13.

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Die Show ging ganz normal weiter. Paul, der Clown, lächelte mich auch öfter mal an. Aber sonst war alles ganz normal.

"Das war toll. Danke." Die Show war vorbei und Lena war glücklich.
"Ich ruf noch schnell Papa an. Wir gehen zum warten ins Vorzelt." Sagte ich und zog mich an.
Auf dem Weg ins Vorzelt Rief ich ihn an.
"Hallo Papa. Kannst du uns jetzt abholen." Fragte ich ihn als er ran ging.
"Ja mach ich. Bin in 15 min da. Bis gleicht." Antwortete er.
"Bis gleicht." Ich legte auf und wir stellten uns an einen Stehtisch.
"Wann ist Papa da?" Fragte sie gelangweilt.
"In einer viertel Stunde." Sagte ich und streichelte ihren Kopf. Ich war auch gelangweilt und beobachtete die Menschen im Zelt. Nach fünf Minuten kam Erik ins Zelt. Ich erschrak und guckte schnell weg.

*Eriks Sicht*

"Hey was war heute mit dir los?" Fragte mich Luca und legte seinen Arm um mich. "Nichts." Sagte ich genervt und ging weiter. "Achso jetzt verstehe ich. Nadine das kleine Flit****" Sagte er grinsend. "Sie will es einfach nicht kapieren." Sagte ich ein bisschen wütend und hielt an. "Aber sie ist doch ganz süß." Sagte er und boxste mir auf meinen Arm. Ich rollte meine Augen. "Hey ich verstehe dich. Ich wollte dich nur ärgern." Sagte er liebevoll. "Ich hab dich auch lieb." Sagte ich ironisch grinste. Dann ging ich ins Vorzelt. Ich musste Mutter noch helfen die leeren Flaschen von den Pfandflaschen zu trennen. Das war eine lästige Arbeit, aber dafür bekam ich die Hälfte des Pfands.
Es waren noch relativ viele Menschen im Zelt. Erstmal blieb ich stehen und verschaffte mir einen Überblick über die Leute. Genau gegenüber von mir, in der Mitte des Zeltes stand Leo. Gelangweilt stand sie mit ihrer Schwester an einem Tisch. Kurz überlegte ich ob ich rüber gehen sollte, entschied mich dann aber doch dagegen. Also ging ich die Flaschen sortieren. Diesmal dauerte es nur fünf Minuten. Danach tauchte ich wieder hinter der Theke vor und meine Blick ging gleich zu dem Tisch, wo sie immer noch standen. Ich ging am Zelrand lang und zögerlich in ihre Richtung. Ich kam nicht sehr weit, denn ich spürte eine Hand, die über meinen Rücken fuhr. Sofort blieb ich stehen und drehte mich um. Nadine stand hinter mir. "Lass das." Ich schob ihre Hand weg. "Warum bist du so zu mir? Ich weiß doch, dass du es auch willst." Sie legte ihre Hände auf meine Brust. "Nein. Und das weißt du ganz genau." Ich wollte weg gehen, aber sie hielt mich an meiner Weste fest und zog mich an sich ran. "Nein." Sagte sie und drückte ihre Lippen auf meine. Ich erwiderte ihn zwar nicht, konnte aber auch nicht weg. Sie hielt mich zu doll fest und ich wollte sie nicht vor allem gewaltsam weg schupsen.

*Leonies Sicht*

Er verschwand hinter der Theke. Was er da machte war mir unbekannt. Ich wollte es auch gar nicht wissen. Nach ein paar Minuten kam er wieder hoch. Ich guckte schnell Lena an. Er ging an der Wand des Zeltes lang und hinter ihm war ein Mädchen mit blonden Haaren und einem sehr kurzen Rock. Sie fasste ihm über den Rücken. Eifersüchtig guckte ich sie an.  Er drehte sich um und sie sagte etwas, was ich leider nicht verstand. Sie unterhielten sich und mein Blick wurde wütend. Er wollte gerade weiter gehen, doch sie zog ihn an sich ran und küsste ihn. Er erwiderte den Kuss, da er nicht weg ging oder abblockte. Ich bekam Tränen in meine Augen. "Ist alles gut?" Fragte Lena unsicher. "Komm wir warten draußen auf Papa." Ich schnappte mir ihre Hand und zog sie hinter mir her. Dabei wischte ich mir die Tränen aus meinem Gesicht. Vor dem Zelt versuchte ich irgendwie meine Tränen zu verkneifen und einfach an was anderes zu denken. Aber es will einfach nicht aus meinem Kopf gehen. Vor ein paar Tagen machte er sich noch an mich ran und jetzt küsst er eine andere. Er nimmt sie eh nur als Betthase. Hätte er mich bestimmt auch. Und ich habe mir Hoffnungen gemacht.
Papa kam und wir stiegen ein. Ich vorne und Lena hinten.
Papa sagte kein einziges Wort. Lena und ich auch nicht. Papa weil er gerade von der Gerichtsverhandlung kommt. Ich wegen der Szene im Circus und Lena, Lena Sagte einfach auch nichts. Einmal guckte ich unauffällig zu ihm rüber. Es kam mir so vor als würde er gar nicht beim Autofahren sein. Als würde er irgendwo anders sein, nur nicht hier. "Papa, ist alles gut?" Fragte ich leise. "Was! Ja, ja klar." Jetzt guckte er mich erschrocken an. "Achte auf die Straße!" Sagte ich laut und zeigte auf sie. Wir fuhren genau auf ein parkendes Auto zu. Im letzten Moment konnte Papa noch ausweichen und wir wurden im Auto umher geschleudert. Erschrocken und halb an die Tür gepresst guckte ich Papa an. Er fuhr ganz normal weiter. Sofort guckte ich zu Lena ob es ihr gut geht. An ihrer Stirn war ein bisschen Blut. "Ist alles gut Lena?" Fragte und guckte auf ihre Stirn. "Ja. Es tut nur ein bisschen weh." Sagte sie stotternd und fasste sich an ihre Stirn. Mit einem Killerblick guckte ich Papa an, doch jetzt hatte er nur noch Augen für die Straße. Leider ein bisschen zu spät.
"Komm wir gehen das mal sauber machen." Wieder zu hause angekommen half ich Lena aus dem Auto und ging mit ihr ins Badezimmer.  "Setzte dich." Ich zeigte auf die Toilette und Lena setzte sich hin. Aus dem Schrank holte ich Desinfektionsmittel und ein Tuch. Vorsichtig gab ich etwas davon auf Tuch und ging wieder zu Lena. Ich hockte mich vor sie hin. "So. Das könnte jetzt ein bisschen brennen. Aber das muss sein." Sagte ich und guckte Lena tief in die Augen. Sie nickte und kniff ihre Augen zu. Ich tupfte das Blut weg und es erschien eine kleine Schürfwunde. Lena gab ein zischen von sich und zuckte weg. "Lena bitte..." Sagte ich und machte weiter. Nach dem desinfizieren klebte ich noch ein kleines Pflaster über die Wunde. "So ich bin schon fertig. Du warst echt tapfer." Ich gab ihr einen Kuss auf die Stirn und holte einen kleinen Lolly, den ich ihr gab. "Danke." Trotz Verletzung strahlte sie über das ganze Gesicht. Sie rannte runter zu Papa. Ich lief ihr langsam nach. "Guck mal Papa." Sie zeigte auf ihre Wunde und das sich darauf befindende Pflaster. "Danke Leo." Er guckte zu mir und ich schmunzelte ihn an. Ich stand in der Tür zur Küche und guckte Lena an, die sich immer noch über ihren Lolly freute. Mein Blick wechselte zu Papa. Er hatte einen verzweifelten Blick. In seinen Augen sah ich Trauer und Verzweiflung gleichzeitig. Er fasste sich mit seiner Hand in sein Gesicht und fuhr über seine Bartstoppel. "Leo können wir mal bitte reden?" Fragte Papa auf einmal. "Ja. Was ist denn?" Fragte ich und hoffte auf eine Antwort. Er guckte auf Lena. Natürlich war es nichts für Lena worüber er mit mir reden wollte. In dem Moment guckte sie zu Papa. "Das ist so unfair." Sie wusste schon was los ist. Bockig verließ sie die Küche. Gleich nach dem sie draußen war schloss ich die Tür. "Was ist los?" Fragte ich erneut. Papa stützte sich an der Anrichte ab. "Vorhin im Auto war ich nicht nur abgelenkt." Fing er an. Ich blieb stehen und sagte nichts. Still hörte ich ihm zu, wenn er denn mal was sagte.
"Deine Mutter ist nicht bei dem Termin erschienen." Wieder machte er eine kurze Pause. Seine Stimme war zittrig und schwach. "Hat sie den Termin vergessen?" Sagte ich, doch das passte einfach nicht zu ihr. "Ich habe sie angerufen, doch sie ging nicht  ran. Die Gerichtsvollzieherin hat gesagt, um die Ecke von dem Gericht war ein Unfall." Papas Stimme wurde immer zitternder. Ich dachte sie bricht gleich. "Sie war aber nicht darin verwickelt stimmts?" Fragte ich sicher, doch er antwortete nicht. "Papa! Sie war nicht darin verwickelt oder?" Weinend schrie ich ihn an. "Ich weiß es nicht. Sie konnten die Leiche nicht identifizieren." Jetzt lief auch ihm eine Träne über die Wange. Ich setzte mich auf einen Stuhl und stürzte meinen Kopf auf den Tisch. Mama soll tot sein? Und das nur wegen der Scheidung. Wenn Papa die Scheidung nicht eingereicht hätte, hätten sie nicht zu dem Termin gehen müssen und Mama wäre noch am Leben. Alles wäre wie früher. Wir wären eine glückliche Familie und alles würde wie gewohnt weiter gehen.
Aber wie Mama immer zu sagen pflegte: Kopf hoch, sonst fällt die Krone runter und einfach weitermach. Aber würde sie das in so einer Situation auch Sagen? Wenn ich das nur wüsste.
Aber vielleicht war sie es ja auch gar nicht. Vielleicht hat sie den Termin wirklich vergessen und noch geschlafen. Und ihr Handy hatte sie im Wohnzimmer von Oma. Deswegen ist sie nicht ran gegangen. Ganz einfach. Und morgen kommt sie uns besuchen und wir essen alle Kuchen. Auch und Barbara wird dann wieder in den Wind geschossen. Das können Männer ja ganz besonders gut, wie ich schon feststellen musste.
Ich wischte mir noch die letzten Tränen aus meinem Gesicht und ging in mein Zimmer.
Aber was ist wenn das doch Mama war? Den restlichen Tag lang dachte ich an nichts anderes mehr.

Vor mir ragte das riesige Gerichtsgebäude in den Himmel. Ich stand einfach davor und betrachtete es. Um mich rum gingen die Menschenmassen und beachteten mich gar nicht. Man hörte den Autolärm und roch das Benzin. Entfernt hörte ich ein Quietscht von Autoreife auf der Straße. Verwundert blieb ich stehen und guckte mich um. Alles Menschen, die gerade noch stur an mir vorbei gelaufen sind, stürmten jetzt um die Ecke. Ich ging auch mit dem Strom. Vor mir blieben die Menschen stehen. Ich drängelte mich durch die Masse zu dem Geschehen. Vor mir war eine Absperrung. Dahinter war ein Auto, das in einen Baum gefahren ist. Man konnte es kaum noch als Auto erkennen. Daneben stand ein dicker Polizist mit seinem Notizblock und notierte irgendetwas. Die Menschen hinter mir tuschelten, doch ich verstand kein einziges Wort. Dann tauchte Papa auf einmal hinter Absperrung auf und sprach mit einem anderen Polizisten. Er blickte zu mir rüber. "Leo! Geh! Geh einfach." Hecktisch fuchtelte er mit seinen Armen. Danach fuhr eine Trage an mir vorbei. Darauf lag eine Person in einer Tüte. Allerdings haben die Polizisten vergessen ihn bis oben zu zumachen und man konnte das Gesicht noch sehen. Mama! Ich erkannte sie sofort. Ich drehte mich um und versuchte schwankend aus der Menge zu kommen. "Man munkelt es sei Selbstmord gewesen." Hörte ich eine Frau sagen. Ein anderer sagte. "Zum Glück hat sie nicht jemand anderen mit in den Tot gerissen." Taumend kam ich wieder am Gericht an und fiel davor um.

"Mama!" Rief ich und schreckte wieder einmal hoch.

The circus boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt