Prolog

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"Nein", schreie ich, "dass kann ich nicht glauben!" Das kann doch nicht wahr sein. Er war es bestimmt nicht gewesen! Oder doch? Mir wird schlecht! Weshalb tat er das wohl? Ich kann, es mir einfach nicht vorstellen. Mir wird abwechslungsweise kalt und heiss. Und ich zittere am ganzen Körper! Heisse Tränen kullern mir die Wange herunter und tropfen auf mein schweissnasses T-Shirt.

"Neila, beruhige dich!", von allen Seiten versucht man mich zu trösten, aber das Geschehene hat mich zu fest geschockt. Ich breche schluchzend in den Armen von Lulei zusammen. "Es kommt bestimmt wieder gut. Irgendeinen Grund muss er ja gehabt haben, sonst würde er nie so etwas tun.", versuchte sie mich zu beruhigen.

Er würde niemals so ein Verbrechen begehen. Er hatte mir versprochen, dass er nicht mehr zu den Kriminellen gehörte. Und meistens war er ja bei mir gewesen. Es war einfach schwer, mit so einem Gedanken um zu gehen. - Falls er es wirklich gewesen war, dann hat er bestimmt auch andere Dinge getan. Dann hat er mich bestimmt auch betrogen und wieder irgendwelche krumme Dinge getan. Man, ich traute es ihm wirklich zu. Erst letzte Woche hatter er mir noch gesagt, dass er mich liebt. Und jetzt war er verschwunden.

 Ich war einfach nur unendlich müde. Ich konnte nicht mehr. Das ständige Kämpfen, um die Liebe, Geld und vor allem ums Überleben. Jetzt war er weg und ich allein. Die Nachbarn waren sehr verhalten. Sie dachten, ich würde überall in diesen Gewalttaten mit drin stecken. Aber das stimmte nicht. Ich hatte ihn immer davor gewarnt und ihn, wo es nur ging, davon abgehalten. In letzter Zeit war es auch besser geworden. Bis zu unserem Streit.

Ich wollte nun mal noch keine Kinder haben. Für ein Kind war es nur der Horror in einem solche Loch aufzuwachsen. Und dann starb dieses kleine Kind aus dem Dorf. Mitten auf der Strasse, verprügelt und geschändet. Alle glaubten, er war dabei gewesen.

Die Wände des kleinen Hauses kamen immer näher. Überall hörte ich Schritte und Geflüster. Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Schnell packte ich alles ein, was ich noch besass. Es war nicht viel: einige Kerzen, zwei Decken, eine warme Jacke, ein halbes Brot und Räucherschinken. Auch zwei alte Militärflaschen fand ich noch; das Wasser aus der Leitung war zwar nicht das Beste, aber es würde reichen.

So schnell ich konnte schnürte ich meine löchrigen Schuhe zu, streifte den Rock und die Strickjacke über. Meinen Schal warf ich nur über die Schultern. Dann holte ich noch die kleine Schatulle mit meinem Schmuck aus dem kleinen Versteck unter den Brettern des Bodens hervor. Jetzt war nichts mehr übrig. Ich stieg aus dem Fenster, da ich nicht gesehen werden wollte. Die Dunkelheit verschluckte mich schnell. Und ungesehen verschwand ich im Feld.

Ungesehen? -Drei Gestalten beobachteten mich und folgten mir leise.

Die FluchtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt