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*Leonies Sicht*

Ich sammelte meine Kräfte um aufzustehen. Ich hiefte mich auf mein Bett. Damit waren meine Kräfte wieder weg. Wie ein nasser Sack ließ ich mich fallen und deckte mich zu. Ich kauerte mich in die letzte Ecke meines Bettes und blieb dort liegen.
Nach fünf Minuten entdeckte ich meine Reisetasche am anderen Ende des Zimmers. Mir schießen wieder Gedanken durch den Kopf. Soll ich? Nein das geht nicht! Das kann ich nicht machen! Aber wen würde es stören? Soll ich wirklich alles hin werfen wofür ich mein ganzes Leben so hart gearbeitet habe? Und wo soll ich dann hin?
Langsam setzte ich mich auf und ging vorsichtig auf die Tasche zu. Ich nahm sie, legte sie auf mein Bett und öffnete sie.
Zögerlich ging ich zu meinem Kleiderschrank und stellte mich vor ihn. Ich guckte nochmal auf die Tasche und dann öffnete ich meinen Kleiderschrank.
Schnell nahm ich alles was ich hatte und stopfte es in die Tasche.
Ganz unten im Schrank lagen noch Lenas und Maries Geschenke. Ich nahm Lenas Geschenk und legte es auf mein Bett. Schnell schreib ich ihr noch einen Brief und legte ihn daneben aufs Bett. Maries Geschenke packte ich in meine Tasche. Alles andere packte ich auch zusammen. Handyladekabel, Laptop und das Familienfoto mussten natürlich auch mit.
Dann wurde es ernst. Ich legte Lenas Geschenk und den Brief nochmal richtig hin und machte das Fester auf. Schnell band ich alle meine alten Schals zusammen und hing sie aus dem Fenster. Ruckartig packte ich die Tasche und nahm sie auf den Rücken. Zögerlich stand ich vor dem offenen Fenster. Ich atmete noch einmal tief durch, dann stieg ich auf dem Fenster. Langsam und Schritt für Schritt kletterte ich die Hauswand runter und versuchte so leise wie möglich zu sein. Ich hörte Lena und Papa aus der Küche reden. Geduckt lief ich von unserem Grundstück runter und auf die Straße. Ich setzte meine Kapuze auf und rannte die Straße runter.

*Eriks Sicht*

"Hallo? Hallo?" Nahm ich leise war. Langsam und vorsichtig öffnete ich meine Augen. Das verschwommene Bild wurde immer klarer. Ich war noch so verwirrt, dass ich nicht mal sagen konnte ob es eine weibliche oder eine männliche Stimme war. Natürlich hoffte ich auf eine weibliche Stimme und ein heißes Teil, das vor mir stand. Doch natürlich war es ein Mann.
"Was ist passiert?" Fragte ich schwach.
"Sie wurden verprügelt und waren bewusstlos." Sagte der Arzt zu mir und guckte in meine Patienten-Akte.
"Wie lange war ich bewusstlos?!" Fragte ich panisch.
"Beruhigen sie sich erstmal. Sie sind noch schwach. Das ist nicht gut für Ihren Kreislauf. Sie waren die ganze Nacht bewusstlos. Das waren aber nur neun Stunden." Entgegnete der Arzt lässig. Daraufhin verließ er den Raum ich schnappte mir mein Handy.

23. Dezember, 07.02 Uhr

Ich wollte gerade aufstehen als der Arzt wieder rein kam.
"Wir machen nur noch eine Untersuchung und dann können Sie gehen. Wenn Ihre Werte natürlich stimmen." Er musste lachen, wobei ich das gar nicht witzig fand.
"Haha." Sagte ich gelangweilt. Sofort verstummte der Arzt und hing meine Akte wieder an mein Fußände.

Nach einer halben Stunde kamen zwei Krankenschwestern und setzten mich in einen Rollstuhl. Sie brachten mich zum Untersuchungsraum und ich wartete im Behandlungszimmer. Die Untersuchung ging ganz schnell und alles war optimal. Zurück in meinem Zimmer zog ich mich an.
Als ich damit fertig war ging ich einfach los. Natürlich kannte ich mich hier nicht aus und wusste nicht direkt wo ich hin musste.
"Hey, hier!" Rief eine mir bekannte Stimme. Ich drehte mich um. Luca winkte mir aus seinem Auto zu. Er stand auf der anderen Straßenseite. Ich rannte zur Straße, guckte nach links und rechts und joggte locker zur Beifahrertür. Ich machte sie auf und setzte mich neben ihn. Sofort schlug er mir auf den Hinterkopf. Mir entwich ein leises "Au..."
"Bist du eigentlich völlig durchgeknallt? Wem wolltest du was beweisen? Deinem kleinen Groupie? Man das hätte echt anders ausgehen können! Hast du ein Glück, dass Mama davon nichts weiß. Ich konnte dich decken. Aber nicht noch einmal, verstanden?!" Sagte er aggressiv und mit erhöhter Lautstärke.
"Es war nicht meine Schuld! Ich habe gar nichts gemacht! Leos Ex-F..." Sagte ich. Luca unterbrach mich sofort.
"Also doch wieder dieses Mädchen...Man die tut mir nicht gut! Kapier' es doch endlich." Sagte er wütend und schlug mit seiner Hand auf das Lenkrad. Ich zuckte leicht zusammen.
"Können wir bitte einfach nach hause fahren?" Fragte ich leise. Von Lucas gebrülle habe ich Kopfschmerzen bekommen. Ich machte das Handschuhfach seines Autos auf und nahm mir eine Schmerztablette raus. Ich schmiss sie mir in den Mund und schluckte sie mit einem großen Schluck Wasser runter. Nach fünf Minuten waren die Kopfschmerzen weg. Gerade rechtzeitig, denn wir sind wieder im Circus angekommen.
Ich wollte gerade die Tür auf machen, da verriegelte Luca das Auto.
"Hey was soll denn das? Willst du mich vergewaltigen oder was?" Fragte ich sauer, weil ich nur noch in meinen Wohnwagen wollte.
"Du hast bei einem Kumpel geschlafen, mit dem du schon seit Jahren schreibst, verstanden?" Sagte Luca trocken und guckte gerade aus.
"Was?" Fragte ich verwirrt und guckte ihn an.
"Spiel einfach mit." Damit öffnete Luca die Tür und stieg aus dem Wagen. Ich tat es ihm gleich und stieg auch aus dem Wagen aus. Ich sah nur Mutter auf mich zu kommen.
"Erik, was hast du dir dabei gedacht? Weißt du was ich mir für Sorgen gemacht habe?" Sagte sie aufgebracht.
"Tut mir leid Mama." Ich guckte schuldig auf den Boden.
"Aber er hatte es ja gut. Nicht kleiner Bruder? Du kanntest Kevin ja schon sehr lange." Sagte Luca und wuschelte mir durch die Haare.
"Ja, ja. Alles gut. Ich bin wieder da." Sagte ich und lächelte Mutter an. Sie grinste und umarmte mich fest. Ich ließ mich knuddeln und dann ging ich in meinen Wohnwagen.

*Leonies Sicht*

Ich rannte die Straße runter. Plötzlich fing es an zu regnen. Im Park angekommen setzte ich mich unter eine Brücke. Ich musste an Lena und Papa denken, die bestimmt noch nicht mitbekommen haben, dass ich weg gelaufen mir. Ich fing an zu weinen. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Der Regen tropfte durch die Brücke durch. Meine Jacke war durch geweicht und mir war so kalt, dass ich zitterte. Nach einer halben Stunde hörte der Regen auf und dich lief weiter weg. Irgendwo hin. Außer nach hause.

*Lenas Sicht*

"Lena!" Rief mich Papa. Ich ging in die Küche und stellte mich neben ihn.
"Ja Papa?" Sagte ich.
"Übermorgen ist ja Heiligabend und dieses Jahr ist es ja ein bisschen anders als letztes. Ich würde gerne den Ablaufplan mit euch besprechen wollen. Wärst du so nett und würdest Leo Bescheid sagen?" Fragte er und lächelte mich an. Ich nickte einverständlich und machte mich auf den Weg zu Leos Zimmer. Ich klopfte leise. Es kam nicht zurück. Ich klopfte lauter. Doch wieder kam nichts. Ich öffnete die Tür. Sofort wurde mir eiskalt. Das Fenster war aufgerissen. Leo war nicht in ihrem Zimmer. Auf dem Bett lag ein Zettel und daneben mein Lieblingspuzzle. Erst schloss ich das Fenster und nahm dann langsam den Zettel. Ich lass ihn mir durch.

Liebe Lena,

wie du vielleicht mitbekommen hast bin ich nicht mehr da. Ich bin weg gelaufen. Das heißt, ich komme auch nicht mehr so schnell nach Hause.
Es wurde mir einfach alles viel zu viel. Erst der Tod von Mama und Oma und dann die neue Freundin von Papa. Ich hoffe du kommst auch ohne mich zu recht. Aber ich glaube schon. Du bist stark und taff genug.
Wie du vielleicht schon gesehen hast, liegt da ein kleines Geschenk für dich auf dem Bett. Ich hoffe es gefällt dir. Du solltest es eigentlich erst an Heiligabend gekommen.
Könntest du Marie sagen, dass es mir leid tut. Ich habe keinen anderen Ausweg mehr gesehen.
Und das bitte auch Papa, dass es nicht seine Schuld ist.
Ich habe dich lieb, Lena! ♡

Deine Leo

PS. Macht euch keine Sorgen. Ich finde schon eine schöne Bleibe...

Mir liefen Tränen die Wangen runter. Wie soll ich denn ohne Leo weiter machen? Ich setzte mich weinend auf ihr Bett, mit dem Kopf in ihrer Decke vergraben.
"Lena? Leo? Kommt ihr?" Rief Papa die Treppe hoch. Ich schluchzte. Schnell kam Papa in Leos Zimmer.
"Was ist passiert und wo ist Leonie?" Fragte mich Papa. Ich setzte mich auf und hielt ihm nur den Brief hin. Er laß ihn und setzte sich neben mich.
Er sagte nichts. Sein Gesicht wurde blass und seine Miene veränderte sich stark.
"Papa?" Fragte ich schüchtern.
"Ja mein Schatz?" Fragte er mich neugierig.
"Das wird das schlimmste Weihnachten, das wir bis jetzt hatten." Sagte ich traurig und guckte auf den Boden.
"Wir werden das beste daraus machen. Ich verspreche es dir." Sagte Papa und nahm mir in den Arm. Hoffentlich hat er Recht.

The circus boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt