3.

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„Guten Tag, Fahrzeugkontrolle: Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte."

Mein Herz raste, als ich die Hände vom Lenkrad nahm, um im Handschuhfach nach dem Fahrzeugschein zu suchen. Als ich am Supermarkt losfuhr dachte ich, dass ich die heutige Aufgabe gemeistert hätte und jetzt wurde ich tatsächlich von der Polizei angehalten.

Ich wurde noch nie von der Polizei angehalten.

Meinen Führerschein holte ich aus meinem Geldbeutel, den Fahrzeugschein fand ich im Handschuhfach, beides hielt ich anschließend in die Richtung des Polizisten. Ich konnte ihn nicht richtig erkennen, weil der Schirm meiner Kappe im Weg war und ich wollte ihn auch gar nicht ansehen. Dafür war ich einfach zu nervös und ich hatte Angst, dass mich das als verdächtig erscheinen ließ. Vorschriftsgemäß legte ich meine Hände wieder ans Lenkrad und hoffte, dass es bald vorbei war.

Obwohl ich eigentlich nichts zu befürchten hatte. Ich war weder angetrunken noch zu schnell gefahren. Wenn dann war ich etwas zu langsam unterwegs, weil ich mir alles genau ansehen wollte. Ich war an einer Neubausiedlung vorbei gefahren und die Häuser dort interessierten mich einfach. Vor allem aber stellte ich mir da die Frage, ob Chad und Jen vielleicht auch dort wohnten. Es war gut möglich, dass die beiden schon zusammen ein Haus gebaut hatten. Schließlich wollten sie in wenigen Wochen heiraten.

Ich sah auf das Lenkrad und schloss die Augen sanft, um langsam ein und wieder auszuatmen. Mein Herz beruhigte sich allmählich und ich versuchte über die ganze Situation zu lachen.

Es passte einfach zu mir von der Polizei kontrolliert zu werden. Mir passierten häufig die merkwürdigsten Dinge und wenn ich krank wurde, dann nur wenn irgendetwas Besonderes anstand. Auf dem Winterball in der zehnten Klasse war ich die meiste Zeit damit beschäftigt zu schnäuzen und Pastillen gegen Halsweh zu lutschen. Bei Sawyers sechzehntem Geburtstag hatte ich Magen-Darm-Grippe und auf Schulausflügen lief immer bei mir das Getränk im Rucksack aus. Einmal schnitt ich mir sogar meinen linken Fußballen an einer Glasscherbe aus, als wir einen Ausflug zum See machten.

Und jetzt, jetzt wurde ich eben von der Polizei kontrolliert, obwohl ich nur Eis holen wollte.

Was nicht passiert wäre, wenn mein Vater es nicht aufgegessen hätte.

„Mackenzie Shade?"

Mein Name wurde fragend ausgesprochen und die Stimme des Polizisten kam mir plötzlich merkwürdig bekannt vor. Mein Herz, das sich gerade erst wieder beruhigt hatte, rutschte mir in die Hose und ich hatte das Gefühl ohnmächtig zu werden.

Nein.

Nein.

Nein.

Nein.

Das durfte nicht wahr sein.

Das war einfach zu viel.

Unsicher nahm ich meine Sonnenbrille ab und sah zum Fenster, wo er stand. Ich streckte meinen Kopf etwas, damit ich trotz meiner Kappe die Person richtig erkennen konnte.

Oh verdammt, wieso musste das ausgerechnet mir passieren?

„Oh, ähm. Hallo Hayden", sagte ich mit heiserer Stimme und konnte nicht glauben, dass mein Nachbar in Polizeiuniform vor mir stand. Er sah nicht nur genauso überrascht wie ich aus, sondern auch wie ein richtiger Mann. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte war er zwanzig. Hayden war fast zwei Jahre älter als ich, ging aber nur ein Jahr vor mir in die Schule.

Mittlerweile war er also fünfundzwanzig, denn sein Geburtstag war Ende Juni.

Ich hätte es gerne dabei belassen, dass er meine Papiere kontrollierte, aber Hayden öffnete meine Fahrertür und so musste ich aussteigen. Einfach wegfahren ging nicht, da er mir meine Unterlagen noch nicht zurückgegeben hätte.

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