der Holztür zog, und ihm der frische Morgenwind durch die Silberweißen Haare. Es half ihm, sich wieder auf das wesentliche zu Konzentrieren. Mit beherzten Schritten ging er aus dem Haus der Hexe raus auf die Hauptstraße der Stadt, den sogenannten Roransweg. Die Bewohne Laëgithrims hatten sich diesen Namen für die Straßen ausgesucht, und jede einzelne der Hauptstraßen wurde nach einem Kriegshelden benannt. Zumindest hatte dies Eragon ihm erzählt.

Kathárys hatte viel über den Krieg gegen den Tyrann Galbatorix gehört, und konnte sich glücklich schätzen ihn nicht miterlebt zu haben.

Der Roransweg, oder in der alten Sprache Vëy abr Roran ist der Weg, der nach Norden zeigte. Es gab noch die Allee der Nasuada, den Weg des Eragon, die Garthzvogstraße, den Pfad des Delímos, benannt nach dem König der Elfen, den Weg des Orik, und noch die restlichen zwei Straßen benannt nach dem damaligen Zwergenkönig Hrothgar und Arya.

Er setzte einen Schritt vor den nächsten, aus der Stadt raus, damit Sirrôk ihn abholen konnte. Die Menschen, Elfen, Zwerge und Urgals kamen nun alle langsam aus ihren Häusern, und grüßten ihn freundlich. Kathárys ließ keinen der Grüße unbeantwortet, aber er mochte es trotzdem nicht, von allen hier gekannt zu werden. Dadurch das er als Eragons Stiefsohn bekannt war, hatten alle Leute einen gewissen Grundrespekt zu ihm, der ihm auf die Nerven ging. Er wollte, dass er sich ehrlich mit den Leuten in seiner Umgebung unterhalten konnte, ohne dass diese jeglicher Höflichkeitsformeln unterliegen müssen.

Er lief an den vielseitigen Häusern vorbei, bis schließlich die Häuser verschwanden, und ebenso der Weg endete. Aber Kathárys ließ sich nicht beirren, und schritt weiter Richtung Norden in den Wald außerhalb des Gebirge hinein. Die Rasenfläche von der Stadt zum Wald war recht klein, sodass er schon bald in den sanften Schatten des Waldes eintauchte, und den weichen Boden unter seinen Füßen spürte. Die Bäume rauschten im leichten Wind, mit einer eigenen, beruhigenden Melodie, die wohl die wenigsten als solche anerkannt hätten.

Er sah sich um, konnte einmal sogar durch zwei dichtstehende Bäume ein kleines Rehkitz zu ihm starren sehen, bis sich die Bäume schließlich lichteten, und den Blick auf eine große Lichtung freilegte. In dessen Mitte endsprang aus einem kleinen Felsen Wasser, sodass ein kleiner Bach in Richtung Westen floss. Sprich Alagaësia entgegen. Aber er reichte nur wenige Meilen durch den Wald.

Eragon V; Krieg für den FriedenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt