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Ein Klopfen löste Wilds Blick von dem kleinen Schwarzhaarigen und heftete sich auf die Tür.
"Komm rein!" rief er und Jack trat ein zusammen mit Whistle. Beide standen kurz in der Tür und schauten ihren Alpha an bevor sie näher traten und auch Fin in ihr Sichtfeld kam.
Er lag zusammengekauert auf der Seite, eine leichte Hitze ging von ihm aus und er verkrampfte sich ständig. Die Bisswunde blutete noch, war aber schon weniger geworden, das Blut lief in einem kleinen schmalen Rinnsal seine Schulter hinab. Aber Fin schlief mittlerweile. Und Wild war mehr als dankbar dafür, so bekamen beide zumindest etwas ruhe.
"Wie geht's ihm?" fragte Whistle leise kam langsam näher.
"Er ist vor ungefähr zehn Minuten endlich eingeschlafen." sagte ihr Bruder und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare bevor er mitleidig und schuldbewusst auf seinen Gefährten hinabsah.
"Du solltest nicht so schuldbewusst reinblicken. Es war von Anfang an klar, dass es schmerzhaft werden würde und lange Stunden oder Tage auf euch zukommen. Aber ihr wart beide damit einverstanden und wenn die Verwandlung erstmal um ist, dann seit ihr froh, es getan zu haben und lebt glücklich bis ans Ende eurer Tage als Wölfe zusammen. Fertig." sagte Whistle und stemmte ihre Hände auf die Hüfte, ihr Blick tadelnd und ernst auf ihren Bruder gerichtet.
"Hast ja recht." seufzte dieser dann und ein Lächeln stahl sich kurz auf sein Gesicht bevor es wieder verschwand.
"Ich bin überrascht, dass du mir so schnell zustimmst. Wirst du krank?" gespielt hielt sie eine Hand an seine Stirn um seine Temperatur zu messen.
"Lass das bleiben" knurrte der Alpha und schob die Hand weg "Sagt mir lieber, warum ihr wirklich da seid."
"Nun ja, ein paar der anderen Wölfe haben Spuren im Wald entdeckt, die auf Bird deuten könnten. Wir sind uns nur noch nicht sicher und wollten dich schon mal gewarnt haben, sollte sie auf den Schirm treten." beantwortete Jack die Frage.
"Danke für die Info. Sag bescheid we-"
Wild wurde unterbrochen als ein Wimmern und fast schon einem Jaulen ähnelnder Ton Fins Mund verließ. Sofort wandte sich der Ältere seinem Gefährten zu und sah, wie dieser sich krümmte und stoßweise den Atem ausstieß.
"Verlasst sofort das Zimmer. Ich kümmere mich selber darum." sagte er und seine Schwester und sein Beta verließen den Raum.
Wild strich vorsichtig über den schmerzenden Körper von Fin. Sein Blick auf seine Schulter, wo nur noch Blut klebte, aber keine Verletzung mehr zu sehen war.
"Also hat dein Körper es akzeptiert und die Wandlung in einen richtigen Wolf hat angefangen." murmelt er zu sich selbst, als sich Fins Körper erneut krümmte und er seine Augen öffnete. Die normalen menschlichen Auge waren nicht mehr da. Auch die braune Farbe seiner Iris war weg. Stattdessen blickten orangene, wölfische Augen zu ihm hinauf. Den Mund leicht geöffnet, offenbarten sich spitze Fangzähne. Dann ertönten die Knackgeräusche, die die Veränderung des menschlichen Körpers zum Wolf ankündigte. Der Jüngere kniff die Augen zusammen und krümmte sich, weitere wimmernde und winselnde Laute von sich gebend. Sein Körper bog sich und langsam spross das erste Fell durch seine Haut, Hände und Füße wurden zu Pfoten. Wild schaute schmerzhaft zu, wie sich sein Gefährte veränderte, er konnte nichts sagen, keine tröstenden Worte, die ihm dabei helfen konnten. Vor allem weil alles schneller voranging, als zuerst gedacht. Aus den geschätzten 12 Stunden sind blos vier geworden und Wild fand, dass er noch nicht genug vorbereitet darauf war, einem frisch verwandeltem Wolf gegenüber zu sitzen. Aber dann war es auch schon so weit und es lag kein Fin mehr vor ihm.
Sondern ein schwarzer Wolf. Er atmete kräftig ein und aus, dabei hob sich seine Flanke stetig und im schnellen Rhythmus. Seine Augen waren geschlossen und die Ohren angelegt, die Beine von sich gestreckt. Der Alpha streckte seine Hand aus und ließ das weiche Fell durch seine Hand gleiten. Vorsichtig glitt seine Hand hoch zu seinem Kopf und er rieb seine Stirn. Dann öffnete er seine Augen und ein verwirrtet Fin schaute zu Wild hinauf.
"Du bist vermutlich verwirrt, auf einmal soviel wahrnehmen zu können. Aber daran wirst du dich noch gewöhnen." sagte er sanft und streichelte ihn weiter. Der Wolf schaute sich um und bewegte sich dann, er rollte sich mit einem winseln auf den Bauch und versuchte herauszufinden, wie er nun mit Vier Beinen umgehen sollte. Nach einigem probieren und mehreren versuchen, saß er dann auf den Hinterläufen. Wilds Versuche, ihm zu helfen hatte er abgelehnt und nun blickte er sich nochmals um.
Wild betrachtete ihn genauer und musste lächeln. Er war ziemlich groß, auch wenn er noch um mehrere Zentimeter kleiner als er in seiner Wolfsform war. Mit der Hand glitt er erneut durch sein Fell und Fin zuckte kurz zusammen, bevor er seinen Kopf zu dem Alpha wandte und ihn betrachtete. Die orangenen Augen leuchteten regelrecht und die Verwirrung wich langsam mehreren Gefühlen. Sie strahlten Angst, Freude, Schmerz und Stolz gleichzeitig aus und der Ältere nahm das Gesicht des Wolfes in die Hände. Er näherte sich ein wenig und Fin nutzte die Chance um an seinem Gesicht zu schnüffeln, dann nieste er und schüttelte sich kurz.
"Willst du versuchen, ein paar Schritte zu gehen?"
Skeptisch schaute der Wolf auf den Boden, trotz seiner Größe schien der Boden unendlich weit weg zu sein er näherte sich nur langsam dem Bettrand.
"Spring einfach runter. Du schaffst das."
Fin zog sich etwas zurück bevor er wieder näher kroch und eine Pfote ausstreckte. Er schob sich noch ein Stück weiter vor und sie berührte den Boden. Dann stütze er sich darauf ab und seine andere Pfote folgte. Mit den Hinterbeinen auf dem Bett und den Vorderpfoten auf dem Boden sah er wirklich komisch aus und Wild konnte sich ein lachen nicht verkneifen.
Fin, der sich noch an die intensiveren Sinne gewöhnen musste, zuckte zusammen, als das Lachen viel zu laut in seinen Ohren hallte und er vom Bett sprang, zusammenbrach und sich zusammenkauerte. Die Ohren angelegt winselte er und versuchte Ordnung in seine verwirrten Beine zu bringen. Sofort hörte Wild auf zu lachen und war auch schon bei ihm, ein besorgter Blick in seinen Augen.
"Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken und hätte besser aufpassen sollen." entschuldigte er sich und kraulte ihn hinter seinen Ohren und massierte diese leicht. Der Wolf hob seinen Kopf und blickte ihn an. Er kroch langsam näher und schob die Schnauze unter sein Kinn bevor er seinen Kopf an dem Älteren rieb. Lächelnd kraulte Wild ihn weiter und erinnerte sich daran, was der Arzt gesagt hatte. Also ging er vom kraulen zu einer Massage über und massierte die Gelenke des Wolfes. Es sollte helfen, Verspannungen zu lösen und ihm das Laufen erleichtern, da das alles ungewohnt und neu für ihn war. Doch für Wild schien es, als würde sich Fin doch recht schnell an seine neue Form gewöhnen und auch gefallen daran finden.
Ohne Vorwarnung verkrampfte sich der Wolf plötzlich und er jaulte auf. Sein Körper zitterte und er wand sich in dem Griff des Alphas. Dieser begriff sofort, dass er dabei war, sich wieder in einen Menschen zu verwandeln und legte den Kopf des Wolfes auf seinem Schoß ab. Er flüsterte ihm beruhigend zu und versuchte auch auf die Pfoten zu achten, die Kratzer und Furchen über den Boden zogen und ihn selber treffen könnten.
So schnell wie Fin sich in einen Wolf verwandelt hatte, so lag er nun auch wieder als Mensch da. Schwer atmend rollte er sich zusammen und Wild hob ihn hoch. Er legte ihn ins Bett und deckte ihn zu. Es dauerte nur wenige Sekunden, da schlief sein Gefährte auch schon. Doch Wild wusste, dass es nicht lange sein würde. Denn bis Fin die Wandlungen kontrollieren konnte, würde es noch lange dauern. Das heißt, dass noch mehrere unkontrollierte Wandlungen folgen würden. Und niemand konnte sagen, wie viel Zeit dazwischen liegen würde.

Das Leben eines Wolfes Mate - Boy x Boy (ABGEBROCHEN)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt