6.

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Bis tief in die Nacht rein machte ich mir noch einen Kopf. Kurz vor drei wurde ich langsam müde und schlief dann auch nach kurzer Zeit ein.
Das blöde war nur: Ich musste am nächsten Tag noch mein Fahrrad abholen. 09.48 Uhr guckte ich auf die Uhr meines Handys. Das war fiel zu früh für mich. Müde drehte ich mich nochmal um. Das zweite mal guckte ich 10.02 Uhr auf mein Handy. Verschlafen setzte ich mich auf und stand dann auf. Ich machte mir einen zerzausten Dutt und ging in die Küche. Eigentlich aßen wir alle immer zusammen Frühstück, aber Papa und Lena waren schon fertig. Jetzt erst realisierte ich, dass Mutter nicht so schnell wieder kommt. Ich nahm mir ein Brötchen und ein Bett und setzte mich auf meinen Platz. Eigentlich hatte ich gar keinen Hunger wegen der ganzen Sache, aß aber trotzdem eine Hälfte meines schon aufgeschnittenen Brötchens. Danach ging ich wieder hoch in mein Zimmer, wo ich mich fertig machte. Ich ging duschen, zog mich an und machte meine Haare. Ich lockte sie ein wenig, ließ sie aber offen.
Anschließend ging ich wieder nach unten und suchte Papa. "Kannst du mich schnell zum Circus fahren? Ich muss noch mein Fahrrad holen." Er willigte ein und fuhr mich zum Circus. "Danke" Sagte ich wärend ich die Autotür wieder schloss.
Ich ging dahin wo ich es vermutete, an der Stelle wo ich es abgelegt habe. Erschrocken stellte ich fest, das es nicht mehr da war. Sie haben es bestimmt rein gebracht. Ein bisschen genervt ging ich in das Vorzelt, doch keine sterbens Seele war hier. Aus dem Hauptzelt hörte ich Musik. Na toll. Sie proben und ich muss da jetzt rein. Ich nahm all' meinen Mut zusammen und ging rein. Der Clown guckte mich verwirrt an. "Äh. Entschuldigung ich wollte nur mei..." weiter kam ich nicht, denn der Clown meine mich unterbrechen zu müssen. "Du kommst mir gerade recht. Komm her. Und hier liebes Publikum haben wir ein hübsches Mädchen." Er kam zu mir und hielt mir seine Hand hin. Ich gab ihm auch meine und wir gingen in die Manege. "So und jetzt brauchen wir noch einen jungen Mann." Er guckte in die Runde. Natürlich war dort keiner. Doch der Clown guckte auch an den Rand der Tribüne, wo ich nicht hinguckte. Er drehte sich nach links und zeigte auf jemanden. "Erik! Komm her." Erik saß an der Seite und sah sich anscheinend die Probe an. Überrascht guckte ich zu ihm rüber. Er stand zögerlich auf und kam rüber gejoggt. "Ich wollte eigentlich nur" Fing ich wieder an. "Genies es. Wer möchte nicht gerne mit so einem Mann tanzen." "Tanzen?!" Fragte ich erschrocken. "Ja. Wer möchte nicht mit mir tanzen." Erik musterte mich von oben nach unten. "Du kommst mal her." Der Clown zeigte auf mich. Zögerlich ging ich zu ihm rüber. Jetzt ging der Clown drei Meter weiter und zeigte auf Erik. Erik lief zu ihm. Wir standen uns gegenüber, guckten uns aber nicht an. "Ihr drehte euch, wenn die Musik an geht, zueinander und lauft ganz verliebt auf einander zu. Sobald jemand dazwischen kommt tanzt ihr mit einander. Ok?" Sagte der Clown. Zuerst guckte er Erik an. Er nickte. Dann guckte er mich an. Ich nickte zögerlich.
Der Clown ging nach hinten weg und die Musik wurde abgespielt. Ich drehte mich langsam zu Erik, er setzte wieder so einen Macker-Blick auf. Den könnte ich ihm aus dem Gesicht schlagen. Er lief auf mich zu. Doch mit jedem Schritt, den er mir näher kam, fühlte ich mich eingeenkter. Ich guckte zum Clown, der mir Zeichen gab. Ich solle auf ihn zu gehen, aber ich konnte nicht. Meine Beine machen einfach nicht mit. Ich fühlte mich so eingeengt, das mir die Luft weg blieb. "Ich kann das nicht." Ich drehte mich um und rannte aus dem Zelt.

*Eriks Sicht*

Ich lief auf sie zu. Sie guckte mich nur an, machte aber keinen Schritt auf mich zu. Mit jedem Schritt, den ich ihr näher kam, wollte ich noch einen Schritt näher an sie ran. Sie guckte panisch zu Paul. Er gab ihr Zeichen. Sie sollte auf mich zu kommen. "Ich kann das nicht." Sagte sie und schon ist sie aus dem Zelt gerannt. Direkt ins Vorzelt. Paul guckte mich fragend an. "Erklär ich dir später." Sagte ich wärend ich hinter ihr her rannte. Als ich im Vorzelt ankam hielt ich kurz an. Ich sah sie nicht. Dann hörte ich ein schluchzen. Ich drehte mich halb und da saß sie auf dem Boden, die Beine angezogen, den Kopf in die Hände gelegt und weinte. Ich ging auf sie zu. "Hey was ist los? Du hast mich da drin einfach stehen lassen. Sowas hier." Ich zeigte auf mich und lachte leicht. Sie bewegte sich nicht. Ich setzte mich neben sie. "Ist es wegen mir?" Ich fasste mir schuldig an den Hinterkopf. Ich konnte es nicht ertragen sie anzugucken und guckte weg. Ein undeutliches "Nein." Kam von ihr. "Was?" Fragte ich nach um mich zu vergewissern. "Nein. Es ist nicht wegen dir. Also vielleicht. Ich weiß doch auch nicht was mit mir los ist." Sie setzte sich auf. Ich guckte sie an. Ihr lief eine Träne über die Wange. Langsam nahm ich meine Hand und führte sie zu ihrer Wange, um die Tränen weg zu wischen. Sie guckte mir in die Augen. Meine Hand blieb an ihrer Wange. Wir kamen uns näher. Ich nahm meine Hand wieder weg und setzte mich wieder aufrecht hin und guckte stur gerade aus. Sie setzte sich auch wieder gerade hin. "Sie werden sich trennen." Sagte Leo leise und zerbrechlich. "Deine Eltern?" Jetzt guckte ich sie wieder an, doch sie guckte immer noch gerade aus. Sie nickte. Ich legte meinen Arm um sie. "Egal was passiert ich bin für dich da." Flüssterte ich leise. Sie legte ihren Kopf an mich. Kurz blieben wir so sitzen, doch dann kamen mir die Worte von Luca wieder in den Kopf Du musst wie ein Mann wirken. Zeig ihr, dass du nichts von ihr willst. Renn nicht hinter ihr her. Lass sie hinter dir her rennen.
Ich nahm meinen Arm weg und stand auf. "Dein Fahrrad steht neben meinem Wohnwagen. Ich hol es dir." Ich bat ihr meine Hand an um hoch zu kommen. Sie ignorierte meine sie und stand alleine auf. "Nein danke. Ich hole es selber." Sagte ich pissig und ging wütend an mir vorbei. Dabei rammte sie meine Schulter. Sie ließ mich einfach stehen. Ich verstand nicht warum sie das jetzt machte. Ich lief ihr hinter her. Als ich sie einholte stellte ich mich wie eine Mauer vor sie und stürzte mich an der Wand ab. "Geh mir aus dem Weg." Sie ging einfach an mir vorbei. Nachdenkend blieb ich stehen und guckte ins Leere.
Ich hörte nur unsere Auftrttsmusik und ging in große Zelt. Leo ging gerade durch den Ausgang. "Wo warst du? Komm wir müssen proben." Daniel sprang über die Absperrung zur Manege und zog mich zum den Ringen. Ich guckte nicht wo ich hin lief, da ich nur zum Ausgang und Leo hinterher guckte. Dadurch stolperte ich über die Stühle. Zum Glück fing Daniel mich auf. "Was ist denn heute mit dir los? Erst bist du nicht pünktlich bei der Probe, dann läuft dieses Mädchen hier einfach durch und du kannst nicht mal mehr laufen." Hilfsbereit wollte er mich stützen, aber ich rannte los zum Ausgang, ihr hinter her. Ich hörte nur noch ein leises "Kleiner Bruder!" Und dann war ich draußen. Leo stand schon an ihrem Fahrrad und versuchte das Zahlenschloss zu knacken. Grinsend ging ich zu ihr hin. "Deswegen wollte ich es dir holen." Ich stellte mich vor sie. Sie hockte am Boden und guckte nicht einen Augenblick mal hoch. "Könntest du mir helfen?" Er aggressiver Ton kam von ihr. "Geh mal bei Seite." Ich hockte mich neben ihr Fahrrad und machte das Schloss auf.

1, 2, 3, 4

"Ganz einfach. Siehst du?" Wir standen wieder auf. Immer noch guckte sie mich nicht an. "Setzt witzig." Versuchte sie zu sagen ohne zu lachen. Mir fiel aber ein kleines Lachen auf. "Du lachst doch." Sagte ich auch lachend und zeigte auf ihren Mund. Ich guckte in ihre wunderschönen, großen, grünen Augen. Sie passten so zu ihrem braunen Haar.
Wir standen uns sehr nah gegenüber.

*Leonies Sicht*

Er sah mir in die Augen. Ich sah es aus meinem Augenwinkel. Sanft fühlte ich wie eine Hand meine Haare aus dem Gesicht strichen. Jetzt guckte auch ich ihm in die Augen. Er kam mir langsam näher. Fast ließ ich mich darauf ein, aber dann kamen mir Maries Worte wieder in den Kopf.
"Das ist wohl das beste. Er hat dich nicht verdient." Ich blickte wieder auf den Boden und ging zu meinem Fahrrad. Erik räusperte sich. Als ob nichts wäre klappte ich den Fahrrafständer hoch und schob es an ihm vorbei. "Ist alles gut?" Rief einer seiner Brüder zu ihm. "Ja ja. Ich komme." Diese Worte taten weg. Sie waren wie ein Stich in mein Herz. Er rannte zu seinem Bruder ohne mich noch einmal anzugucken.

The circus boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt