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Als ich in den Kindergarten kam fing meine Mum wieder an Teilzeit zu arbeiten. Zu dem Zeitpunkt besaß Camerons Vater Oliver Otwin nur eine Werkstatt und verkaufte nur hin und wieder einen gebrauchten Wagen. Meine Mutter hatte zuvor bei einem großen Autohändler gearbeitet und gemeinsam mit Cams Eltern entschied sie sich zur Selbstständigkeit. Mittlerweile war „Otwin-Cars" einer der größten Autohändler in der Gegend und fast alle meiner Freunde hatten dort ihr Auto gekauft.

Da meine Mutter wieder arbeitete passte früher zweimal in der Woche ihre Mum auf mich auf. Die war vor acht Jahren gestorben und ich vermisste sie immer noch, aber weil sie alt war und am Schluss auch gerne sterben wollte, kam ich damit klar. Ich hatte also nicht generell ein Problem mit dem Tod, sondern eher nur speziell damit, dass Andrew gestorben war.

Mittwochs hatte meine Oma immer Seniorennachmittag im Gemeindezentrum und deshalb war ich an diesem Tag immer bei den Calligans. Andrew war mein erster Freund, der einzige Grund warum ich Cameron als meinen besten Freund bezeichnete war, dass ich mit Cam über einfach alles reden konnte. Selbst über Mädchenprobleme. Andrew wurde bei so etwas nur rot und hielt sich die Ohren zu.

Zusammen mit Andrew und Hayden hatte ich als Kind viel erlebt. Ich konnte mich noch daran erinnern, wie wir einmal ins Kino gehen wollten. Andrew und ich waren fünf, Hayden sieben.

Bis zu dem Zeitpunkt war ich immer mit meinen Eltern im Kino und die begleiteten mich natürlich auch mit aufs Klo, aber Hayden sagte damals Annabeth, dass er auf keinen Fall mit mir aufs Klo gehen würde.

Ich wollte auch gar nicht, dass er mit mir in die Kabine geht, aber ich hatte Angst davor alleine aus dem Kinosaal rauszugehen. Hayden blieb aber bei seiner Meinung und weigert sich mit mir aufs Klo zu gehen.

Am Ende war ich mit Annabeth einkaufen gefahren und Hayden und Andrew hatten den Film alleine gesehen. Hayden hatte mich lange Zeit damit aufgezogen und ich fand ihn damals total gemein.

Mittlerweile hatte ich eher das Gefühl, als würde er mich total gemein finden. Zumindest erweckte er heute Abend diesen Eindruck.

Als wäre es nicht ohne schon merkwürdig genug bei den Calligans zu Abend zu essen, blickte mich Hayden kein einziges Mal an. Er saß gegenüber von mir, auf dem Platz, auf dem er auch früher immer saß. Manchmal hatten wir damals unterm Tisch mit unseren Füßen gespielt, aber das war heute eher eine Wunschvorstellung. Stattdessen saß ich neben Haydens Dad, der eigentlich immer den Platz am Kopfende einnahm, heute aber auf Andrews früherem Platz saß.

Um ehrlich zu sein waren die Vorbereitungen für dieses Essen um einiges anstrengender, als jetzt hier zu sitzen. Denn ich hatte einfach gar keine Ahnung, was ich anziehen sollte.

Mein Zimmer hatte ich in einem totalen Chaos hinterlassen, da ich all meine Klamotten aus dem Koffer gekramt und auf meinem Bett ausgebreitet hatte. Den Koffer hatte ich noch nicht ausgepackt, weil ich einfach zu faul dazu gewesen war.

Ich wollte hübsch aussehen, aber auch nicht zu aufgetakelt und so entschied ich mich für eine enge Jeans, ein helles Top mit Spitzen am Ausschnitt und meine Jeansjacke. Die Jacke hatte mir Annabeth abgenommen und an die Garderobe gehängt. Zuvor hatte ich bedenken, ob mich in meinem Top frieren würde, aber die waren unbegründet. Um ehrlich zu sein schwitzte ich eher leicht, was wohl daran lag, dass mein Herz die meiste Zeit mit Höchstgeschwindigkeit dahin raste.

Auf dem Weg von meinem Haus zu den dem der Calligans, war ich mir überhaupt nicht sicher gewesen, wie ich diesen Abend meistern sollte, aber dann hatte mir Annabeth die Tür geöffnet und alles war gut.

Ihre positive Ausstrahlung ließ mich all die tragischen Dinge der Vergangenheit vergessen und sogar Andrews Bild, das an der Wand hinter dem Esstisch hing, fand ich nicht so schrecklich, wie ich gedacht hatte.

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