S E C H Z E H N

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"Nein, nein, nein! Hör auf, bitte!"

Erschrocken wache ich auf und schlage meine Augen auf.

Ich liege in meinem Bett, Decke und Kissen sind ganz durcheinander gewirbelt. Ich seufze. Schon wieder. Wann hört das endlich auf?

Langsam stehe ich auf und schaue aus dem Fenster. Der Mond ist nicht zu sehen und es ist stockduster draußen. Mein Wecker zeigt 3:47 Uhr an.

Da ich weiß, dass ich sowieso nicht mehr schlafen kann, ziehe ich mir meine Jacke über und husche auf Zehenspitzen nach draußen in den Garten. Nur die kleinen Lampignons an der Tür erhellen die Dunkelheit, doch das Licht reicht aus, um den ganzen Garten zu überblicken. Verträumt schaue ich mich um und bin immer wieder von der Schönheit der Farben geplättet, gerade jetzt in diesem Licht. Es fasziniert mich.

Der Rasen ist hellgrün, der Tau spiegelt sich in der Farbe, die Blumen blühen und alles harmoniert miteinander.

Langsam gehe ich auf die Blumen zu, streiche sanft drüber und kniee mich zu dem Beet hin, dass Martin mit mühe- und liebevoller Arbeit angebaut hat.

Plötzlich höre ich ein Knacken neben mir und springe erschrocken auf, spanne mich an.

"Keine Angst, ich bins nur.", sagt Henry und kommt mit erhobenen Händen näher. Er lächelt schief und ich lächle leicht zurück. Man, hat er mich erschreckt.

"Was machst du hier?", frage ich ihn und kniee mich wieder auf den Boden.
"Was machst du hier?", erwidert er und setzt sich ebenfalls zu mir auf den Boden.

Ich wende meinen Blick zu den Blumen und murmle "Ich kann nicht schlafen."

Er nickt nur und Stille herrscht über uns. Meine Konzentration richtet sich auf meine Umfeld, ich nehme seinen Geruch wahr, den, der Blumen, exotisch, süß, herb, alles auf einmal. Doch ein Geruch überdeckt alles und das ist seiner. Herbe Minze und süße Frische benebelt mein Hirn und plötzlich scheint er überall zu sein.

Meine Atmung beschleunigt sich und plötzlich bekomme ich Panik. Meine Welt geht unter und doch scheint überall die Sonne. Was ist nur los mit mir?

"Gehts dir gut?" Seine Stimme hört sich besorgt an.

Ich richte meine Aufmerksamkeit auf die Blumen und präge mir die Farben ein; das hilft mir mich zu beruhigen. "Ja, alles in Ordnung."

Eine Weile schauen wir auf das Bild, das sich uns bietet und irgendwann streiche ich unterbewusst über die zarten Blüten. Erst nach einer Weile merke ich, dass es das Vergissmeinnicht ist, dass ich anstarre und lasse meinen Finger sinken. Ich spüre seinen Blick auf mir.

"Magst du Blumen?", fragt er und bei seiner rauen Stimme rinnt mir eine Gänsehaut über den Rücken.

"Ich liebe Blumen.", sage ich und schaue ihn an. Seine Augen strahlen und seine Wimpern setzen Schatten auf seinen Wangen, die ihn älter aussehen lassen. "Sie spiegeln soviele Charachterzüge wieder und sind dabei so wunderschön. Blumen werden immer unterschätzt, dabei sind sie wie wir Lebewesen, die bestimmte Dinge brauchen, um zu überleben."

"Wow." Seine Augen glänzen und strahlen mich mit so einer Intensität an, dass ich denke, sie verbrennen meine Seele und schreiben sie neu. "Was sagen denn die Blumen?"

Ich zucke mit den Schultern. "Das ist je nach Blume unterschiedlich."

Er zeigt auf die Orchidee und fragt "Und wofür steht die hier?"

Ich muss schmunzeln. Er scheint sich tatsächlich dafür zu interessieren.

"Das ist eine Orchidee. Sie steht für einen starken Willen und Vielfältigkeit, aber auch Schönheit und Cleverness. Sie steht für Martin." Ich lächle bei den Gedanken und spiele nervös mit meinen Fingern.

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