Kapitel 14 - Die zweite Adoption

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Am Montagmittag sitzen wir im Aufenthaltsraum. Ich gucke aus dem Fenster als plötzlich Yusuf und Marvin um die Ecke biegen.

Sie öffnen die Tür und betreten den Raum.

"Hallo Constantin, wir wollen Julie abholen."

"Ist ja schön, dass ihr das wollt, ich will es aber nicht!"

"Wieso? Bei dir scheint sie nicht gerade glücklich zu sein also warum darf sie nicht zu uns kommen? Bei uns ist sie wenigstens glücklich!"

Nach längerer Diskussion dürfen Yusuf und Marvin mich mitnehmen.

Während der Fahrt spricht keiner von uns und auch als wir das Haus betreten und nach oben fahren, bleibt es still.

Oben angekommen, schiebt mich Marvin zur Couch und hebt mich aus dem Rollstuhl auf seinen Schoß. Er umarmt mich und lehnt sich mit mir vorsichtig nach hinten an die Lehne.

Yusuf und auch noch ein paar andere Jungs fragen mich aus, warum ich versucht habe mir das Leben zu nehmen.

Mittlerweile bin ich Tag für Tag bei Yusuf und den Anderen. Constantin sehe ich nur noch morgens und abends ganz kurz.

An den Wochenenden muss ich allerdings bei Constantin bleiben.

Samstagmorgen wache ich auf und spüre etwas. Etwas ganz bestimmtes und ich kann es kaum fassen. Ich habe auf einmal wieder ein Gefühl in meinen Beinen. Langsam stehe ich auf. Erst sitze ich ewig auf dem Bettrand, bevor ich mich traue aufzustehen.

Ich wage es und stelle mich langsam auf meine Beine, wobei ich mich am Gitter des Bettes festklammere. Constantin schaut mich ungläubig an.

"Seit wann kannst du wieder stehen?"

Ich zucke mit den Schultern, weil ich es selber nicht weiß.

Schritt für Schritt hangle ich mich am Bett entlang bis ich gegen Constantin laufe, der auf einmal an dem Bettende direkt vor mir steht.

Er hebt mich hoch und trägt mich in die Küche, weil er mit mir frühstücken möchte.

Im Laufe des Tages stehe ich immer wieder auf und versuche kleine Schritte zu laufen. Allerdings bin ich noch sehr unsicher auf meinen Beinen.

Die neue Woche bricht an und wir fahren morgens zur Arbeit. Auf der Arbeit versuche ich in den Pausen weitere Schritte zu laufen und seine Kollegen sind sehr erstaunt darüber, dass ich plötzlich aufstehe und los laufe.

Jeden Tag schaffe ich mehr Schritte. Am Freitag als wir gerade Mittagspause haben, gehe ich zusammen mit Björn, der mich festhält, vor die Tür. Wir laufen ein Stück als Marvin um die Ecke biegt. Björn gibt ihm ein Zeichen, dass er stehen bleiben soll. Constantin kommt jetzt zu uns und möchte mir helfen, was ich aber natürlich nicht möchte. Dennoch hält er mich auf der einen Seite und Björn auf der anderen Seite fest. Ich merke, wie meine Beine bereits wieder anfangen leicht taub zu werden.

"Komm kleine, dass schaffst du!"

"Nur noch ein kleines Stück."

Die Beiden versuchen mir Mut zuzusprechen. Anscheinend merken sie, dass meine Kraft schwindet.

Marvin steht lächelnd mit ausgebreiteten Armen am Wegende.

Angestrengt versuche ich weiter zu laufen. Schließlich bin ich gerade mal ein bis zwei Armlängen von ihm entfernt. Constantin und Björn lassen mich langsam los und mühsam laufe ich auf Marvin zu. Er streckt seine Arme nach mir aus, in die ich mich fallen lasse als ich fast vor ihm stehe.

Allmählich verschwindet das Gefühl aus meinen Beinen wieder.

"Ich bin stolz auf dich!" flüstert er mir in mein Ohr.

Mein neues Leben mit einem fremden Mann - #Wattbooks2017 #WPOlymphicsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt