8.

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Nach einer Weile und neun weiteren Lieder, entschied ich mich schlafen zu gehen. So richtig konnte ich aber nicht einschlafen. Es konnte an dem Streit mit Papa und seiner Neuen, aber auch an den Fakt liegen, dass der Circus ab morgen nur noch drei Tage bei uns ist, liegen. Danach ist auch Erik wieder weg. So schnell wie möglich muss ich ihn vergessen.

In einem schönen weißen Kleid stand ich allein im Scheinwerferlicht. Um mich rum war alles dunkel. Ich konnte nichts um mich herum sehen geschweige denn erkennen. Nicht einmal den Ort, wo ist stand, konnte ich erkennen. Das Licht blendete zu sehr. Vor mir stand ein Mikrofon. Von hinter hörte ich eine leise Stimme. "Weniger Licht." Flüssterte jemand etwas lauter. Sofort wurde das Licht erträglicher als vorher. Langsam konnte ich erkennen wo ich war. Ich stand in der Manege. Mein Kleid wehte sanft im Wind, obwohl es im Zelt völlig windstill war. Das Zelt war voll. Überall saßen Menschen, die mich anstarrten und darauf warteten, dass es los geht. Ich gekam panische Angst und bekam kein einziges Wort raus. Panisch guckte ich zu allen Seiten. Ich wollte so schnell wie's geht aus dieser Situation raus. Langsam lief ich zurück vom Mikrofon. Man hörte wie die Menge anfing zu reden und zu tuscheln. Hinter mir kam jemand angerannt. Jemand legte seine Hände an meinen Rücken. Er versuchte mich zurück zum Mikrophon zu schieben. Hecktisch drehte ich mich um, doch konnte ihn nicht erkennen.

Nach Lust snappend wachte ich auf. Was zur Hölle war das? Ich habe schreckliches Lampenfieber, warum sollte ich sowas machen? Und wer schob mich zurück ins Lampenlicht? Und warum zur Hölle träume ich vom Circus?! Das ist kein gutes Zeichen.

*Eriks Sicht*

Mitten in der Nacht hörte ich es klopfen. Verschlafen ging ich zur Tür, stolperte aber auf dem Weg über ein T-shirt, das auf dem Boden lag. Bevor ich die Tür aufmachte rieb ich mir noch den letzten Schlaf aus den Augen, dann öffnete ich sie. Das erste was mir entgegen kam war eine sehr extreme Alkoholfahne. Vor mir stand ein leicht angetrunkener Luca. "Hey, Brudii." Er kam in mein Zimmer gestolpert. Ich versuchte ihn zu stützen, musste aber erst sie Tür schließen. "Hast du getrunken?" Wir gingen zu dem kleinen Tisch und ich setzte ihn auf einen Stuhl. "Ein bisschen vielleicht." Er stellte seine Bierflasche auf den Tisch. Vorsichtig nahm ich sie ihm weg. Das bemerkte er zum Glück nicht. "Weißt du was passiert wenn Mama das raus findet?" Sagte ich leicht wütend. "Sie wird wütend." Er stütze seinen Kopf. "Nicht nur das! Du darst nicht mehr auftreten! Und du musst auf ewig hinter den Kulissen helfen." Versuchte ich ihm, für seine Lage, verständlich zu erklären. Ich setzte mich auf den anderen Stuhl gegenüber von ihm. Kurz sagte ich nichts. "Ich liebe sie." Säuselte er vor sich hin. "Was?" Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn richtig verstanden habe. "Ich liebe sie!" Verdutzt guckte ich ihn an. "Wenn?" Fragte ich ihn neugierig. "Die Kleine aus der Pause." Er versuchte seine Bierflasche zu ertasten, doch vergeblich. Ich habe sie unter den Tisch gestellt. "Das Mädchen zu dem du in der Pause gegangen bist? Das uns die ganze Zeit angeguckt hat?" Vergewisserte ich mich. Er nickte nur. "Aber warum hast du denn getrunken?" So wirklich verstand ich ihn nicht. "Kapierst du es nicht?" Er machte eine kurze Pause. "Wir sind in einem Circus. Wir werden nie ein normales Leben führen. Wir werden immer in diesen Wohnwagen sitzen und weiter fahren. Wir haben unser Leben und sie haben ihr Leben." Er hatte ein Hauch von Trauer in seiner Stimme. Ich verstand ihn. Er ist 18 und hat sich schon öfter mal verliebt, musste sie aber immer wieder gehen lassen. Das ist wirklich hart.
"Deswegen habe ich dir diesen blöden Tip gegeben. Den mit, du sollst sie hinter dir her rennen lassen. Ich wollte nicht, dass du so verletzt wirst, aber sie hat ihr Leben und du deines. Ihr würdet niemals glücklich werden. Verstehst du?"
"Marie." Sagte ich und lächelte ihn an. Er guckte mich verdutzt an. "Man dein Mädchen heißt Marie." Ich boxste ihn auf den Arm und lachte ihn an. Er musste auch lachen. "Mein Mädchen?" Fragte er verunsichert. "Ja. Ich helfe dir. Ich bin ab jetzt dein Ringman. Dein Bagger-Partner." Kurz lachen wir uns aus. "Du musst schlafen gehen und ich auch wieder. Ich bring dich noch zum Wagen." Er willigte ein und ich half ihm aus dem Stuhl. An dem Weg bis zur Tür merkte ich schon es wird schwer ihn wieder in seinen Wohnwagen zu bringen, ohne dass Mutter was mitgekommen. "Warte kurz." Vor der Tür ließ ich ihn los und hielt meine Hand vor ihn. Langsam öffnete ich die Tür. Ein kurzer Blick nach Rechts und links verriet mir, das sie nicht hier war. "Komm schnell!" Wir gingen die Treppe runter und schnell zu seinem Wohnwagen. Es war stockdunkel. Man konnte nur schwer was sehen, deswegen stolperte Luca öfter über Wurzeln, oder auch über seine eigenen Füße. An der Tür angekommen machte ich sie auf und schickte ihn rein. "Geh jetzt schlafen!" Ich fühlte mich langsam wie seine Mutter. Wer war jetzt hier der "kleine" Bruder? Ich blieb noch so lange an der Tür stehen bis er im Bett lag, dann schloss ich sie so leise wie es nur ging. Ich schlich mich zu meinem Wagen. Gerade wollte ich zu der Türklinke greifen, da kam eine Stimme von hinten. "Ach noch wach?" Mama stand fünf Meter hinter mir. Schuldig drehte ich mich um. Das bekommt er zurück. "Ja ich war nochmal duschen" Eine bessere Lüge viel mir nicht ein. Doch als ich sie gerade ausgesprochen habe, bemerkte ich, dass sie aber nicht glaubwürdig war. Ich hatte weder ein Handtuch noch Shampoo noch Wechselklamotten dabei. "Jetzt aber schnell. Und mach, dass du zur Ruhe kommst." Sie drehte sich um und ging auch in ihren Wagen. Ob sie uns gehört hat? Ich meine, warum sollte sie sonst mitten in der Nacht hier rum laufen. Und komisch, dass sie mir auch meine Lüge glaubt. Ich habe in ihrem Blick ganz genau gesehen, das sie mich durchschaut hat.
Es war mir auch erstmal ziemlich egal.
Vielleicht sollte ich Leo wirklich vergessen, aber erstmal wollte ich nur in mein Bett und schlafen.

The circus boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt