Ein neuer kleiner Freund und eine spontane Reise ins Nirgendwo

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Als ich heute schweißgebadet und völlig außer Atem aufwachte, wusste ich anfangs überhaupt nicht wo ich mich befand. Doch schon nach einigen Sekunden fielen mir die Geschehnisse des letzten Tages ein.

Ich hatte mich mit Tom wieder einigermaßen versöhnt und deshalb auch wieder in seinem Zimmer, auf meinem, immer noch vollkommen unbequemen, Bett geschlafen.

Schweiß tropfte mir von meiner Stirn und als ich mich hilfesuchend in die Richtung des Bettes meines Freundes, sofern man ihn immer noch so nennen konnte, drehte, musste ich voller Entsetzen feststellen, dass er schon wach und bereits verschwunden war.

Normalerweise hätte mir das rein gar nichts ausgemacht, würde es doch bedeuten, dass Tom vergessen hatte mich zu wecken und ich somit so lange schlafen konnte wie ich wollte.

Doch heute war eben alles ein wenig anders.

Der Grund dafür war schnell erklärt.

Ich hatte heute einen Alptraum, der mit den Vorkommnissen der letzten Tage in Verbindung gebracht werden konnte.

In meiner Phantasie saß ich, gemeinsam mit Tom, am Anfang auf einer wunderschönen Blumenwiese, die Sonne schien hell auf uns herab und wir lächelten beide um die Wette, während wir im weichen Gras lagen und Händchen hielten. Doch schlagartig änderte sich alles und Wolken, die grauer nicht sein konnten, zogen auf. Plötzlich begann alles zu wackeln und ehe ich mich versah fielen wir, wie vom Erdboden verschluckt, immer weiter und weiter nach unten, bis wir in einer großen Marmorhalle ankamen. Tom, der bis dahin eigentlich immer so wie immer war, hatte sich nun in Voldemort verwandelt und lachte mir vollkommen wahnsinnig zu. Ich lief natürlich davon, so schnell wie mich meine Füße nur tragen konnten, nur um in einen Gang voller Spiegel zu kommen. Was ich dort zu Gesicht bekam, würde ich wohl nie aus meinem Kopf verbannen können. Dort sah ich mich, vollkommen verändert. Ich sah schon fast so wahnsinnig aus wie Voldemort selbst und das Schlimmste war, ich hatte rote Augen.

Was der Traum zu bedeuten hatte wusste ich nicht ganz genau, nur war mir durch ihn bewusst geworden, dass ich niemals selbst Horcruxe anfertigen würde und dass ich Tom nun erst recht von seinem dunklen Pfad abbringen musste.

Nun blieb nur noch die Frage, wie ich das anstellen sollte.

Schließlich war es nicht gerade ein Zuckerschlecken mit Tom zusammenzuleben, geschweige denn, ihn von irgendeinem Plan abzubringen.

Ob ich vielleicht Dumbledore in all das einweihen sollte? Immerhin könnte er mir als einziger aus diesem Schlamassel helfen.

Gerade als ich beschlossen hatte, dem älteren Zauberer zu schreiben, wurde die Tür mit voller Kraft geöffnet und ein vor Freude strahlender Tom trat ein.

Das alleine war schon mehr als verdächtig, aber als er mir auch noch eine kleine Schlange zeigte, die er von draußen mitgebracht hatte, war für mich klar, dass mein „Freund" nun eindeutig seinen Verstand verloren hatte.

Fragend starrte ich ihn an und wartete auf eine Erklärung, die allerdings nicht kam.

Stattdessen setzte er sich zu mir auf das klappernde Gerüst von Bett und legte sanft einen Arm um mich.

Was auch immer er vorhatte, es konnte eigentlich nur in einer mittleren Katastrophe enden.

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn weiter, völlig verloren, an und musste mir mit aller Kraft ein genervtes Schnauben und Augenrollen verkneifen.

Erst nach einer gefühlten Ewigkeit beendete er das bestaunen der kleinen Schlange, die sich nun um sein Handgelenk geschlungen hatte, und richtete seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf mich. Mit einem breiten Grinsen begann er mir alles zu erklären.

„Ich war gerade draußen um mich zu erkundigen, wie wir am besten nach Albanien kommen können. Ohne zu viel Geld auszugeben."

Nachdem er das gesagt hatte, sah er mich wieder erwartungsvoll an.

Doch nicht nur er hatte seine Augen auf mich gerichtet, auch die Schlange sah mich mit ihren gelben Augen an. Dabei lief mir ein Schauer über den Rücken.

Nicht, dass ich schon jemals Augenkontakt mit einer Schlange hergestellt hatte, doch aus irgendeinem, mir noch nicht so ganz einleuchtenden Grund, hatte ich das Gefühl, dass diese Schlange irgendetwas Kluges an sich hatte. Ihre Augen sahen so aus, als würden sie Geheimnisse verbergen, die man nur langsam herausfinden konnte.

Durch mein genaues Beobachten der Schlange, sickerten Tom's Worte nur ganz langsam in mein Hirn. Doch als ich verarbeitete, was er gerade verkündet hatte, war ich vollkommen verwirrt.

Was, um Alles in der Welt, wollte er denn in Albanien? Genauer gefragt: Was wollten WIR in Albanien?

Diese Frage stellte ich ihm dann auch, doch auf seine Antwort war ich nicht gerade vorbereitet.

„Dort werden wir auf die Suche nach dem Diadem von Ravenclaw gehen, damit du daraus einen Horcrux machen kannst. Ach ja, und das hier ist übrigens unser neues Haustier."

Bei seinen letzten Worten deutete er auf die kleine Schlange, die mich soeben interessiert musterte.

Moment...

War das überhaupt möglich und, vor allem, hatte ich gerade richtig gehört?

Er wollte mit mir nach Albanien reisen um Ravenclaw's Diadem zu finden, dass schon seit Hunderten von Jahren verschwunden war?

Was, bei Merlins Bart, ging nur in seinem Kopf vor?

„Tom hältst du das denn wirklich für eine gute Idee?", begann ich vorsichtig.

Im Moment war er ziemlich heftigen Stimmungsschwankungen ausgesetzt und auch nur das kleinste Wort konnte ihn zur Weißglut bringen.

„Schließlich..."

„Ja, ich habe schon alles bis ins Detail geplant.", unterbrach er mich euphorisch. „Im „Tropfenden Kessel" gibt es einen Kamin, mit dem wir ohne großen Aufwand in unser gewünschtes Land reisen können. Vertrau mir."

War das grade sein Ernst?

Vertrau mir?

Auch wenn ich ihn liebte, konnte ich das beim besten Willen nicht.

Meine Gedanken rasten.

Sollte ich ihm nachgeben und mit in dieses fremde Land reisen, mir wohl der Gefahr dieses Vorhabens bewusst?

Andererseits, wenn ich nein sagte, würde Tom einfach ohne mich gehen und das konnte ich auch auf keinen Fall zulassen.

So nickte ich schließlich vorsichtig und murmelte ein kaum verständliches „Ich vertraue dir."

Keine Sekunde nachdem ich das gesagt hatte, zog er mich mit sich aus seinem Zimmer, die große, dreckige Treppe hinab, vorbei an vielen Gesichtern, die uns neugierig musterten und hinaus ins Freie. Mein Bauch drehte sich jetzt schon bei dem Gedanken, dass ich bald in einem fremden Land sein würde, ohne Kontakt zu Dumbledore. Würde er denn wissen wo wir uns befanden? Schließlich war er doch... Dumbledore. Er wusste immer Bescheid. Zumindest hoffte ich das.

Tief in meine Gedanken versunken, zog mich Tom hektisch mit sich, die belebten Straßen Londons entlang bis zum Eingang des „Tropfenden Kessels".

Für einen kurzen Moment hielten wir inne und ich hatte schon die Hoffnung, dass mein „Freund" nun letztendlich doch zur Vernunft gekommen war und sich anders entschieden hatte, doch falsch gedacht.

Er blickte sich nur kurz um und ging hinein, ich ihm folgend, wohl wissend, dass der Anblick dieser Stadt wohl bald nur noch eine blasse Erinnerung sein würde.

Worauf hatte ich mich da nur wieder eingelassen?



Vor dem Abgrund (Tom Riddle/OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt