A C H T Z E H N

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"Du denkst doch nicht ernsthaft, dass ich damit fahre?!" Mein Blick wandert von der Maschine zu ihm und er grinst mich an. "Warum nicht? Es ist gar nicht so schlimm wie du denkst!"

Skeptisch richte ich meinen Blick wieder auf das Monster neben ihm und überlege. Warum soll ich mit sowas mitfahren? Das ist der sichere Tod!

"Kannst du vergessen, ich fahr mit sowas nicht!" Damit drehe ich mich um und stolziere hoch erhobenen Hauptes in den Flur.

Wie kann er nur sowas fahren? Das ist doch super gefährlich! Die Hälfte aller Autounfälle haben immer mit Motorrädern zu tun und wenn er nicht aufpasst, ist er auch mal in einen verwickelt!

Bei dem Gedanken daran, zieht sich mein Herz zusammen. Ich darf nicht noch einen verlieren, der mir etwas bedeutet! Das würde ich nicht überstehen!

Ich könnte ihn nicht verlieren...

Ich habe das Gefühl, dass Henry der einzige ist, der mich versteht, der vielleicht ansatzweise weiß, was ich fühle.

Und wenn er bei einem Unfall drauf geht, nur weil ich zu feige bin, mitzufahren und zu wissen, dass ich den Unfall vielleicht hätte verhindern können, würde ich mir das nie verzeihen.

Auf der Stelle mache ich kehrt und pralle direkt - na, wer hätte das gedacht? - gegen Henry, der mich an meinen Armen festhält, damit ich nicht von dem Schwung den Boden küsse.

"Das vierte Mal, heute. Sollte ich mir Sorgen machen, dass etwas mit deiner Koordination nicht stimmt?", fragt er amüsiert und ich kann mir vorstellen, wie er jetzt grinsend auf mich runterblickt. Doch ich sehe sein Gesicht nicht, weil ich die Augen geschlossen habe und mich gegen ihn lehne.

Es ist verrückt, doch ich brauche das jetzt. Ich brauche ihn jetzt.

Ich weiß, dass ich heute Abend das alles wieder nachgrübeln werde, ob es richtig ist eine Verbindung zu ihm aufzubauen, aber im Moment genieße ich es einfach nur. Ich brauche ihn, damit meine innere Unruhe nicht nach außen dringt und alles in meinem Umfeld zerstört. Das ist mir einmal passiert und danach nie wieder. Weil ich gelernt habe, es zu kontrollieren, mich zu kontrollieren, alles zu kontrollieren.

Sein Atem weht über meine Haare, als er seufzt und dann schlingt er seine Arme um meinen Rücken. Wenn er wüsste, wie gut mir das und meinem Herzen tut!

"Was ist denn los mit dir? Seit wann bist du denn so anhänglich?", flüstert er in meine Haare und eine Gänsehaut fährt mir über die Arme.

Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was heute mit mir los ist. Ich weiß nicht, warum ich das brauche. Ich weiß nicht, warum ich so unruhig bin und nicht mehr weiß, was ich will.

Ich weiß es nicht.

"Ich fahre mit dir.", sage ich in sein T-shirt hinein und atme seinen Geruch ein. Frisch und gleichzeitig herb dringt er in meine Nase und setzt sich in meinem Gehirn fest.

"Was hat dich umstimmen lassen?"

Ich schnaube auf und löse mich von ihm, gehe vorsichtig durch die Tür in die Garage, auf das Monster zu.

"Wenn du in einen Unfall gerätst und ich hier seelenruhig zuhause sitze, mit dem Wissen, dass ich es vielleicht noch hätte verhindern können, dann..." zerreist es mir die Seele "...werde ich verrückt!"

Er zieht nur eine Augenbraue hoch. "Was ist das für eine Logik? Erstens, wie solltest du einen Unfall verhindern sollen? Und zweitens, wirst du genauso draufgehen wie ich. Da hilft dir dein Gehirn auch nicht mehr."

Eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper breitet sich aus, doch ich verscheuche die abartigen Gedanken und nähere mich misstrauisch dem Monster.

"Frauen denken viel rationaler als Männer und mein Gehirn könnte dir dabei vielleicht das Leben retten!"

MondblumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt